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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Milliardengewinne trotz Sanktionen Ist das die Wende für Putin?
Russlands Handel mit Öl und Gas läuft – trotz Sanktionen. Während der Westen kaum noch Lieferungen erhält, stehen andere Abnehmer bei Putin anscheinend weiter an.
Es ist einer der wichtigsten Hebel für Putins Kriegswirtschaft: Russland fährt durch den Export von Öl und Gas inzwischen wieder größere Gewinne ein. Das geht aus Berechnungen der Nachrichtenagentur Bloomberg hervor.
Die russischen Profite aus den Rohstoffexporten sind demnach zum ersten Mal in diesem Jahr gestiegen. Insgesamt seien die Erlöse im Vergleich zum Vorjahresmonat um 5,3 Prozent auf nunmehr 8,66 Milliarden US-Dollar (7,88 Milliarden Euro) geklettert, wobei Gas einen größeren Anteil daran hatte als Öl. Zuvor waren die Einnahmen deutlich eingebrochen.
Das dürfte Russlands Präsidenten Wladimir Putin gelegen kommen. Denn der mittlerweile mehr als 500 Tage andauernde Angriffskrieg gegen die benachbarte Ukraine verschlingt Ressourcen und bedroht die Wirtschaftsfähigkeit seines Landes. Doch wie sind diese Zugewinne trotz andauernder westlicher Sanktionen möglich?
Exportmenge nicht gestiegen
Experten haben dafür mehrere Erklärungsansätze. Denn die Gewinne sind gestiegen, ohne dass die Exportmenge vergrößert wurde. Daten der Ratingagentur S&P zu Erdölexporten zur See zeigen sogar einen leichten Rückgang. Gleichzeitig sind die geringen Gasexporte durch die beiden noch genutzten Pipelines gestiegen, wie Reuters aus Daten aus dem russisch-ukrainischen Grenzort Sudscha und vom Betreiber der Pipeline TurkStream ableitet. Der staatliche russische Gaskonzern Gazprom hingegen gibt inzwischen keine Daten mehr öffentlich bekannt.
"Die im Vergleich zum Vorjahr gestiegenen Einnahmen lassen sich also nicht durch eine Steigerung der Exporte, sondern durch eine Mischung aus gestiegenen Marktpreisen und geringeren Abschlägen auf das russische Öl zurückführen", sagt Malte Küper, Energieexperte am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW), t-online.
Die Abschläge beziehen sich dabei auf das im vergangenen Jahr beschlossene Embargo der G7-Staaten. Damals hatte sich die Staatengruppe mit Blick auf Russlands starke Dominanz im Energiesektor auf einen Kompromiss geeinigt. Dieser besteht darin, dass die G7-Staaten seit Dezember 2022 ein Embargo für eigene Importe von Öl auf dem Seeweg verhängt haben. Andere Länder dürfen aber weiter russisches Öl kaufen und dafür auch Dienstleister aus G7-Staaten nutzen. Einzig der Maximalpreis von 60 Dollar pro Barrel Öl (rund 159 Liter) darf dabei nicht überschritten werden. Dadurch lag der Preis für russisches Öl über mehrere Monate im Schnitt 20 Euro unter dem Weltmarktpreis.
Wird Öl mit "Schattenflotte" transportiert?
Durch die Regelung des Embargos hatten zuletzt auch viele griechische Tanker russisches Öl befördert, wie das "Handelsblatt" berichtet. Doch die griechischen Reedereien schrecken mittlerweile davor zurück, weil die Preise für russisches Öl auf über 60 Euro pro Barrel gestiegen sind und sie nicht gegen die Sanktionsrichtlinien verstoßen wollen.
Dass dennoch kein deutlicher Exporteinbruch zu verzeichnen ist, veranlasst Experten dazu, von einer "Schattenflotte" Russlands zu sprechen. Gemeint sind damit Schiffe anderer Länder, die den Transport übernehmen, sodass Russland auf diese Weise auch sein teureres Öl verkaufen kann.
Putin hat starken Verbündeten
Ob die Preise auf dem Weltmarkt weiter auf dem aktuell hohen Niveau bleiben, hängt vor allem mit der Fördermenge der jeweiligen Rohstoffe zusammen. Diese wird maßgeblich von Saudi-Arabien und den in der Opec-plus organisierten Ländern entschieden. Russland hat dazu eine Allianz mit Saudi-Arabien geschlossen und verknappt auch sein eigenes Angebot.
"Durch den Rückgang der russischen Ölexporte und die Produktionskürzungen der Opec-plus sind die Rohölpreise auf breiter Basis gestiegen", sagt Giovanni Staunovo, Rohstoffanalyst der UBS, dem "Handelsblatt". Darüber hinaus hat Putin die Steuern auf Öl- und Gasexporte erhöht –auch dies dürfte mehr Geld in die Staatskasse gespült haben, ohne dass mehr verkauft wurde.
Dass Russland trotz Sanktionen weiter Öl und Gas verkaufen kann, unterstreicht ein Kernproblem der westlichen Strafmaßnahmen: Sanktionen funktionieren vor allem dann besonders effektiv, wenn die sanktionierten Länder auf importierte Waren angewiesen sind. Russland hingegen erwirtschaftete durch seine Energieexporte aber bislang einen Leistungsbilanzüberschuss. Das heißt, dass Russland durch die westlichen Sanktionen somit nur ein Abnahmemarkt weggebrochen ist. Andere Länder außerhalb Europas kaufen hingegen weiter russisches Gas und Öl, auch wenn sich der Transport durch mangelnde Infrastruktur schwieriger gestaltet.
Experte: Erfolg der Energiesanktionen besteht
Experte Küper ist dennoch von der langfristigen Wirkungen der Sanktionen überzeugt. "Trotz dieser Momentaufnahme bleibt der grundsätzliche Erfolg der Energiesanktionen auf die russischen Öl- und Gaseinnahmen bestehen", sagt er.
Die langfristigen Zahlen zeigen: Im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2022 sind die Erträge aus russischen Öl- und Gasexporten um 47 Prozent gefallen. Auch andere Indikatoren machen deutlich, dass von einer starken russischen Wirtschaft derzeit kaum die Rede sein kann.
So schwächelt etwa der Rubel deutlich. Am Donnerstag wurden 107 Rubel für einen Euro gehandelt und 97 Rubel für einen Dollar – das ist der niedrigste Wert für die russische Währung seit dem Frühjahr 2022. Ökonomen prognostizieren dem Land eine Rezession und auch die auf den ersten Blick optimistischen Arbeitsmarktzahlen erweisen sich bei genauerer Betrachtung als geschönt (mehr dazu lesen Sie hier).
- Eigene Recherche
- Statement Malte Küper (IW)
- handelsblatt.com: "Putins wundersame Geldquelle"
- reuters.com: "Russian piped gas exports to Europe jump 30% m/m in July - Reuters calculations" (englisch)
- spglobal.com: "Russian crude exports slump below 3 million b/d ahead of Moscow's deeper cuts" (englisch)
- reuters.com: "Russian oil and gas budget revenues almost halved in the first half of the year" (englisch)