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Wassermangel im Panamakanal: Schiffe im Stau – keine Entwarnung in Sicht


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Dürre in Panama
Der größte Stau der Welt


Aktualisiert am 23.08.2023Lesedauer: 5 Min.
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Bedrohte Schifffahrt: Stau im Panamakanal. (Quelle: t-online)

Schon im Januar rechnete die Panamakanal-Behörde mit Wassermangel. Seitdem hat sich die Dürre deutlich verschärft. Nun herrscht Stau.

Eigentlich sollte die "Ever Max" einen Rekord aufstellen: Am 1. August hätte der taiwanesische Frachter das Schiff mit den meisten Containern werden können, das je den Panamakanal passiert hat. Doch die "Ever Max" musste abladen. In Panama herrscht Dürre, aufgrund der niedrigen Pegelstände musste die Kanalbehörde die Einschränkungen für den Schiffsverkehr auf der wichtigen Pazifik-Atlantik-Verbindung zuletzt erneut verschärfen.

Nun herrscht Stau. Rund 200 Schiffe warteten zwischenzeitlich vor dem Panamakanal auf Durchlass. Am Dienstagmorgen waren es 126. Entwarnung ist nicht in Sicht.

Lange Wartezeiten für Frachter und Crews

Vergangene Woche gab die Panamakanal-Behörde bekannt, dass die seit Ende Juli geltenden Einschränkungen bis zum 2. September verlängert werden. "Als Teil eines weltweiten Phänomens hat der Kanal in den vergangenen sechs Monaten eine ausgedehnte Trockenzeit mit hoher Verdunstung erlebt", hieß es bei der Einführung der Maßnahmen zur Begründung.

Gemeint ist die menschengemachte Klimakrise. Der Juli war nach Angaben des europäischen Klimawandeldiensts Copernicus der weltweit heißeste Monat, der je gemessen wurde. Dürren werden wie auch Hitzewellen infolge der Klimakrise immer häufiger und intensiver.

Frachtschiff auf dem Gatunsee (Archivbild): Der künstliche See gehört zur Route des Panamakanals.
Frachtschiff auf dem Gatunsee (Archivbild): Der künstliche See gehört zur Route des Panamakanals. (Quelle: EMPPhotography/getty-images-bilder)

Der Panamakanal

Der 1914 eröffnete Panamakanal verbindet Pazifik und Atlantik. Über 12 Schleusen werden die Schiffe durch den 81,6 Kilometer langen Kanal geleitet – teils in bergigem Gebiet bis zu 25 Meter über dem Meeresspiegel. Etwa fünf Prozent des weltweiten Seefrachtverkehrs laufen über den Panamakanal. 2022 hieß das: 14.239 Schiffspassagen und rund 520 Millionen Tonnen transportierte Güter. Seit dem letzten Ausbau der Schleusen im Jahr 2016 können bis zu 400 Meter lange und 50 Meter breite Schiffe den Kanal befahren.

Die Konsequenz am Panamakanal: Nur noch 32 Schiffe dürfen die Wasserstraße pro Tag durchfahren. Normal sind in der Regenzeit bis zu 40, im Durchschnitt sind es 36. Es könne zu längeren Wartezeiten kommen – was etliche Frachter und ihre Crews derzeit zu spüren bekommen.

Container haben Vorrang

Nach Daten des Branchendiensts Everstream Analytics kam es im August zu überdurchschnittlichen Wartezeiten vor dem Kanal. So angespannt wie aktuell war die Situation das ganze Jahr über noch nicht. Wie das "Wall Street Journal" berichtet, warten einige Schiffe bereits mehr als 20 Tage.

Vor allem Flüssiggas-Tanker und Frachtschiffe, die Schüttgut wie Kohle oder Eisenerz transportieren, sitzen momentan vor dem Kanal fest, so Everstream Analytics. Denn diese werden in der Regel mit nur kurzer Vorlaufzeit von den jeweiligen Unternehmen gebucht. Für Containerschiffe hingegen stehen die Fahrpläne Monate im Voraus fest – die Kanalbehörde räumt ihnen daher Priorität ein. Kommen Containerschiffe jedoch früher oder später als angekündigt an, müssen sie ebenfalls länger warten und höhere Gebühren zahlen.

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Für die Kunden der Reeder bedeutet das eine drohende Kostenexplosion. Dirk Jandura, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), sagt zu t-online: "Höhere Schiffsbetriebszeiten ziehen steigende Kosten bei Kraftstoff und Personal nach sich, und etwaige verpasste Hafenslots können Grund für Zwischenlagerkosten oder gar Vertragsstrafen bei verspätet gelieferter Ware sein."

Ob deutsche Händler davon betroffen sein werden, lasse sich allerdings noch nicht sagen – vom Panamakanal abhängig sind vor allem die USA, der Verkehr nach Europa läuft großteils über den Suezkanal in Ägypten. Dennoch sind die Auswirkungen auf den Welthandel groß.

Die Bahngesellschaft profitiert

Hinzu kommt die Beschränkung beim Tiefgang der Frachter. Normalerweise dürfen diese 15,24 Meter tief im Wasser liegen – zuletzt waren jedoch nur noch 13,41 Meter gestattet. Für die Reedereien bedeutet das: weniger Container pro Schiff. Teilweise müssen die Schiffe bis zu ein Viertel ihrer Ladung löschen, damit sie nicht auf Grund laufen.

So müssen die Reeder einen Teil ihrer Ladung entweder auf andere Schiffe verladen – womit allerdings wieder die Anzahl der Schiffe, die durch den Kanal muss, steigt – oder auf die Schiene ausweichen. Bei der Panama Canal Railway würden 20 Prozent mehr Container transportiert, meldete das "Wall Street Journal" bereits im Juni.

