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Radprofi Max Schachmann: "Warum sind viele bei unserer Sportart so skeptisch?"


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Radstar Max Schachmann
Ullrichs Toursieg? "Der Sport hat darunter gelitten"

  • Jannik Meyer
InterviewVon Jannik Meyer

Aktualisiert am 25.06.2022Lesedauer: 4 Min.
Maximilian Schachmann: Sein Start bei der Tour de France ist noch unsicher.Vergrößern des Bildes
Maximilian Schachmann: Sein Start bei der Tour de France ist noch unsicher. (Quelle: Sirotti/imago-images-bilder)
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Maximilian Schachmann ist kurz vor dem Start der Tour de France an Corona erkrankt. Auch darüber spricht er im t-online-Interview.

Am Freitag startet die Tour de France 2022. Bis Donnerstag hat Maximilian Schachmann mitten in der Vorbereitung auf das größte Radrennen der Welt gesteckt. Dann infizierte sich der wohl vielversprechendste deutsche Radprofi mit dem Coronavirus. Ob er dennoch starten kann, ist ein reines Glücksspiel.

t-online: Herr Schachmann, in weniger als einer Woche beginnt die Tour de France, nun haben Sie sich mit Corona infiziert. Wie geht es Ihnen?

Maximilian Schachmann: Ich bin sehr nervös, was meinen Tourstart angeht, weil dafür ein negativer PCR-Test in der kommenden Woche gefordert ist. Aber mir persönlich geht es gut, ich bin komplett symptomfrei. Der positive Test ist nur aufgefallen, weil wir nach der Tour de Suisse eine Routinetestung durchgeführt haben.

Unter welcher Voraussetzung können Sie dennoch starten?

Das ist eine gute Frage, mit der Situation hat auch das Team einiges zu tun. Die sind jetzt dabei zu evaluieren, was sie machen und wie es weitergeht. Ich hoffe, dass ich bis Sonntag wieder einen negativen Test habe. Ich bin Träger des Virus, aber nicht wirklich daran erkrankt.

Am Sonntag wird Ihr Team Bora-hansgrohe den Tour-Kader bekannt geben. Wären sie ohne Corona-Infektion sicher dabei gewesen?

Es sah sehr gut aus. Aber Bora hat die Nominierung aufgrund der aktuellen Situation nach hinten verschoben. Es besteht weiterhin eine Unklarheit für alle Sportler, denn die nächste massive Corona-Welle rollt. Das Gute ist: Kaum jemand bei uns im Team hat Symptome.

Sie hatten bereits im Frühjahr Corona. Bei der ersten Etappe des bekannten Eintagesrennens Paris-Nizza haben Sie sich danach nicht gut gefühlt. Was war los?

Damals bin ich im Trainingslager erkrankt und habe eine Pause gemacht. Als ich zurückgekommen bin, kam die Form vor Paris-Nizza zurück. Aber ich hatte trotzdem nicht das Gefühl, alles raushauen zu können. Während des Rennes bin ich dann erneut krank geworden, hatte eine Bronchitis – und zudem typische Long-Covid-Symptome. Ich war müde, abgeschlagen und im Training nach zwei Stunden völlig k.o.

Am Freitag startet die Tour. Wenn Corona mitspielt und Sie an den Start gehen können: Wie lautet Ihr Ziel?

Für mich ist das große Ziel ein Etappensieg.

Haben Sie sich dafür schon Etappen herausgesucht, die Ihnen entgegenkommen?

Es gibt einige Optionen auf den mittelschweren Etappen. Aber das Etappenprofil bestimmt meine Chance nur bedingt. Eine große Rolle spielt bei den Etappensiegen das Gesamtklassement, das wird sich aber erst im Laufe der Zeit entwickeln – und dann ist die Tagesform ein ganz entscheidender Aspekt.

Apropos Gesamtklassement: Wer sind Ihre Siegfavoriten?

Der große Favorit ist Tadej Pogačar. Nach dem Toursieg im letzten Jahr, aber auch aufgrund seiner Performance bei den anderen Rennen, geht er als großer Favorit in die Tour. Ich hoffe aber, dass wir auch eine Rolle spielen können. Vielleicht mit unserem Klassement-Fahrer Alexander Wlassow.

