"Investieren wie die Reichen" Verbraucherschützer warnen: Diese Geldanlage ist riskant
Investitionen in Langzeitfonds locken mit hohen Renditezielen, bergen aber auch Risiken. Experten warnen nun vor verborgenen Risiken und falschen Versprechungen.
Seit Januar dieses Jahres sind sogenannte ELTIFs für Privatanleger leichter zugänglich. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnt vor diesen Europäischen Langzeitfonds ("European Long Term Investment Funds", kurz: ELTIF), die von Anbietern mit Slogans wie "Unendliche Chancen" und "Investieren wie die Reichen" beworben werden. Teilweise sind Beteiligungen an diesen Fonds für Anleger bereits ab 25 Euro monatlich möglich.
Ralf Scherfling, Finanzexperte der Verbraucherzentrale NRW, warnt: "ELTIFs sind wegen der Risiken für unerfahrene Privatanleger nicht geeignet, sondern nur etwas für Profis." Dabei verweist Scherfling auf drei Risiken: lange Laufzeiten, Verluste und eine unsichere Rendite.
Risiko 1: Lange Laufzeiten
Langzeitfonds investieren in Sachwerte. Dazu zählen unter anderem Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen (Private Equity), Wind- oder Solarparks, Infrastrukturprojekten wie Flughäfen oder Straßen und Fonds, die Kredite an Unternehmen vergeben (Private Debt).
Zu den Unternehmen, die von Private-Equity-Fonds finanziert werden, gehören zum Beispiel auch junge Unternehmen, von denen sich die Investoren ein hohes Wachstum versprechen, die aber noch keine Gewinne erwirtschaften. Investoren kalkulieren mit einer hohen Rendite nach dem Exit, das heißt nach dem Verkauf ihrer Anteile nach einer bestimmten Zeit. Laut Start-up- und Innovationsmonitor 2020 scheiterten in Deutschland jedoch 80 bis 90 Prozent der Start-ups innerhalb der ersten drei Jahre.
Privatanleger sollten wissen, dass Investitionen in Sachwerte oder in Start-ups langfristige Investments sind. Daher müssen sie für viele Jahre auf ihr Geld verzichten können. Bei geschlossenen ELTIFs kann die Laufzeit sogar bis zu 30 Jahre betragen. Bei offenen ELTIFs gilt meist eine Mindesthaltedauer der Anteile von 24 Monaten und eine einjährige Kündigungsfrist.
Offene und geschlossene Fonds
Beteiligen sich Anleger an einem geschlossenen Fonds, werden sie mit der Zeichnung Miteigentümer eines Sachwertes. Dies kann ein Schiff, eine Immobilie oder ein Windpark sein. Ist genügend Kapital für die Investition gezeichnet, wird der Fonds geschlossen. Weitere Zeichnungen sind nicht mehr möglich. Anleger, also Miteigentümer, sind an Gewinnen und Verlusten beteiligt. Offene Fonds gehören zu den klassischen Investmentfonds. Hier können Anleger jederzeit Anteile erwerben und auch wieder verkaufen. Die Anzahl der Anteile ist nicht beschränkt. Die Fondsgesellschaft kann das benötigte Kapital selbst definieren und erhöhen, falls mehr benötigt wird.
Ein Verkauf von Anteilen über die Börse ist nicht möglich. Das bedeutet: Wer kurzfristig Geld braucht, kann die Anteile in der Regel nicht verkaufen. Und ob Anteile vorzeitig an den Anbieter zurückgeben werden können, hänge von den konkreten Bedingungen des jeweiligen ELTIF ab, so Scherfling.
Auch wenn eine vorzeitige Rückgabe versprochen werde, ist dieses Versprechen nichts wert, wenn der Anbieter dazu finanziell nicht in der Lage ist – weil das gesamte Anlegerkapital beispielsweise in den Bau eines Windparks geflossen ist.
Risiko 2: Verluste möglich
Hohe Renditechancen seien immer mit einem höheren Risiko verbunden. Gerade dieses sei hier aber schwer abzuschätzen, erklärt Finanzexperte Scherfling. Zwar müssten die ELTIF-Angebote Risikohinweise auflisten – in einem der Verbraucherzentrale bekannten Fall umfassten diese umfangreiche 18 Seiten. Diese zu bewerten und auch die Qualität des Fondsmanagements zu beurteilen, sei für Kleinanleger kaum möglich.
Grundsätzlich sind Verluste auch mit anderen Geldanlagen wie Aktien, Fonds oder Anleihen möglich. In ELTIFs versuchen Investmentgesellschaften, dieses Risiko zu verringern, indem das Kapital auf mindestens fünf Anlageobjekte mit je 20 Prozent verteilt sein muss. Auch wenn es in der Praxis oft mehr sind, bedeutet dies eine deutlich geringere Streuung als etwa bei Aktienfonds oder ETFs, so Scherfling.
Risiko 3: Rendite nicht sicher
Die Werbeversprechen der ELTIF-Anbieter sind in der Regel keine festen Zusagen, sondern nur Renditeziele. Zudem fallen Kosten an: Privatanleger müssten beim Kauf bis zu fünf Prozent Ausgabeaufschlag zahlen. Hinzu kommen jährliche Verwaltungsgebühren von schätzungsweise 1 bis 2,5 Prozent sowie häufig eine Erfolgsprämie für das Fondsmanagement.
All dies mindere den Ertrag erheblich, so Scherfling. Wer in börsengehandelte Indexfonds (Exchange Traded Fund) investiert, bekommt zwar in der Regel auch keine feste Renditezusage. Aber die Kosten für einen ETF liegen etwa zwischen 0,1 und 0,5 Prozent jährlich. Ausgabeaufschläge fallen nur selten an.
Fazit
Aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW sind ELTIFs nur für professionelle oder institutionelle Anleger geeignet, nicht aber für unerfahrene Privatanleger. Insbesondere bei ELTIFs mit Private-Equity-Anlagen ist das Risiko in der Regel hoch.
Wer dennoch in ELTIFs investieren möchte, sollte dies nur für maximal fünf Prozent des eigenen Vermögens in Betracht ziehen, raten die Verbraucherschützer. Als Sachwertanlage sind breit gestreute börsengehandelte Aktienindexfonds (ETFs) eine deutlich einfachere und kostengünstigere Alternative.
- Pressemitteilung der Verbraucherzentrale NRW: "Mit kleinem Geld groß einsteigen? Vorsicht beim Fondsprodukt ELTIF"
- bafin.de: "Neue Regeln für ELTIF"
- gruenderplattform.de: "Private Equity"