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Geheime russische Tiefseetruppe bedroht Glasfaserkabel im Meer


Russische Tiefseetruppe im Einsatz
Kappt Putin das Internet?


Aktualisiert am 19.09.2024 - 13:33 UhrLesedauer: 4 Min.
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Militärübungen in RusslandVergrößern des Bildes
Ein russisches U-Boot (Archivbild): Immer häufiger werden Teile der Flotte in der Nähe von Tiefseekabeln gesichtet. (Quelle: Uncredited/Russian Defense Ministry Press S/AP/dpa/dpa-bilder)

Die Zivilisation hängt an einigen Kabeln, die am Boden des Atlantiks entlanglaufen. Jetzt hat es möglicherweise eine russische Einheit auf sie abgesehen.

Viele tausend Meter unter der Wasseroberfläche liegen Kabel aus Glasfaser, die uns mit Menschen auf der anderen Seite der Welt verbinden. Werden sie beschädigt, könnte das Internet für ganze Kontinente ausfallen. Seit einigen Jahren werden immer wieder russische Schiffe und U-Boote gesichtet, die in der Nähe dieser transatlantischen Kabel kreuzen. Jetzt könnte jedoch eine Aktion gegen die Kabel durch eine geheime russische Einheit kurz bevorstehen, warnen Insider.

Die russische Bedrohung

Zuletzt haben die Vereinigten Staaten verstärkte russische Militäraktivitäten in der Nähe wichtiger Unterseekabel festgestellt. Russland sei bereit, Sabotageaktionen durchzuführen und damit einen wichtigen Teil der weltweiten Kommunikationsinfrastruktur auszuschalten, sagten zwei US-Beamte im TV-Sender "CNN". Sie seien besorgt über die erhebliche Marineaktivität und befürchteten, dass Russland bald auf Angriff schalten könnte.

Auch die Nato zeigt sich zunehmend besorgt über die Bedrohung. Die westliche Allianz verstärke derzeit ihre Maßnahmen zum Schutz der Kabel, denn "seit dem Beginn des russischen Krieges in der Ukraine haben die Bedrohungen für die Unterwasserinfrastruktur, einschließlich der Öl- und Gaspipelines sowie der Datenkabel, zugenommen", sagte ein Nato-Beamter "Business Insider".

Die Datenautobahn am Meeresboden

Die Unterwasserkabel sind essenzieller Bestandteil der menschlichen Zivilisation im 21. Jahrhundert. Sie transportieren alles – von Kommunikation bis hin zu Streaming- und Finanzdaten. Zudem können sie deutlich größere Datenmengen übertragen als die stärksten Kommunikationssatelliten. Nicht zuletzt sind die Signale über den Meeresboden deutlich schneller als über Funk ins All.

Doch ähnlich wie Satelliten lassen sich die Kabel nur schwer modifizieren, reparieren oder erweitern. Deshalb ist eine russische Sabotageaktion auch so bedrohlich, denn Ersatz zu schaffen, würde lange dauern.

Sternstunde der Menschheit

Das erste transatlantische Tiefseekabel zwischen Irland und Nordamerika ging bereits im August 1858 in Betrieb. Diese "Sternstunde der Menschheit", wie sie der Autor Stefan Zweig in seinem gleichnamigen Werk feiert, wurde jedoch zum Flop. Die erste Übertragung eines Glückwunschtelegramms von der britischen Königin an den amerikanischen Präsidenten dauerte 16 Stunden. Schon einen Monat später versagte das Kabel – vermutlich war die Ummantelung beim Verlegen beschädigt worden.

Die Technologie der Datenübertragung unter Wasser wurde kontinuierlich weiterentwickelt, bis ab den 1980er Jahren erste Glasfaserkabel verlegt wurden. Bis Mitte der 1990er Jahre wurden die zuvor eingesetzten Kupferkabel wegen der hohen Kapazitätsanforderungen des Internets vollständig verdrängt.

Wie einschneidend ein Ausfall der Kabel sein kann, zeigt ein Unfall vor über zehn Jahren: Am 28. Februar 2012 kappte ein Schiff im Hafen von Mombasa mit seinem Anker ein Unterseekabel und legte damit einen wesentlichen Teil der Internetanbindung Ostafrikas lahm.

Die Hauptverwaltung Tiefseeforschung

Die aktuelle Bedrohung der Infrastruktur geht nach Einschätzung der USA von einer besonderen Einheit aus. "Russlands Truppe für Unterwasser-Sabotage ist GUGI, eine streng geheime Einheit, die Überwasserschiffe, U-Boote und Marinedrohnen betreibt", so US-Offizielle gegenüber CNN.

Der volle Name der Direktion ist die "Hauptverwaltung Tiefseeforschung". Die Einheit ist dem russischen Verteidigungsministerium untergeordnet, agiert jedoch unter strenger Geheimhaltung und taucht auf der Website nicht in der offiziellen Struktur des Ministeriums auf.

GUGI wurde 1963 gegründet und war schon zu Sowjetzeiten eine Eliteeinheit. Beitrittskandidaten mussten Offiziere sein und mindestens fünf Jahre Erfahrung im U-Boot-Dienst haben. Heute werden Mitglieder für den Einsatz in extremen Tiefen mit beträchtlichen Gehältern von 600.000 Rubel im Jahr oder etwa 5.800 Euro im Monat entlohnt, berichtet "Business Insider".

Atom-U-Boote und Spionageschiffe

Die Hauptverwaltung Tiefseeforschung betreibt eine Flotte von Kampfschiffen, U-Booten und Kleinst-U-Booten, mit denen die Einheit Aufklärung und Sabotage am Meeresboden durchführen kann. Besonders umtriebig ist das Spionageschiff Yantar, das als Mutterschiff für zwei Kleinst-U-Boote agiert. 2015 wurde es vor Nordamerika gesichtet, 2016 vor der Küste Syriens und 2021 vor Irland, immer in unmittelbarer Nähe zu den Unterseekabeln.

Teil der GUGI-Flotte ist auch das U-Boot "Belgorod". "Das U-Boot wurde als 'Mutterschiff' für andere kleine U-Boote konzipiert und kann vor allem Russlands neue Vergeltungswaffe tragen: den atomgetriebenen Torpedo Poseidon, der ganze Städte zerstören kann", frohlockt Wladimir Grischetschkin bei der Vorstellung 2021.

Vizeadmiral Wladimir Grischetschkin

Der 59-Jährige ist der Chef der Unterwasserspione. Grischetschkin arbeitete sich vom Ingenieur einer Navigationsgruppe zum Oberbefehlshaber eines großen Atom-U-Bootes hoch. Von dort stieg er immer weiter in der russischen Militärhierarchie auf, bis ihm Wladimir Putin 2018 den Rang eines Vizeadmirals verlieh. 2021 wurde er nach dem Tod seines Vorgängers Leiter von GUGI.

Nach der russischen Invasion in die Ukraine hat die Hauptverwaltung Tiefseeforschung nicht an Bedeutung verloren. Im Gegenteil, die russische Führung lege großen Wert auf GUGI, schätzt ein US-Beamter gegenüber CNN. Die USA würden die Bedrohung der Unterwasserinfrastruktur sehr ernst nehmen und eine Sabotage der Kabel als erhebliche Eskalation russischer Aggression betrachten, sagte er.

Was genau die Hauptverwaltung Tiefseeforschung derweil auf den Weltmeeren unternimmt, ist unklar. Wenn GUGI jedoch tatsächlich die dort verlaufenden Unterwasserkabel kappt, würden wir das wohl erst merken, wenn es zu spät ist und kein Stream mehr läuft.

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