In den vergangenen Jahren stand Sprinter Peter Sagan bei Bora-hansgrohe im Fokus. Nun hat er das Team verlassen. Was ändert sich dadurch?

Peter hat das Team als großer Aufmerksamkeitsmagnet verlassen. Jetzt sind besonders Fahrer für die Breite dazugekommen – uns zeichnet aus, dass wir in der Breite gut aufgestellt sind. Es gibt keine harte Hierarchie, wir haben mehrere Optionen.

Im Vergleich zu anderen Nationen hat Radsport in Deutschland keinen so guten Ruf. Was muss der Sport tun, um wieder mehr Aufmerksamkeit zu erlangen?

Der Radsport tut bereits viel gegen diesen Ruf. Mein Gefühl ist, dass die Medien mehr tun müssen, um die Menschen über den modernen Radsport aufzuklären. Wir tun alles für einen sauberen Sport, betreiben einen Riesenaufwand, um in der Weltspitze mitzufahren. Dann höre ich häufig, dass in den Köpfen der Menschen noch alte Klischees sitzen.

Was sollten die Medien verändern?

Medial ist der Radsport sehr stark auf die Tour de France konzentriert. Unsere Sportart ist nur interessant, wenn es in Richtung des größten Events des Jahres geht. Ich hatte in der Vergangenheit angeboten, dass mal jemand mitkommen könnte, wenn ich in einem Höhentrainingslager bin. Damit man sehen kann, welchen Aufwand wir abseits der Tour betreiben müssen, um an den wenigen Renntagen in der Weltspitze dabei zu sein.

In diesem Jahr jährt sich der Toursieg von Jan Ullrich zum 25. Mal. Danach hat Ullrich sehr viele negative Schlagzeilen produziert. Inwiefern beeinflusst das den Radsport in Deutschland?

Ich kann dazu wenig sagen, bei dem Sieg von Jan Ullrich war ich zwei Jahre alt. Aber dass der Radsport darunter gelitten hat, steht außer Frage. Dass ich als Sportler, der damit nichts zu tun hat, immer noch darunter leide, ärgert mich. Viele Leute denken, im Radsport hat sich seitdem nichts verändert.

Führen Sie das gerne aus.

Bei uns wird immer direkt von Doping ausgegangen, während das in anderen Sportarten gar keine Rolle spielt. Natürlich ist unsere Leistung extrem. Aber wir machen täglich nichts anderes und sind talentiert. Ich kann nicht nachvollziehen, warum so viele Menschen bei unserer Sportart heutzutage so skeptisch sind.

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Was tut der Radsport, um Doping entgegenzuwirken?

Wir haben sehr viele Kontrollen. Auch durch unsere Teamärzte werden wir häufig kontrolliert. Mittlerweile wird man gesperrt, wenn man nur eine Anomalie im Blut hat: Die Blutwerte müssen nur von den normalen Werten abweichen, schon dann wird man gesperrt – wenn es dafür keine normale Erklärung gibt.

Müsste man solche Maßnahmen noch öffentlicher machen?

Das würde die Sache für uns deutlich einfacher machen.

Müssen Sie sich häufig Sprüche wie "Ihr seid doch eh alle gedopt" anhören?

Vor allem im Social-Media-Bereich bekommt man das mit. Aber das ist ein Spruch, den man auch mal im normalen Leben reingedrückt bekommt. Die Leute fragen dann, was man denn konsumiert bzw. einnimmt, um die Leistung zu bringen.

Was entgegnen Sie da?

Dass ich es schade finde, wie wenig die Leute über den Sport informiert sind. Ich versuche dann zu erklären, dass sich der Radsport verändert hat. Da erzähle ich auch, dass die Nationale Antidoping-Agentur (NADA, Anm. d. Red.) jederzeit weiß, in welcher Region ich mich aufhalte, um mich zu testen. Davon wissen die Leute gar nichts – und sind dann ruhig.

Verwendete Quellen
  • Telefoninterview mit Maximilian Schachmann
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