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Johannes B. Kerner im Interview: Moderator kritisiert Bundesliga-Übertragung


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Johannes B. Kerner
"Das Gute ist, dass ich mir nichts nicht vorstellen kann"

  • Noah Platschko
InterviewVon Noah Platschko

Aktualisiert am 05.11.2019Lesedauer: 7 Min.
Johannes B. Kerner: Der Bonner (re.) moderierte von 2009 bis 2012 die Champions League auf Sat1. Franz Beckenbauer diente als Experte.Vergrößern des Bildes
Johannes B. Kerner: Der Bonner (re.) moderierte von 2009 bis 2012 die Champions League auf Sat1. Franz Beckenbauer diente als Experte. (Quelle: Laci Perenyi/imago-images-bilder)

Johannes B. Kerner kennt das TV-Geschäft in- und auswendig. Auch im Sport ist er seit einiger Zeit zu Hause. Trotzdem sieht er einige Dinge in der Berichterstattung kritisch.

Er ist eines der bekanntesten Fernsehgesichter Deutschlands: Johannes B. Kerner. Seit knapp 30 Jahren ist der gebürtige Bonner Teil der Abendunterhaltung – im privaten sowie öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Angefangen 1990 bei der ARD, zog es Kerner im August 1992 zu Sat.1, wo er bei "ran" als Moderator die Highlights der Fußball-Bundesliga präsentierte.

Vier Jahre später folgte der Wechsel zum ZDF, für das er unter anderem "Das aktuelle Sportstudio", die nach ihm benannte Talkshow "Johannes B. Kerner" sowie die Kochshow "Kerner kocht" moderierte. Eines seiner Höhepunkte: die WM 2006 in Deutschland, als er mit Jürgen Klopp live aus dem Sony Center in Berlin moderierte.

Nachdem es Kerner 2009 für vier Jahre zurück zu Sat.1 verschlug, folgte 2013 das Comeback bei seinem "Heimatsender ZDF", wie er ihn selbst nennt. Sportsendungen moderiert Kerner derzeit keine mehr.

Im großen Interview mit t-online.de spricht der Moderator über die Geschichte der Vergabe der Bundesliga-Rechte, die EM 2024 in Deutschland sowie darüber, warum er selbst kein Sky-Abo besitzt und ob er sich ein Comeback als Sportmoderator vorstellen könnte.

t-online.de: Herr Kerner, der TV-Rechtemarkt befindet sich im Wandel, vor nicht allzu langer Zeit waren noch alle Bundesliga-Spiele bei Sky zu sehen. Diese Zeiten sind vorbei.

Johannes B. Kerner (54): Wenn Sie mich fragen: Die Freitagsspiele zu Eurosport oder zu DAZN zu verkaufen und den Spieltag aufzusplitten, das finde ich alles ein wenig salamimäßig. Ich bin gegen den Salamispieltag bei verschiedenen Sendern. Ich bin da eher fernsehvegan.

Nutzen Sie denn Streaminganbieter wie zum Beispiel DAZN?

Ich nutze eine Reihe von Diensten und Sendern, auch DAZN. Radio hören, "Sportschau" gucken und so weiter. Ich finde immer das, was ich gerade brauche.

Wie verfolgen Sie denn die Bundesliga am Wochenende?

Ich schaue freitags eher selten Bundesliga. Für Sky löse ich meist ein Ticket für bestimmte Spieltage. Als ich gemerkt habe, wie selektiv ich gucke, war es mir irgendwann zu lästig, lange Verträge abzuschließen. Die ganz großen Spiele sind ohnehin frei empfangbar und bei den allergrößten bin ich auch gern mal im Stadion, wie beispielsweise im Mai beim Champions-League-Finale mit Liverpool. Das gönn’ ich mir dann.

Internationale Player wie DAZN, Eurosport und Amazon sind bereits seit einigen Jahren Teil des Sportrechtemarktes – auch was die Bundesliga angeht. Wie bewerten Sie die derzeitige Situation?

Es ist ein bewegter Markt, der uns in Deutschland aber nur deshalb so bewegt vorkommt, weil er noch vor einiger Zeit vergleichsweise starr war. Da waren andere Länder viel weiter. Während bei uns, scherzhaft gesagt, die Rechte quasi turnusmäßig in einem Mittagessen vergeben wurden, wurden in England schon Millionen umgesetzt. Da hinken wir hinterher.

