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Wladimir Putin: Neu entwickelte Rakete schlug in Dnipro ein


Erster Einsatz gegen die Ukraine
Putins neue Rakete fliegt angeblich zehnmal schneller als der Schall

Von t-online, wan

Aktualisiert am 22.11.2024Lesedauer: 4 Min.
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In einer Ansprache an die Bevölkerung berichtet Putin von der angeblichen unbesiegbaren Waffe, die nicht abzufangen sein soll.
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Russlands Präsident hat den Einsatz einer neuen Rakete im Ukraine-Krieg bestätigt. Doch der Einschlag in Dnipro dürfte noch eine andere Bedeutung haben.

Russland hat nach Angaben von Kremlmachthaber Wladimir Putin am Donnerstag bei einem Angriff auf die Ukraine einen neuen Raketentyp getestet. Es soll sich um das neue System Oreschnik handeln. Die Rakete könne laut Putin mit zehnfacher Schallgeschwindigkeit fliegen.

In der ukrainischen Region Dnipro waren sechs einzelne Sprengköpfe eingeschlagen. Sie seien nicht nuklearer Art gewesen, sagte Putin. Abgefeuert wurde die laut Putin prinzipiell auch mit Atomsprengköpfen bestückbare Oreschnik vermutlich aus dem russischen Gebiet Astrachan am Kaspischen Meer – etwa 800 Kilometer vom Einschlagsort Dnipro entfernt.

Viel ist noch nicht über den Raketentyp bekannt. Spekuliert wird, dass es sich um eine Interkontinentalrakete handelt. Es wäre der erste Einsatz eines solchen Systems überhaupt auf dem Gefechtsfeld. Der US-Militärexperte Michael Kofman schrieb im Kurznachrichtendienst Bluesky, dass es sich um eine experimentelle Variante der RS-26 Rubesch handeln könnte. Diese Rakete hat eine Reichweite von etwa 6.000 Kilometern und gilt deshalb als Interkontinentalrakete.

Vertrag verbot bis 2019 neue Mittelstreckenraketen

Interkontinentalraketen (auf Englisch: Intercontinental Ballistic Missile oder ICBM) können Nuklearsprengköpfe transportieren und haben eine große Reichweite. Sie sind in der Lage, Ziele in einer Entfernung von mindestens 5.500 Kilometern zu treffen, andere reichen bis zu 9.000 Kilometer oder noch weiter. Sie wurden maßgeblich im Kalten Krieg entwickelt und sollten in der Lage sein, das Territorium der USA und der Sowjetunion zu erreichen.

Im Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (INF) hatten sich 1987 die USA und die damalige Sowjetunion darauf geeinigt, ihre boden- und landgestützten Nuklearraketen mit mittlerer und kürzerer Reichweite zwischen 500 und 5.500 Kilometern zu vernichten und auch keine neuen mehr zu entwickeln. Der Vertrag wurde aber 2019 von Russland und den USA aufgekündigt.

Interkontinentalraketen können zwar mehrere nukleare Sprengköpfe tragen, bei dem in der Ukraine eingesetzten Waffensystem war dies jedoch nicht der Fall. Beim Angriff auf Dnipro sind offenbar sechs konventionelle Sprengköpfe von der Rakete abgetrennt worden, die an unterschiedlichen Stellen einschlugen. Konventionelle oder nukleare Mehrfachsprengköpfe sind bisher vor allem bei Interkontinentalraketen bekannt.

In einem Bericht des amerikanischen Kongresses über das russische Raketenprogramm hieß es im März 2022, dass Russland eine Version seiner dreistufigen RS-24 Yars ICBM mit nur zwei Stufen entwickelt hat, die als Rubesch RS-26 bezeichnet wird. Es seien vier Tests durchgeführt worden. Dabei seien die Raketen bis zu 5.800 Kilometer weit geflogen. Was Putin als neue Waffe ankündigte, dürfte eine Modifizierung dieser Waffen sein, schätzen Militärexperten, unter anderem der ukrainische "Defense Express".

Warum wurde dieser Raketentyp jetzt eingesetzt?

Fraglich ist aber, warum diese Rakete jetzt eingesetzt wurde. Denn die nuklearen Sprengköpfe von Interkontinentalraketen müssen nicht besonders präzise sein – sie sind für großflächige Zerstörung ausgerichtet. Der Einsatz mit herkömmlichen Sprengköpfen, die von der Rakete in großer Höhe abgelöst werden und dann herunterfallen, scheint ungewöhnlich zu sein.

"Es ist eine teure Rakete mit einer nuklearen Funktion. So ein Ding schießt man nicht einfach ab, wenn man keine Lust hat. Außerdem ist es für den Transport einer konventionellen Nutzlast nicht präzise genug. Man könnte es also als ein cleveres Signal betrachten", schreibt der Rüstungsexperte Frank Sauer auf Bluesky.

Russland könnte mit dem Warnschuss dem Westen klarmachen, dass es diese Rakete jetzt im Arsenal hat und auch europäische Städte erreichen kann. Nicht umsonst dürfte Putin am Donnerstag betont haben, wie schnell die Rakete ist. Sie soll Mach 10 erreichen – das Zehnfache der Schallgeschwindigkeit, bis zu drei Kilometer pro Sekunde. Es könnte aber auch ein Signal an die Ukraine sein, dass man solche Modelle jederzeit mit nuklearen Sprengköpfen bestücken kann.

Es ist indes nicht der erste Einsatz eines russischen nuklear bestückbaren Waffensystems gegen Ziele in der Ukraine. Regelmäßig feuert Russland etwa die Hyperschallrakete Kinschal, ballistische Kurzstreckenraketen des Typs Iskander oder auch Ch-101/102-Marschflugkörper auf die Ukraine ab. Jedes dieser Waffensysteme kann auch mit einem nuklearen Sprengkopf ausgerüstet werden.

Putins Drohungen mit Atomwaffen

Putin hatte immer wieder den Einsatz von Atomwaffen als Drohmittel benutzt – auch gegen westliche Länder. Einige Militärbeobachter nannten dies einen Warnschuss, aber auch eine mögliche Generalprobe für einen echten Atomschlag. Putin sprach von einem Test der Rakete unter Gefechtsbedingungen. Bei weiteren Tests der Oreschnik werde Russland die Zivilbevölkerung warnen, damit sie die Gefahrenzone verlassen könne, kündigte er an.

Vor wenigen Tagen hatten Großbritannien und die USA der Ukraine erlaubt, ihre Storm-Shadow- und ATACMS-Raketen auch auf russisches Gebiet abfeuern zu dürfen. Der russische Angriff mit einer Langstreckenrakete, die auch als Atomwaffe genutzt werden kann, dürfte eine deutliche Warnung gewesen sein. Solche Warnungen sind es auch, die Bundeskanzler Scholz bislang davon abgehalten haben, der Ukraine die deutschen Taurus-Marschflugkörper zu liefern.

Russland hatte auch seine Atomwaffendoktrin angepasst. Moskau droht jetzt mit nuklearer Vergeltung auch bei einem konventionellen Angriff auf Russland oder den Verbündeten Belarus, wenn dieser "eine kritische Bedrohung für deren Souveränität und/oder deren territoriale Unversehrtheit darstellt".

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