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Ukraine-Krieg | Krim-Brücke: Video zeigt Moment der Explosion


"Akt von Staatsterrorismus"
Russischer Außenpolitiker droht Ukraine nach Brückenexplosion

Von t-online, dpa, cck, sje

Aktualisiert am 08.10.2022Lesedauer: 6 Min.
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Die Krim-Brücke steht in Flammen. (Quelle: t-online)
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Die strategisch wichtige Brücke zwischen der Krim und Russland ist schwer beschädigt. Mindestens drei Menschen starben, der Verkehr rollt teilweise wieder.

Nach der Explosion und dem schweren Brand auf der strategisch wichtigen Brücke zu der von Moskau annektierten Halbinsel Krim hat der prominente russische Außenpolitiker Leonid Sluzki von einem "Terroranschlag" gesprochen. Wenn sich die ukrainische Spur bei dem Anschlag bestätige, "werden Folgen unabwendbar" sein, sagte Sluzki am Samstag in der Krim-Hauptstadt Simferopol. "Die Antwort sollte hart ausfallen, aber nicht unbedingt frontal", sagte er. Moskau hatte immer wieder damit gedroht, bei anhaltenden Angriffen Kommandozentralen in Kiew ins Visier zu nehmen.

Eine Explosion und ein schwerer Brand haben die Krim-Brücke, die die von Russland annektierte Halbinsel mit dem russischen Festland verbindet, am Samstagmorgen schwer beschädigt. Die Fahrbahn ist an mindestens zwei Stellen eingestürzt, auch die Bahnstrecke ist offenbar beschädigt. Mehrere Waggons eines Güterzuges standen zwischenzeitlich in Flammen, der Verkehr wurde bis zum Nachmittag eingestellt.

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"Ein Akt von Staatsterrorismus"

Nach Sluzkis Darstellung lassen zahlreiche Äußerungen von prominenten Politikern in der Ukraine darauf schließen, dass Kiew den Anschlag organisiert habe. Ukrainische Medien hatten berichtet, der Geheimdienst SBU in Kiew stecke hinter der Spezialoperation. Der SBU bestätigte das nicht, veröffentlichte aber wie viele offizielle Stellen in der Ukraine in den sozialen Netzwerken Aufnahmen von der brennenden Brücke – und stellte ein Gedicht dazu. "Das kann ein Akt von Staatsterrorismus sein, für den es, wie wir sehen, in den europäischen Hauptstädten Applaus gibt", so Sluzki.

Der 54-Jährige, der in der Staatsduma den Auswärtigen Ausschuss leitet, sagte, dass Russland Erfahrungen habe mit dem Kampf gegen Terroristen. Solche "Terroranschläge" wie auf die Brücke müssten künftig verhindert werden. Zugleich kündigte er an, dass die Brücke repariert werde. Das Bauwerk gilt als Lebensader für die Versorgung der Krim – und die dort stationierten Soldaten. "Die Krim ist mit allem Wichtigen versorgt, die Standhaftigkeit der Krimbewohner kann man beneiden", betonte Sluzki.

Riesiger Schaden durch nur einen Lkw?

Der russische Präsident Wladimir Putin wies am Abend per Dekret den Geheimdienst FSB an, die Kontrolle über die durch eine Explosion beschädigte Krim-Brücke zu verschärfen. "Dem FSB werden die Vollmachten übertragen zur Organisation und Koordination von Schutzmaßnahmen für den Transportweg über die Meerenge von Kertsch, für die Strombrücke der Russischen Föderation auf die Halbinsel Krim und die Gaspipeline vom Gebiet Krasnodar Krim", heißt es in Dekret. Es ist die erste Maßnahme des Kremls infolge der Explosion am Morgen, die mutmaßlich durch einen Anschlag herbeigeführt wurde.

