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Kanzler Olaf Scholz auf wichtiger Reise: Treffen in Addis Abeba


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Tagesanbruch
Eine wichtige Reise

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 04.05.2023Lesedauer: 5 Min.
Kanzler Scholz reist nach Ostafrika, Außenministerin Baerbock war kürzlich dort.Vergrößern des Bildes
Kanzler Scholz reist nach Ostafrika, Außenministerin Baerbock war kürzlich dort. (Quelle: Michele Tantussi/REUTERS)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

je weiter entfernt ein Ereignis stattfindet, desto geringer ist das Nachrichteninteresse. Das ist kognitiv verständlich, aber klug ist es nicht. In der globalisierten Welt kann ein Sack Reis, der in China umfällt, ein Beben in Deutschland auslösen. Und wenn in Afrika ein Staat kollabiert, dauert es nicht lange, bis uns die Erschütterungen auch hierzulande erreichen. So wie jetzt. Unter den Flüchtlingen, die zu Tausenden an der nordafrikanischen Küste in Schlauchboote steigen, sind immer mehr Sudanesen. Bis vor Kurzem galt ihr Heimatland als Hoffnungsträger der afrikanischen Demokratiebewegung – nun schießen dort zwei Warlords aufeinander, sind Europäer panisch ausgeflogen worden, fürchten Hunderttausende um Leib und Leben und flüchten gen Norden.

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Im Sudan droht sich eine Katastrophe zu wiederholen, die schon Äthiopien ereilte: Auch dieses ostafrikanische Land galt als progressiv und stabil, bis der Präsident auf die Idee kam, das Problem der aufmüpfigen Tigray-Minderheit ein für alle Mal zu beseitigen. Hunderttausende fielen dem Gemetzel zum Opfer, ungezählte Flüchtlinge machten sich auf den Weg nach Norden. Viele fristen nun in italienischen Lagern, französischen Banlieues oder deutschen Aufnahmezentren ihr Dasein.

Doch es gibt nicht nur Schatten in Afrika. Der Kontinent mit seiner rasant wachsenden Bevölkerung entwickelt sich wirtschaftlich und gesellschaftlich; immer mehr fähige Politiker und Diplomaten bemühen sich um friedliche Lösungen für die aufflammenden Konflikte. Auf Bevormundung durch westliche Besserwisser reagieren sie allergisch, aber partnerschaftliche Unterstützung auf Augenhöhe ist vielerorts willkommen.

Deshalb ist die dreitägige Reise so wichtig, zu der Olaf Scholz heute aufbricht: Am Nachmittag wird der Bundeskanzler in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba erwartet, wo er Ministerpräsident Abiy Ahmed trifft. Das ist der Mann, der einst als Hoffnungsträger galt, dann das Gemetzel anzettelte, aber unter Druck zur Vernunft zurückgefunden zu haben scheint: Seit November ist der Krieg zu Ende, der Friedensprozess macht Fortschritte. Dabei helfen die 55 Staaten der Afrikanischen Union, die in Addis Abeba ihren Hauptsitz hat.

Auch im sudanesischen Konflikt vermittelt die Union: Heute tritt dort eine siebentägige Waffenruhe in Kraft, immerhin. Die Feuerpause gilt als Voraussetzung, damit Armee und Paramilitärs über einen dauerhaften Frieden verhandeln. Dass der deutsche Kanzler genau in diesem Moment in der Region auftaucht, wird dort aufmerksam wahrgenommen. Nicht, weil man sich von ihm oberschlaue Ratschläge erhofft, sondern weil man sich dringend ehrliche Angebote für mehr wirtschaftliche Investitionen und den Zugang zu europäischen Märkten wünscht. Das fruchtet. Die europäischen Staatenlenker beginnen zu begreifen, dass es nicht nur egoistisch, sondern auch dumm ist, die eigenen Märkte abzuschotten, während man Afrika mit Billigprodukten überschwemmt. Nur wenn die Mehrzahl der Afrikaner ein halbwegs anständiges Leben zu führen vermag, kann Europa sich davor wappnen, dass regionale Konflikte immer wieder über das Mittelmeer hinüberschwappen.

Das gilt auch für Kenia, wohin der Kanzler morgen weiterreist. Der 53-Millionen-Einwohner-Staat ist Deutschlands größter Handelspartner in Ostafrika. Die Ampelregierung sieht dort großes Potenzial und will mit der Regierung von Präsident Ruto eine "Energie- und Klimapartnerschaft" schließen: Dank Geothermie deckt Kenia bereits 90 Prozent seines Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien, bald dürften es 100 Prozent sein. Nun steigt das Land in die Produktion von grünem Wasserstoff ein, der auch nach Deutschland exportiert werden könnte. Es locken Geschäfte, Perspektiven, Wohlstand.