Sie waren selbst lange als Sportmoderator tätig, haben als Moderator ab 1992 die Highlights der Bundesliga bei "ran" auf Sat.1 gezeigt.

Wir haben die Rechte von RTL übernommen, die hatten die Sendung "Anpfiff" mit Ulli Potofski im Programm. Als wir bei "ran" dann die Bundesliga-Highlightrechte hatten und diese nach einigen Jahren verloren: Das war wie ein Schock. An der Vergabe hingen ja auch berufliche Schicksale und Werdegänge.

Als wir von 2009 bis 2012 die Champions League bei Sat.1 zeigten und die Rechte für den darauffolgenden Zyklus ans ZDF gingen, da musste auch ich erst einmal schlucken. Ein paar Jahre später erging es so dann den ZDF-Kollegen – und jetzt gibt es die Königsklasse gar nicht mehr im Free-TV.

Könnte sich ein privater Sender wie Sat.1 die Champions League heutzutage überhaupt noch leisten?

Man darf nie so rechnen, dass es nur um das nackte Refinanzieren einer Sendung, beispielsweise durch Werbung geht. Wenn ein Sender ein Produkt wie die Champions League zeigt, hat das einen abstrahlenden Effekt weit über die Programmierung hinaus. Nehmen wir ein Beispiel: Sky hat erst seit diesem Sommer wieder die englische Premier League im Programm. Sie haben aber schon das ganze letzte Jahr damit geworben, dass sie wieder die Rechte haben.

Bei Turnieren mit K.-o.-Phase tragen Sender immer noch ein größeres Risiko. Sie wissen ja nicht: Wie weit kommen die deutschen Klubs in der Champions oder Europa League? Wenn Bayern im Viertelfinale rausgeht, sind die Rechte ab dem Halbfinale nur noch die Hälfte wert. Aber das weiß man ja im Vorhinein nicht.

Karl-Heinz Rummenigge monierte zuletzt, dass die Champions League wieder im Free-TV zu sehen sein müsse.

Karl-Heinz Rummenigge ist Teil des Marktes. Warum sagt er das? Nicht, weil er sich die Sky-Gebühr nicht leisten kann oder er keinen Receiver hat, sondern weil er Vertragspartner hat, die eine Sichtbarkeit wollen. Die Telekom will sichtbar sein, die Allianz will sichtbar sein, die Lufthansa, Audi, Adidas etc. All diese Firmen wollen lieber von zehn Millionen im Free-TV gesehen werden, als von zwei Millionen im Pay-TV. Auch das ist Teil des Spiels im Markt. Herr Rummenigge vertritt da lediglich klar die Interessen seines eigenen Vereins.

Bald findet wieder die TV-Rechtevergabe statt, sowohl was die Champions League als auch die Bundesliga angeht. Welcher Anbieter hat da ihrer Ansicht nach die besten Karten?

Bei der DFL sind so kluge Leute − mit Christian Seifert an der Spitze. Die haben den deutschen Profifußball sehr intelligent nach vorne entwickelt. Klar, England ist noch mal eine andere Geschichte. Aber im Vergleich zu Spanien, Italien oder Frankreich stehen wir richtig gut da mit unserer Liga – und das ist der Verdienst dieser Leute. Die werden sich auch für die kommende Rechteperiode etwas Gutes einfallen lassen.

Wie steht es um einstige Institutionen wie beispielsweise die "Sportschau"?

Die Quoten der "Sportschau" sind rückläufig, aber das ist nicht überraschend, weil das Nutzungsverhalten sich eben verändert. Und: Es gucken immer noch 4,5 Millionen Menschen die "Sportschau", das ist immer noch sehr gut. Früher waren es eben 6,5 Millionen.

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Ich erinnere mich: 6,5 Millionen Zuschauer, das war damals bei "ran" eine schwache Samstagssendung – jetzt sind 4,5 Millionen eben eine gute, durchschnittliche Quote. Trotzdem ist die "Sportschau" in ihrem Segment Marktführer. Die Zuschauer verteilen sich einfach ein wenig mehr. Sie merken: Ich sehe das ganze recht unaufgeregt.

