Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ukrainischer Geheimdienst prahlt Jetzt kann Putins Schwarzmeerflotte einpacken
Zum ersten Mal spricht ein ukrainischer Geheimdienst offen über Drohnenattacken gegen Russland. Die jüngsten Schläge im Schwarzen Meer seien nur der Anfang.
Das Kriegsschiff "Olenegorsk Gornyak", der Öltanker "SiG" und gleich zweimal die Kertsch-Brücke zur Halbinsel Krim: Im Schwarzen Meer hat Russland zuletzt mehrere Schläge durch unbemannte Seedrohnen einstecken müssen. Bislang hat sich Kiew nie offiziell dazu geäußert, doch jetzt spricht der Chef des Geheimdienstes SBU offen über Details der Angriffe – und kündigt eine regelrechte Kampagne zur See an.
"Wir arbeiten an sehr interessanten Operationen im Schwarzen Meer und ich verspreche euch, das wird aufregend, vor allem für unsere Feinde", so SBU-Chef Wasyl Maliuk im Interview mit dem US-Sender CNN. Seine Organisation verfüge mittlerweile über eine ganze Flotte von selbst entwickelten Kamikazedrohnen, die in unterirdischen Anlagen hergestellt würden und die russische Küste im östlichen Schwarzmeer erreichen könnten.
Drohne trug 850 Kilo Sprengstoff
Um seine Drohung zu untermauern, überließ Maliuk dem Sender bislang unbekanntes Videomaterial, das den Angriff auf die Kertsch-Brücke am 17. Juli dokumentieren soll. Bei der Attacke wurde eine Fahrbahn für Autos durch eine Explosion schwer beschädigt, insgesamt blieb die Brücke aber intakt.
Auf den Videos des SBU ist aus drei verschiedenen Perspektiven zu sehen, wie die Drohne vom Wasser her auf die Brücke zusteuert und unter der Fahrbahn detoniert. Bei der Drohne habe es sich um eine Neuentwicklung gehandelt, die 850 Kilo Sprengstoff tragen könne, so Maliuk – auch das wäre eine neue Dimension.
Drohnen treffen weit entfernte Ziele
Bei den Angriffen auf die "Olenegorsk Gornyak" und den Öltanker "SiG" vorige Woche sollen laut SBU Drohnen mit einer Sprenglast von 450 Kilo zum Einsatz gekommen sein. Beide Schiffe wurden bei den Angriffen schwer beschädigt und sind derzeit nicht fahrtauglich. Erstaunlich an den Angriffen auf die Brücke und die Schiffe ist auch die Entfernung der Ziele zur ukrainischen Küste.
Die "Olenegorsk Gornyak" lag vor dem russischen Hafen Noworossijsk. Auf dem Seeweg sind es von dort bis zur ukrainischen Küste bei Odessa fast 1.000 Kilometer, vorbei an der Südküste der Krim. Um eine unbemannte Wasserdrohne über diese Distanz genau in ein Ziel zu lenken, braucht es nach Ansicht von Militärexperten ein ausgefeiltes Steuerungssystem. Dabei hatte Moskau seine Schwarzmeerflotte schon von Sewastopol auf der Krim nach Noworossijsk verlegt, um seine Schiffe aus der Reichweite der Ukrainer zu bringen.
Embed
"Verändert die Lage grundlegend"
Der Öltanker "SiG" wurde nur wenige Kilometer südlich der Kertsch-Brücke getroffen, die auch fast 500 Kilometer von ukrainischem Territorium entfernt ist. "Der Angriff in der Bucht von Noworossijsk ist eine außergewöhnliche Operation und verändert die Lage im Schwarzen Meer grundlegend", kommentierte der Berater des ukrainischen Innenministeriums, Anton Herashchenko, nach dem Angriff auf die "Olenegorsk Gornyak".
Hauptziel der Ukrainer dürfte aber die Brücke über die Meerenge von Kertsch bleiben. Über das illegal auf besetztem Territorium errichtete Bauwerk versorgt Russland seine Truppen auf der Krim und im Süden der Ukraine mit Waffen, Munition, Soldaten und Treibstoff. Die Brücke verfügt über mehrere Fahrbahnen für Autos und zwei Schienenstränge. Der bislang schwerste Angriff auf die Kertsch-Brücke erfolgte am 8. Oktober 2022.
Dabei kollabierte eine komplettes Segment der Autofahrbahn, auch die Bahngleise wurden beschädigt. Die Brücke war monatelang gesperrt. Auch zu diesem Angriff hat sich SBU-Chef Wasyl Maliuk jetzt bekannt, ohne aber weitere Details zu nennen. So ist bis heute unklar, mit welcher Waffe der Angriff erfolgte. Am Wochenende kam es erneut zu einem Zwischenfall auf der Brücke. Moskau behauptete, die Ukraine habe zwei Raketen vom Typ S-300 darauf abgefeuert. Ob die Brücke erneut beschädigt wurde, ist bislang unklar.
- cnn.com: The moment Ukraine used an experimental drone to attack a Russian bridge