Die Voraussetzung für all die hochfliegenden Zukunftspläne ist jedoch Stabilität. Und die ist in Kenia akut gefährdet. Falls Sie den Tagesanbruch regelmäßig lesen, werden Sie vielleicht meine Berichte aus Ostkenia verfolgt haben. Der Klimawandel verändert die einst fruchtbare Region in eine Steppenlandschaft, in der Millionen Tiere verdursten und Hunderttausende Kinder Hunger leiden. Zwar hat es dort in den vergangenen Wochen geregnet – aber nicht kontinuierlich, sondern sturzflutartig. Das Wasser überschwemmte die ausgetrockneten Böden, riss Hütten und Ernten mit sich, 25.000 Menschen mussten fliehen. Nun brennt die Sonne wieder vom Himmel und die nächste Dürre bahnt sich an: Schon 4,4 Millionen Menschen haben zu wenig zu essen, die Vereinten Nationen warnen, dass in den kommenden sechs Wochen eine weitere Million hinzukommt.

Tom Amolo arbeitet für das UN-Kinderhilfswerk Unicef in Garissa im Osten Kenias. Dort traf ich ihn im Dezember, nun habe ich ihn angerufen und nach der aktuellen Situation gefragt. "Die Lage hat sich verschlimmert", berichtet er. "Die Tiere haben immer noch nicht genügend Futter, deshalb können sich viele Familien nicht mehr ernähren. Die Sturzfluten haben die Brunnen verunreinigt, nun grassiert die Cholera. Wir brauchen dringend Chemikalien zur Wasserreinigung, sonst wird es richtig schlimm."

Ob denn Hilfe in der Region ankomme, habe ich Tom gefragt. Seine Antwort macht mir Hoffnung: Die Spendenbereitschaft sei gestiegen, deshalb könne Unicef zahlreiche Projekte finanzieren, erzählt er. Die Helfer säubern Brunnen, legen Wasserleitungen, versorgen mangelernährte Kinder, beraten Mütter. "Obwohl sich die Lage ähnlich heikel entwickelt wie während der Hungerkrise 2011, ist die Kindersterblichkeit heute deutlich geringer", sagt Tom. "Darauf können wir stolz sein." Ich denke: Mit "wir" dürfen sich auch alle Spender gemeint fühlen.


Kiew, Kanzler, Krone

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will im Mai nach Deutschland kommen. Doch die Regierung in Kiew ist darüber verärgert, dass der Besuch publik wurde – und erwägt, die Reise platzen zu lassen, wie meine Kollegen Daniel Mützel und Tobias Eßer erfahren haben.

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Gerhard Schröder war mal Kanzler. Dann war er Putins gut bezahlter Kumpel. Das wollte er auch nach dem russischen Überfall auf die Ukraine bleiben. Deshalb entzog ihm der Haushaltsausschuss des Bundestages das Anrecht auf Büro und Mitarbeiter. Dagegen klagt Schröder, heute verhandelt das Verwaltungsgericht in Berlin.

Die amerikanische Notenbank Fed hat den Leitzins abermals erhöht. Heute könnte die Europäische Zentralbank folgen. Präsidentin Christine Lagarde will ihre Entscheidung am Nachmittag erklären.

Obwohl es für die meisten Menschen keine Rolle mehr spielt, ist Corona immer noch da. Heute beraten Experten im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation darüber, ob der Gesundheitsnotstand aufgrund der Pandemie aufrechterhalten werden soll.

Am Samstag steht London Kopf: Charles III. bekommt ein Krönchen aufs graue Haupt. Vor der Zeremonie in der Westminster Abbey werden allerlei Vorbereitungen getroffen und Aufgeregtheiten ausgelebt. Können Sie alles bei meinen Kollegen aus dem Unterhaltungsressort nachlesen.


Ohrenschmaus


Lesetipps

Führt Robert Habeck sein Ministerium wie einen Familienclan? Unser Hauptstadtreporter Johannes Bebermeier gibt Ihnen Einblick in das grüne Machtsystem.


Der Drohnenangriff auf den Kreml sorgt für Spekulationen: Haben die Ukrainer einen Anschlag auf Russlands Diktator geplant? Noch sind viele Fragen offen, aber eine Schlüsselfigur in Putins Clique muss nun um ihren Job bangen, berichtet mein Kollege David Schafbuch.


Nicht nur in der Klubführung des FC Bayern, auch in der Mannschaft herrscht ein Machtvakuum. Unser Reporter Julian Buhl zeigt Ihnen, wer sich zum neuen Kapitän aufschwingen kann.



Zum Schluss

Manche Leser wünschen sich mehr gute Nachrichten.

Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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