Bislang war die Verantwortung für die Sicherheit der Brücke laut dem Duma-Abgeordneten Alexander Chinstein dreigeteilt. Für die Überwachung des Luftraums war das Verteidigungsministerium verantwortlich, für die Seeüberwachung die Nationalgarde "Rosgwardija". Die Auto- und Eisenbahnstrecke selbst wurde jedoch vom Verkehrsministerium kontrolliert.

Vor dem Erscheinen des Kreml-Dekrets hatte der mit harter Hand regierende und wegen schwerster Verbrechen gegen die Menschlichkeit kritisierte Chef der russischen Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, angeboten, mit seinen Einheiten künftig die Krim-Brücke zu bewachen. Offiziell sind diese Einheiten der Nationalgarde "Rosgwardija" unterstellt.

Lkw soll nach russischer Darstellung für Explosion verantwortlich sein

Zuvor hatte Putin lediglich die Einrichtung einer Kommission angeordnet, die die Hintergründe des Vorfalls aufdecken soll. Das nationale Ermittlungskomitee teilte am Vormittag mit, dass nach vorläufigen Angaben ein Lastwagen auf der Brücke explodiert sei. Das Fahrzeug kam demnach vom russischen Festland und fuhr in Richtung des Küstenorts Kertsch auf der Krim. Durch die Explosion seien sieben mit Treibstoff gefüllte Kesselwägen des Güterzugs in Brand geraten. Dadurch seien Teile der Fahrbahn eingestürzt.

Die Behörde erklärte jedoch nicht, wie ein einzelner Lastwagen Schäden eines solchen Ausmaßes angerichtet haben könnte. Experten zweifeln an der Darstellung. Hier lesen Sie mehr dazu. Unabhängig überprüfbar sind die Angaben derzeit nicht.

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Der explodierte Lkw soll nach russischen Angaben einem Einwohner der südlichen russischen Region Krasnodar gehört haben. Den Namen nannten die Ermittler nicht. Demnach wurden an seinem Wohnsitz Ermittlungen eingeleitet, die dokumentierte Fahrtroute des Lastwagens werde überprüft.

Ermittlungskommitee: drei Tote

Am Mittag meldeten die russischen Behörden zunächst drei getötete Menschen. Am Nachmittag teilte das Ermittlungskomitee mit, dass drei Leichen aus dem Wasser gezogen worden seien. Nach Angaben der Ermittler starben zwei Menschen, die in einem Auto neben dem explodierten Lastwagen fuhren. Die Identitäten des Mannes und der Frau müssten noch geklärt werden.

Zunächst hatte es geheißen, es habe keine Toten und Verletzten gegeben.

Nach der Explosion am frühen Morgen war die Brücke zwischenzeitlich gesperrt, die Einrichtung eines Fährverkehrs wird laut Behörden geprüft. Am Nachmittag gab das russische Verkehrsministerium bekannt, der Autoverkehr auf der beschädigten Brücke solle wieder möglich sein – allerdings nur eingeschränkt auf den noch intakten Fahrspuren. Die Überquerung der Brücke werde nur in wechselnden Richtungen möglich sein.

Krim-Verwaltungschef Sergej Aksjonow schrieb wenig später auf Telegram, Pkw und Busse dürften die Brücke, die die 2014 von Moskau annektierte Schwarzmeer-Halbinsel und Russland verbindet, nach gründlicher Durchsuchung wieder passieren. Für Lastwagen bleibe das 19 Kilometer lange Bauwerk vorerst weiter gesperrt.

Der Bahnbetreiber "Grand Service Express" teilte zudem mit, die ersten beiden Züge seien aus den Krim-Städten Simferopol und Sewastopol in Richtung Moskau und St. Petersburg abgefahren.

Ukraine feiert nach Explosion

Bilder und Videos in sozialen Medien, die sowohl von russischer als auch ukrainischer Seite geteilt werden, zeigen den Brand. Die folgenden Videos, die zunächst von russischer Seite verbreitet wurden, sollen die Explosion zeigen:

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Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak schrieb auf Twitter, dies sei "der Anfang". Er reklamiert keine direkte Verantwortung der Ukraine für den Vorfall, schreibt aber auch: "Alles Illegale muss zerstört werden, alles Gestohlene muss an die Ukraine zurückgegeben werden, alles, was von Russland besetzt ist, muss vertrieben werden."

