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Deutschland braucht endlich wieder Autorität an der Führungsspitze


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Tagesanbruch
Endlich wieder Autorität an der Führungsspitze

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 09.01.2024Lesedauer: 5 Min.
Kanzler Scholz empfängt einen Staatsgast im Kanzleramt.Vergrößern des Bildes
Kanzler Scholz empfängt einen Staatsgast im Kanzleramt. (Quelle: Imago Images)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

Franz Beckenbauer ist tot, das ist traurig. Man muss gar nicht die Phrasen wiederkäuen, die nun allerorten bemüht werden, den Kaiser, die Legende und so weiter, um dieser großen Persönlichkeit zu gedenken. Man muss sich nur daran erinnern, wie dieser Ausnahmefußballer über den Platz spazierte, als tanze er einen Walzer, um im entscheidenden Moment mit einem feinen Pass die gegnerischen Abwehrreihen zu spalten. Wie dieser grundoptimistische Mann die darniederliegende Nationalmannschaft Mitte der Achtzigerjahre wieder aufrichtete und nach dem Weltmeistertitelgewinn 1990 gravitätisch über den römischen Rasen schritt – in sich gekehrt, glücklich und dankbar, während ringsum die Jubelstürme tobten.

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So wurde Beckenbauer zur Autorität, der man hierzulande fast alles verzieh: den Bestechungsskandal vor der Heim-WM 2006, ein uneheliches Kind und sogar die vergurkten Schlagerlieder. Trotz mancher Schlitzohrigkeiten strahlte Beckenbauer Bodenständigkeit aus, wirkte erhaben und nah zugleich, sagte gern geradeheraus, was er dachte. Das mögen die Leute. Erst recht, wenn einer dann auch noch einen verdammt guten Job macht.

Erfolgreich, souverän und sympathisch: Es sind diese Qualitäten, die eine Person zur Lichtgestalt formen können. Aber strahlen kann sie erst im Glanz, den andere in ihr sehen. Der britische Historiker Ian Kershaw hat mir mal gesagt, Charisma habe man nicht, sondern bekomme es von anderen Menschen zugeschrieben. Und der hat sich mit vielen außergewöhnlichen Persönlichkeiten befasst.

Ich habe den Eindruck: Es sind solche glänzenden Autoritäten, nach denen sich derzeit viele Menschen sehnen. Sie schauen sich um in der Welt, sehen überall Betrüger und Verbrecher und im eigenen Land zu viele mittelmäßige Bürokraten an den Schalthebeln der Macht. Da liegt der Gedanke nah, der seit Jahrtausenden zum Repertoire der Älteren gehört: Früher war alles besser! Früher gab es Beckenbauer, Sammer und Schumacher im Sport, es gab Schmidt, Süssmuth und Fischer in der Politik, nicht zu vergessen die aufrechte Regine Hildebrandt. Spitzenkräfte, die nicht nur Höchstleistung erbrachten, sondern auch Klartext redeten, statt rumzuschwurbeln. Die in der Bewunderung der Massen so hell strahlten, dass sie die Zukunft auszuleuchten vermochten: Da geht's lang, da liegt der Erfolg, nicht nur für mich, sondern auch für uns alle.

Das ist es wohl, was sich viele Menschen in diesen trüben Zeiten wünschen. Orientierung. Vorbilder. Hoffnung. Ein bisschen Glanz. Und das Vertrauen: Da kann es einer, da kann es eine wirklich. Tut nicht nur so. Wie schön es ist, einer Lichtgestalt zuzujubeln! Falls es Ihnen ähnlich ergeht, sind Sie gewiss keine Ausnahme.

Video | Franz Beckenbauer: Seine wichtigsten Stationen
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Quelle: reuters

Aber wissen Sie was? Es gibt diese Ausnahmepersönlichkeiten auch heute, man muss sie nur sehen wollen. Vielleicht im Moment nicht in der Nationalmannschaft und auch eher nicht im Kanzleramt. Aber unser Land ist voller Koryphäen, sei es in den Universitäten und Instituten oder in den Unternehmen. Deutschland hat immer noch ein gewaltiges Potenzial, auch dank so vieler Autoritäten und so vieler Talente, die zu Autoritäten reifen können.

Hören wir deshalb lieber auf, die Vergangenheit zu verklären und die Gegenwart zu schmähen. Schauen wir lieber, in welchem Vorstadtverein der nächste Beckenbauer kickt und welcher Politiker eine Idee hat, die vielleicht noch nicht ausgegoren, aber doch vielversprechend klingt. Das Land braucht dringend einen Modernisierungsschub, schon richtig. Aber der wird uns mit Optimismus leichter fallen als mit Nörgelei. Ich bin sicher: Der Franz hätte das genauso gesehen.


Was steht an?