Die Bundesliga oder die Champions League sind das eine. Nun könnte es passieren, dass auch der Großteil der Europameisterschaft 2024 hinter der Bezahlschranke verschwindet. Laut einer Umfrage mit t-online.de-Lesern wäre der Großteil der Leute nicht bereit, dafür zu zahlen.

Ob die Leute dafür bezahlen wollen oder nicht: Wir haben ja einen Rundfunkstaatsvertrag, in dem klar gekennzeichnet ist: Deutsche Spiele müssen frei empfangbar sein, besondere Spiele wie das Halbfinale und das Finale auch.

Das Umfrageergebnis überrascht mich nicht. Aber das wird sich, je näher das Turnier rückt, stabilisieren. Vor dem Beginn der Bundesliga bei Premiere in den 90er-Jahren haben die Leute auch gesagt: Wir zahlen nicht für die Fußball-Bundesliga. Mittlerweile machen das bei Sky gut vier Millionen Menschen.

Eine weitere Umfrage hat gezeigt, dass die Menschen insgesamt weniger Fußball schauen. Läuft der Fußball, auch wenn er mehr und mehr im Pay-TV verschwindet, Gefahr, den Status als Volkssport zu verlieren?

Es gibt in Deutschland fünf Sportarten die gut funktionieren. Das sind Fußball, Fußball, Fußball, Formel 1 und Fußball. Daran wird sich nichts ändern. Ab und zu wird es Highlight-Events geben, wie als Angelique Kerber 2018 im Wimbledon-Finale stand. Aber das sind dann eben Spitzen von kürzerer Dauer.


Die Telekom sicherte sich jüngst die Rechte an der EM 2024, sie selbst sind seit einigen Wochen bei MagentaTV für die Talk-Show "Bestbesetzung" vor der Kamera zu sehen. Was reizt Sie an diesem neuen Format?

Sich intensiv eine Stunde mit einem Menschen zu beschäftigen. Der erste Gast war Jürgen Klopp. Das war für mich, auch wenn das wohl die wenigsten gedacht haben, besonders schwierig. Die Nähe zu jemandem zuzulassen, mit dem ich schon stundenlang vor der Kamera stand und ich ihn darüber hinaus auch gut kenne − gleichzeitig aber eine Distanz zu akzeptieren: Das war ein Ritt auf der Rasierklinge.

Klopp war der erste Gast Ihrer neuen Sendung, was folgen noch für Persönlichkeiten?

Der nächste Gast hätte mal bei einer Direktwahl zum Bundespräsidenten 65 Prozent erzielt: Günther Jauch. Wir haben das Gespräch schon aufgezeichnet. Er ist ja jemand, der sich total selten in solch einem intensiven Gespräch äußert. Ich bin ganz zufrieden mit dem Ergebnis.

Neben ihrer Sendung bei MagentaTV sind sie derzeit hauptsächlich beim ZDF beheimatet, moderieren unter anderem den "Quizchampion" oder auch "Ein Herz für Kinder".

Beim ZDF habe ich eine Reihe an Sendungen. Das ist auch der Sender, über den ich sagen würde: Das ist mein Arbeitgeber und fernsehmäßig mein Lebenspartner. Die Aufgabe bei MagentaTV erfolgte da auch in enger Absprache mit dem ZDF.

Ein Comeback von Ihnen als Sportmoderator auf MagentaTV zur EM 2024 wäre da doch naheliegend. Könnten Sie sich das vorstellen?

Das Gute ist, dass ich mir nichts nicht vorstellen kann. Ich habe so viel schon gemacht, an Europameisterschaften, Weltmeisterschaften, Champions League und so weiter, dass ich alles was kommt mit Gelassenheit und großer Freude verfolgen kann. Auf jeden Fall bin ich bei der EM 2024 dabei: in welcher Funktion auch immer. Ich bin auch ein sehr begeisterter Zuschauer.

"Kerner feiert Comeback als Sportmoderator" wäre doch eine gute Schlagzeile.

Ja, aber die gibt’s nicht (lacht). Warten wir mal ab. Das Moderieren der großen Sportevents hat mir immer viel Freude bereitet. Ich habe die geilsten Zeiten erlebt und freue mich über eine ganze Reihe an emotionalen Erinnerungen. Zum Beispiel die Erinnerung an die WM 2006 im eigenen Land mit Jürgen Klopp und Urs Meier in Berlin – das vergisst man nie.

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