Diese Lösung wählte auch die Crew der "Ever Max". Auf der Pazifikseite wurden 700 der mehr als 7.000 Container ab- und auf Zugwaggons umgeladen. Das Schiff konnte den Panamakanal so mit zugelassenem Tiefgang passieren, der Zug fuhr parallel zur Atlantikküste. Dort wurden die Container zurück auf das Schiff verfrachtet. Die Kanalbehörde kostete das 40.000 Dollar an Einnahmen.

Reedereien verlangen Sondergebühren

Auch die Everstream-Analytics-Experten beobachten, dass die großen Container-Unternehmen vermehrt auf den sogenannten Intermodalverkehr setzen – also auf die Nutzung von mehreren Verkehrsmitteln. Zudem würden sie vermehrt auf kleinere Schiffe ausweichen und Sondergebühren erheben.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, ist der Preis für die Strecke China – USA am Spotmarkt bereits um bis zu 36 Prozent gestiegen. So verlangt zum Beispiel die französische Reederei CMA CGM 300 Dollar pro Container extra für Fahrten durch den Panamakanal.

Auch die Hamburger Reederei Hapag-Llyod dachte zwischenzeitlich über eine Extra-Gebühr für den Panamakanal nach, wie eine Sprecherin gegenüber t-online bereits im Juni sagte. Das Ausmaß der Beschränkungen am Panamakanal sei "einzigartig", hieß es damals. Die Gebühr kam dann allerdings doch nicht – auch aktuell verfolge man keine solchen Pläne, teilt Hapag-Llyod auf t-online-Anfrage mit. Auch seien die Störungen derzeit nicht an dem Punkt, dass man den Kunden empfehle, den Kanal zu meiden. Man stelle aber fest, dass der Wunsch, die Alternativroute über den Suezkanal zu nutzen, zunehme.

Der Umweg zur US-Ostküste dauert Experten zufolge über diese allerdings sieben bis zehn Tage länger – und verursacht so mehr klimaschädliche Emissionen. Fossile Brennstoffe sind der Haupttreiber der Erderhitzung.

Kanalbehörde steht vor Gratwanderung

Die Reedereien und ihre Kunden müssen sich wohl darauf einstellen, dass es noch eine Weile bei den Komplikationen am Kanal bleiben wird. Denn obwohl aktuell eigentlich Regenzeit in Panama ist, liegen die Niederschlagsmengen in dem Gebiet rund um die Wasserstraße gerade noch immer 30 bis 50 Prozent unter dem Normalwert.

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Der Kanal aber ist angewiesen auf Süßwasser, das über zwei Seen eingespeist wird. 200 Millionen Liter gehen bei jedem Schleusendurchgang ins Meer verloren. Und die Seen dienen neben dem Schiffsverkehr auch der Wasserversorgung von rund 2,5 Millionen Menschen – rund der Hälfte der Landesbevölkerung. Es ist eine Gratwanderung für die Kanalbehörde: Die Schifffahrt auf dem Kanal ist eine der Haupteinnahmequellen des Landes, rund fünf Milliarden Dollar im Jahr bringen die Gebühren. Doch schon jetzt wird infolge der Beschränkungen mit 200 Millionen Dollar Umsatz weniger im laufenden Geschäftsjahr gerechnet.

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Einschränkungen noch bis 2024?

Und die Dürre könnte sich noch weiter verschärfen: Das natürliche Wetterphänomen El Niño hat begonnen. Bei diesem Wetterereignis kehren sich die Strömungen im südlichen Pazifik um – die Folge sind nicht nur steigende globale Durchschnittstemperaturen, sondern auch veränderte Niederschlagsmuster. Für Panama sind das keine guten Aussichten: Dort ist es unter El Niño in der Regel noch trockener.

Auch 2019 war ein El-Niño-Jahr – und ähnlich trocken wie 2023. Im Folgejahr 2020 waren sogar nur noch 27 Schiffe pro Tag im Panamakanal erlaubt.

Auch diesmal glaubt der Leiter der Kanalbehörde, dass die Einschränkungen womöglich noch bis ins nächste Jahr aufrechterhalten werden müssen, sofern sich die Wetterbedingungen nicht deutlich bessern. Erst im Oktober rechnen die Meteorologen des nationalen Wetterdienstes wieder mit einem Regenplus in der Region rund um den Kanal. Um die Dürre der vergangenen Monate schnell auszugleichen, wird das kaum ausreichen.

Transparenz-Hinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es, Hapag-Llyod habe eine Panamakanal-Gebühr von 260 Dollar pro Container eingeführt, nachdem dies von mehreren Medien berichtet wurde. Nach Angaben der Reederei handelt es sich dabei um eine Falschmeldung. Wir haben die betreffende Stelle korrigiert.

Verwendete Quellen
  • Anfragen an Everstream Analytics, BGA, Hapag-Llyod
  • wiwo.de: "Hier geht dem Panamakanal das Wasser aus"
  • foodlogistics.com: "Weathering Drought in the Panama Canal"
  • dvz.de: "Niedrigwasser im Panamakanal: Erste Reedereien erheben Zuschläge"
  • welt.de: "Wassermangel im Panamakanal – Trockenheit bedroht wichtigste See-Route der Welt"
  • wsj.com: "The Panama Canal Has Become a Traffic Jam of the Seas"
  • reuters.com: "Focus: Historic drought, hot seas slow Panama Canal shipping"
  • Nachrichtenagentur Reuters
  • pancanal.com: "Panama Canal Authority adapts to unprecedented challenges"
  • imhpa.gob.pa: "PRONÓSTICO OCTUBRE 2023"
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