In Deutschland herrscht Regierungskrise – in Frankreich ist die Regierung gescheitert: Premierministerin Élisabeth Borne hat bei Präsident Macron ihren Rücktritt eingereicht. Hintergrund ist der Streit über das verschärfte Einwanderungsrecht. Da kann man schon den Eindruck gewinnen, überall sei Krise.


Wirtschaftsminister Robert Habeck steht im Kreuzfeuer der Treckerfahrer. Da wird ihm etwas Abwechslung gelegen kommen: Er bricht auf zu einer Reise in den Golfstaat Oman. Nicht der Muße wegen, sondern weil das sonnige Land eine wichtige Rolle bei Solarkraft und Wasserstoff spielen kann. Die braucht Deutschland dringend, wenn es noch was werden soll mit der Energiewende. Anschließend jettet Habeck weiter nach Saudi-Arabien, Israel und ins Westjordanland.


Auch Außenministerin Annalena Baerbock ist im Nahen Osten unterwegs. In Ägypten lotet sie Chancen für Auswege aus dem Gazakrieg aus. Zuvor hat sie von Israel gefordert, beim Kampf gegen die Hamas-Terroristen palästinensische Zivilisten zu verschonen.


Gesundheitsminister Karl Lauterbach trifft sich mit Hausärzten. Für sie sollen Honorar-Obergrenzen und einige absurde Bürokratieregeln aufgehoben werden. Viele Ärzte haben vor dem Jahreswechsel gestreikt.


Apropos Medizin: Die Dresdner Uniklinik führt heute eine wegweisende Behandlungsmethode ein. Mithilfe eines wissenschaftlichen Prototyps für die MRT-geführte Protonentherapie soll es künftig möglich sein, die Bestrahlung von Krebspatienten exakter auszuführen. Das könnte viele Leben retten.


Auf den Autobahnen stehen die Trecker, auf den Schienen stehen die Züge: Morgen dürfte es sehr ruhig im deutschen Verkehrsnetz werden. Das Frankfurter Arbeitsgericht hat den geplanten Streik der Lokführer genehmigt.


In Washington muss Donald Trump vor einem Berufungsgericht erscheinen. Es geht um die Frage, ob er wegen seines Putschversuchs bei der Präsidentschaftswahl 2020 auf Bundesebene strafrechtlich verfolgt werden kann – oder ob er durch seine Immunität als Ex-Präsident geschützt ist.


Im Eurojackpot liegen sage und schreibe 120 Millionen Euro. Der bisherige Rekordgewinn könnte eingestellt werden, vielleicht kann wieder ein Glückspilz aus Deutschland den Topf knacken. Ganz so viel bräuchte ich nicht, aber was sich mit ein paar Milliönchen anstellen ließe, wüsste ich schon.


Ohrenschmaus

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Kennen Sie das: 30 Sekunden Musik genügen, um Ihnen genug Energie für den ganzen Tag in die Glieder zu jagen? Nur wenige Genies können solche Rhythmen spielen, ein Mann jedoch hat jahrelang eine Energiespritze nach der anderen aus dem Handgelenk geschüttelt: "Black Dog", "Rock and Roll", "Whole Lotta Love", "Communication Breakdown", "Immigrant Song" und natürlich "Stairway to Heaven" sind die bekannteren, aber es gibt noch viele weitere. Wenn nötig, zupfte er auf 18 Saiten gleichzeitig, kein Problem. Wenn von den bedeutendsten Gitarristen der Musikgeschichte die Rede ist, fallen Namen wie Chuck Berry, Jimi Hendrix, Eric Clapton oder Jeff Beck. Die sind zweifellos alle groß und wunderbar. Aber ganz oben auf dem Thron sitzt ein anderer: Heute begeht Led-Zeppelin-Gründer Jimmy Page seinen 80. Geburtstag. Und wir hören uns zur Feier des Tages seinen größten Song in einer Liveaufnahme an, die man wirklich legendär nennen darf.


Lesetipps

Der Bauernprotest beeinträchtigt Verkehr und Versorgung massiv. Ist die Wut auf die Ampelregierung gerechtfertigt? Unser Wirtschaftschef Florian Schmidt hat eine klare Meinung.



Was halten t-online-Leser von Sahra Wagenknechts neuer Partei? Mein Kollege Mario Thieme hat einige Stimmen zusammengefasst.


War es gerecht, Franz Beckenbauer nach dem Sommermärchen-Skandal ins Bodenlose fallen zu lassen? Unser Kolumnist Gerhard Spörl erinnert sich an wahre Sternstunden.


Das historische Bild

Die Nasa will bald wieder Menschen auf den Mond schicken. Robert Goddard leistete 1926 einen wichtigen Beitrag, dass dies überhaupt möglich ist.


Zum Schluss

Endlich gibt es eine Lösung für das Bauernproblem!

Ich wünsche Ihnen einen gelungenen Tag.

Herzliche Grüße und bis morgen

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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