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Nach dem Erdbeben in Syrien: Die Katastrophe in der Katastrophe


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Tagesanbruch
Diese Bilder sind eine Schande

  • David Schafbuch
MeinungVon David Schafbuch

Aktualisiert am 17.02.2023Lesedauer: 6 Min.
Baschar al-Assad und seine Frau Asma in einem Krankenhaus in Aleppo: Die Stadt hatte der syrische Machthaber einst bombardieren lassen.Vergrößern des Bildes
Baschar al-Assad und seine Frau Asma in einem Krankenhaus in Aleppo: Die Stadt hatte der syrische Machthaber einst bombardieren lassen. (Quelle: YAMAM AL SHAAR)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

wenn irgendwo plötzlich eine Krise ausbricht, dann zeigen unsere Entscheider Präsenz. So war es schon immer. Egal, ob Hochwasser, Wirbelsturm oder Terroranschlag: Die Lenker unserer Regierungen wollen in der Regel möglichst schnell vor Ort sein.

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Strenggenommen können die Politiker dort wenig ausrichten. Sie schleppen keine Sandsäcke, sie fahnden nicht persönlich nach Terroristen oder suchen die Ziegel der abgedeckten Häuser wieder zusammen. Aber wenn der Auftritt im Krisengebiet gelingt, sorgt das bisweilen für einen Popularitätsschub.

Ein spezieller Fall ist aber der Auftritt des syrischen Machthabers Baschar al-Assad in Aleppo. Nachdem das schwere Erdbeben vor elf Tagen in der Türkei auch Teile Syriens schwer getroffen hatte, ließ sich Assad einige Tage später in der Stadt blicken, die ebenfalls von den Beben erwischt wurde. Fotos seiner Reise zeigen ihn, wie er inmitten einer Menschenmenge zwischen Trümmern Interviews gibt. Andere Bilder zeigen, wie er zusammen mit seiner Frau in einem Krankenhaus mit verletzten Kindern spricht.

Mitfühlend soll das wirken, doch in Wahrheit sind diese Bilder nichts weiter als eine Schande. Aleppo ist die Stadt, die Assad in seinem Krieg gegen das eigene Volk einst fast vollständig zerbombt hatte. Fleißige Unterstützung erhält er bis heute von Truppen aus Russland und dem Iran. Bis zum vergangenen Sommer hatte der syrische Machthaber seit rund zehn Jahren keinen Fuß mehr in die Stadt gesetzt – und gerade dort mimt er jetzt den großen Staatsmann.

Ein Bürgerkriegsland wird zum Erdbebenopfer. "Wir stehen vor einer Katastrophe, die schlimmer ist als die Tage des Krieges", beschreibt eine Frau aus Aleppo der Nachrichtenagentur dpa die Situation. Streng genommen ist sie eine Katastrophe in der Katastrophe. Nach Angaben der Vereinten Nationen soll jedes dritte Haus in der Stadt durch das Erdbeben zerstört worden sein. Bereits 13.000 Menschen sollen in Notunterkünften leben, die Schulen und Moscheen bieten angeblich keine Plätze mehr. Die vielen Obdachlosen müssen im Freien ausharren. Nachts liegen die Temperaturen in Aleppo im Moment um den Gefrierpunkt – und nicht nur dort stehen die Menschen schon wieder vor dem Nichts. Mehr als fünf Millionen Syrer sollen durch das Beben ihr Zuhause verloren haben, mehr als 5.900 sollen laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO die Katastrophe nicht überlebt haben.

"Jetzt zählt nur noch eins: Schnelle Hilfe", hatte ich im Tagesanbruch einen Tag nach dem Beben geschrieben. In der Türkei mag die Situation mit Zehntausenden Toten weiter extrem schwierig sein, in Syrien ist sie wohl nahezu aussichtslos: Elf Tage nach dem Beben lässt sich leider nur sagen, dass es zwar viele Hilfsangebote gibt, aber kaum etwas bei den Menschen ankommt, die es am dringendsten benötigen.

Syrien ist durch den Krieg zersplittert. Nicht nur Assad, sondern auch verschiedene andere Gruppen haben Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. Das behindert offenbar das Durchkommen von Hilfsgütern. Im Rebellengebiet im Nordwesten soll es etwa gar keine Unterstützung aus Regierungskreisen geben.

Geöffnet hat Assad zwar drei Grenzübergänge aus der Türkei, doch auch von dort kommt offenbar viel zu wenig durch. Die Laster brachten zu Beginn vor allem tote Landsleute zurück in ihre Heimat. Millionen waren in den letzten Jahren in die Türkei geflüchtet, viele fanden dort durch das Beben den Tod. Wo die Hilfsgüter gelandet sind, die 110 Flugzeuge angeblich bereits in die von Assad kontrollierte Hauptstadt Damaskus befördert haben? Werden wir wohl nie erfahren.

"Wir benötigen umfassenden Zugang von beiden Seiten", forderte jüngst ein Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation WHO. Laut den Vereinten Nationen seien allein für Syrien Hilfsgelder von 372 Millionen Euro notwendig. t-online hat eine Liste von Organisationen zusammengestellt, die Spenden für die Erdbebenopfer sammeln.

Zu lange schon hat die Weltöffentlichkeit das Leid in Syrien mitangesehen – und doch wurde nie etwas unternommen, um es wirklich zu stoppen. Dass nun auch noch ein Erdbeben das vom Krieg schwer gezeichnete Land weiter quält, wirkt in Europa für viele wohl nur noch wie eine Randnotiz.