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine Beteiligung seiner Untergebenen an der Explosion auf der Krim-Brücke offen gelassen. In der Ukraine sei es großteils sonnig und warm gewesen, "auf der Krim leider bewölkt, obwohl auch dort warm", sagte er in seiner täglichen Videoansprache in Anspielung auf die morgendliche Detonation an der Brücke. Näher ging er auf den Vorfall nicht ein.

"Happy Birthday, Mr. President"

Die Sprecherin des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny teilte ein Video in den sozialen Netzwerken von dem Feuer und den Schäden – und kommentierte, dass es sich wohl um ein Geschenk zum 70. Geburtstag Putins handele. Der Kremlchef hatte das Jubiläum am Freitag in seiner Heimatstadt St. Petersburg begangen.

Der Sekretär des ukrainischen Sicherheitsrats, Olexij Danilow, veröffentlichte am Samstag auf Facebook Aufnahmen von dem teils zerstörten Bauwerk, das Russland und die 2014 von Moskau annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim verbindet. Daneben stellte er ein Video, das die Hollywood-Legende Marilyn Monroe (1926 - 1962) zeigt, wie sie im Jahr 1962 für den damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy das Geburtstagsständchen "Happy Birthday, Mr. President" singt.

Der Video-Zusammenschnitt wurde in sozialen Netzwerken vielfach geteilt. Viele meinten in Kommentaren, dass es für jemanden wie Putin zum Jubiläum schon etwas Besonderes als Geschenk brauche. Die Brücke war stets ein Herzensprojekt des Kremlchefs.

Ukraine hatte Brücke zum Ziel erklärt

Ukrainische Offizielle hatten in der Vergangenheit die Brücke als mögliches Ziel militärischer Angriffe erklärt. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Ende Februar kam es mehrfach zu Explosionen auf der Krim mit schweren Schäden, darunter auf Militärstützpunkten. Zuletzt gab es in der Region Kertsch, die auf der Krim direkt an die Brücke grenzt, immer wieder Zwischenfälle mit Drohnen, die explodierten.

Der Chef des Krim-Parlaments, Wladimir Konstantinow, sagte, "ukrainische Vandalen" hätten die Brücke beschädigt. Es drohten keine Versorgungsengpässe, hieß es in der Krim-Hauptstadt Simferopol. Das russische Energieministerium teilte mit, dass die Treibstoffversorgung ungeachtet des verbrannten Diesels gesichert sei. In sozialen Netzwerken kursierten Bilder und Videos, die lange Autoschlangen vor Tankstellen auf der Krim zeigten. Hier lesen Sie mehr.

Brücke hat strategische Bedeutung

Die Brücke verbindet die von Russland besetzte ukrainische Halbinsel Krim mit dem russischen Festland und hat damit eine zentrale strategische Bedeutung. Mit 19 Kilometern Länge gilt die Krim-Brückenanlage, die eine Autobahn und daneben eine Bahnstrecke hat, als längstes Bauwerk Europas. Passagierzüge rollen seit Ende 2019, Güterzüge seit Sommer 2020. Das russische Militär nutzt sie etwa für den Transport von militärischen Gütern in die Ukraine. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte sie 2018 feierlich eingeweiht.

Russland hatte eindringlich davor gewarnt, die Brücke unter Beschuss zu nehmen und für den Fall damit gedroht, Kommandozentralen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ins Visier zu nehmen. Ein Angriff auf die Brücke sei ein klares Überschreiten der roten Linie. Die ukrainische Führung hatte mehrfach auch schwere Waffen mit großen Reichweiten aus dem Westen gefordert. Damit sollte dann auch die Brücke zerstört werden, wie es in Kiew hieß.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, AFP
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