"Was soll man sagen. Die Welt hat uns wie immer aufgegeben. Wir haben alles verloren", sagte ein Anwohner aus der Kleinstadt Dschindiris der dpa mit zittriger Stimme am Telefon. Grundsätzlich gebannt ist die Gefahr auch noch nicht: Die Behörden warnen vor möglichen schweren Nachbeben. Ein solches löste gestern in der Küstenstadt Latakia Panik aus. Dort haben bereits 140.000 Menschen ihre Häuser verloren – und an eine Pause der Kampfhandlungen ist trotz des Bebens nicht zu denken: Mehrfach wurden Angriffe der Türkei auf die Erdbebengebiete im Norden Syriens gemeldet, die von Kurden kontrolliert werden. Und Assad? Der zog bei einer gestrigen Fernsehansprache einen Vergleich, der zynischer nicht sein könnte: Die Erfahrungen mit seinem Bürgerkrieg hätten die Syrer darauf vorbereitet, auch mit dem Erdbeben umzugehen.


Sicherheit zuerst

Vieles wird anders sein auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die ab heute zum 60. Mal einige der mächtigsten Personen der Welt empfängt: Der ehemalige Merkel-Berater Christoph Heusgen hat den langjährigen Leiter Wolfgang Ischinger abgelöst. Gar nicht eingeladen ist diesmal ein Vertreter der russischen Regierung. "Ein bloßes Forum für Propaganda wollen wir jemandem wie Sergej Lawrow aber nicht bieten", sagte Heusgen kürzlich t-online.

Trotzdem wird Putins Krieg in der Ukraine wohl das alles beherrschende Thema sein. Ganz ohne Vertreter aus dem Land kommt die Veranstaltung aber nicht aus: Anwesend werden etwa die bekannten Kremlkritiker Garri Kasparow und Michail Chodorkowski sein. Ebenfalls zugesagt haben unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron oder die US-Vizepräsidentin Kamala Harris.

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Ein Kämpfer ist gegangen

Er hatte schon lange gewusst, dass sein Leben zu Ende geht. "Heilung wird es bei mir nicht mehr geben. Mein Krebs ist zu aggressiv" sagte Ex-Stabhochspringer Tim Lobinger vergangenen Oktober der "Bild".

Als Sportler war Lobinger eines der Aushängeschilder der deutschen Leichtathletik. Als erster Deutscher sprang er über die Marke von sechs Metern, wurde neun Mal deutscher Meister sowie Welt- und Europameister in der Halle.

Doch nach seiner Karriere litt er jahrelang an Leukämie – und ging damit offen um. "Die Krankheit kommt mir vor wie ein riesiges Lotteriespiel, und ich kann nur hoffen, dass mein Schutzengel die richtigen Zahlen zieht", schrieb er 2018 in seinem Buch "Verlieren ist keine Option". Einen Auszug davon lesen Sie hier.

Am Donnerstag ist Tim Lobinger nach langer Krankheit im Alter von 50 Jahren verstorben.


Was steht an?

Streiks überall: Wer seinen Flug für heute noch nicht umgebucht hat, könnte Probleme bekommen. In Frankfurt, München, Stuttgart und Hamburg wird der Passagierbetrieb wegen Streiks komplett eingestellt. Einschränkungen soll es auch in Dortmund, Bremen und Hannover geben. Betroffen davon sind rund 300.000 Passagiere von 2.340 Flügen.

Wer will mit wem? Nach der Berlinwahl beginnen die ersten Sondierungsgespräche darüber, wie die künftige Landesregierung aussehen soll. Wahlsieger Kai Wegner und die CDU wollen zunächst mit der SPD der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey sprechen. Anschließend berät sich die CDU mit den Grünen von Bettina Jarasch.

Ein Manöver vor der Küste: Allzu scharfe Worte gegenüber Russland waren aus Südafrika zuletzt nicht zu hören. Vor der Hafenstadt Durban beginnt heute eine gemeinsame zehntägige Marineübung beider Staaten. Als dritter Partner nimmt China teil.


Was lesen?

"Haben Sie keine Angst, ich bin noch kein Leopard", sagte der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev zu Beginn seines Redaktionsbesuchs bei t-online in dieser Woche. Wie er auf deutsche Waffenlieferungen, die Situation in seiner Heimat und Briefe von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer blickt, hat er meinen Kollegen Clara Lipkowski und Daniel Mützel verraten.


Ein Briefwechsel in scharfem Tonfall legt das Verhältnis zwischen Christian Lindner und Robert Habeck offen. Der Streit wird zur Belastung der Ampelregierung, schreiben unsere Reporter Tim Kummert und Johannes Bebermeier.


Robert Wadlow war ein wahrer Hüne mit mehr als 2,70 Meter Körpergröße, sein Wuchs allerdings Folge einer Erkrankung. Hier erfahren Sie mehr.


Für manche ist Trump schon Vergangenheit. Im Kampf um seine Kandidatur aber läuft sich der Ex-Präsident jetzt warm. Um seine Gegner zu zerstören, ist ihm fast jedes Mittel recht. Über die parteiinternen Kämpfe der Republikaner berichtet unser USA-Korrespondent Bastian Brauns.


Was amüsiert mich?

Heute fasziniert mich eher jemand, nämlich einer der größten Sportler, den es je gegeben hat. Warum? Das sehen Sie in diesem Video. An dieser Stelle: Alles Gute zum 60. Geburtstag, Michael "Air" Jordan!

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Freitag. Am Wochenende hören Sie den Tagesanbruch-Podcast meiner Kollegen Lisa Fritsch, Florian Harms und Patrick Diekmann.

Herzliche Grüße,

Ihr

David Schafbuch
Redakteur Politik und Panorama
Twitter @Schubfach

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Mit Material von dpa.

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