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Pflegenotstand: Verzweifelter Altenpfleger ruft Feuerwehr – wird entlassen


"So etwas habe ich noch nie erlebt"
Pfleger ruft verzweifelt die Feuerwehr – und wird entlassen

Von dpa, raf, lw

Aktualisiert am 27.04.2024Lesedauer: 3 Min.
Ein Pfleger im Seniorenheim (Symbolbild): Die Betreiber wiesen die Vorwürfe von sich.Vergrößern des Bildes
Ein Pfleger im Seniorenheim (Symbolbild): Die Betreiber wiesen die Vorwürfe von sich. (Quelle: IMAGO/Ute Grabowsky/photothek.de/imago-images-bilder)

Macht das jetzt Schule? Vor ein paar Tagen ein Pflege-Notfall in Berlin, diesmal in Schleswig-Holstein: Wieder muss die Feuerwehr kommen, um die Patienten zu versorgen.

Gegen 2 Uhr am Mittwochmorgen sind die Rettungskräfte der Feuerwehr zu einem Seniorenheim in Bark im Kreis Segeberg (Schleswig-Holstein) gerufen worden. Pfleger Nico S. sollte sich als einziger Helfer um 45 zum Teil kranke Senioren kümmern. Dazu sah sich der 33-Jährige nicht fähig, sagte er der "Bild"-Zeitung: "Ich habe die 112 gerufen, weil ich aufgrund fehlender Materialien nicht mehr in der Lage war, die Bewohner zu versorgen."

Patienten hätten sich eingenässt und in ihren Exkrementen gelegen, weil keine benötigten Einlagen mehr im Haus waren. Der Pfleger gibt an, die Leitung über den Einlagen-Mangel informiert zu haben. Eine Reaktion sei nicht erfolgt. Der Pfleger sagte: "Ich bin seit 13 Jahren ausgebildeter Pfleger, aber so etwas habe ich noch nie erlebt."

Körperliche Beschwerden

Auf den Stress reagierte er nach eigener Aussage selbst mit körperlichen Beschwerden und musste vom gerufenen Rettungsdienst in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Damit sei das Heim unbesetzt gewesen, berichtete ein Pressesprecher des Rettungsdienstes. Die Heimleitung sei nicht erreichbar gewesen.

Daraufhin mobilisierte der Rettungsdienst das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und den Katastrophenschutz. Auch Notarztwagen der Feuerwehr waren im Einsatz, um die Versorgung der 45 Senioren sicherzustellen. Bewohnerinnen und Bewohner des Heims wurden ab etwa 2 Uhr morgens vorübergehend von etwa 80 alarmierten Einsatzkräften betreut.

Zwei pflegebedürftige Menschen

Weil die Lage zunächst nicht einzuschätzen war, seien mehrere Ortsgruppen informiert worden, weshalb insgesamt 80 Ehrenamtliche zusammenkamen. Die Rettungskräfte hätten zunächst den Gesundheitszustand der Bewohnerinnen und Bewohner klären müssen, sagte Mandel. Dabei habe der leitende Notarzt festgestellt, dass bei zwei Menschen akuter Pflegebedarf bestanden habe. Diese seien aber vor Ort versorgt worden.

Nachdem sich die Situation der Bewohnerinnen und Bewohner geklärt hatte, sei der Großteil der ehrenamtlichen Helfenden gegen 4 Uhr abgerückt und nur noch etwa zehn Kräfte bis zum Eintreffen der Frühschicht gegen 6 Uhr dort geblieben.

Betreiber widerspricht

Wie der NDR berichtete, zeigte sich die Heimleitung irritiert von dem Großeinsatz, weil in der Nacht eine zweite Fachkraft vor Ort gewesen sei. Nach Mandels Angaben war diese Person jedoch nicht im Dienst, sondern habe sich in der Ruhephase befunden. "Da hat unser Führungsdienst gesagt: Den können wir hier nicht einsetzen und den können wir nicht für 45 Leute hier verantwortlich mit den Herrschaften zurücklassen."

Die stb-care Holding GmbH betreibt das Heim seit 1. März. Vonseiten des Betreibers hieß es: Die Pflegekraft der Zeitarbeitsfirma sei im Haus gewesen und habe dem Rettungsdienst auch angeboten, den Nachtdienst zu Ende zu führen. Dies hätten die Rettungskräfte aber nicht in Anspruch genommen. Eine Nacht-Betreuung durch eine einzelne Person sei der Pflegestufe der Bewohner entsprechend, so die Leitung.

Zuletzt ähnlicher Vorfall in Berlin

Nach dem Vorfall in der Nacht ist Nico S. nun offenbar entlassen worden. Ihm sei Hausverbot erteilt worden, weil er nicht richtig reagiert habe, bestätigte die Pflegedienstleitung des Hauses. Der andere Pfleger habe sich bemerkbar gemacht. Nico S. konterte, die andere Person hätte das fehlende Material auch nicht ersetzen können.

All dies erinnert an einen Vorfall in einer Pflegeeinrichtung in Berlin. Hier sah sich eine Pflegekraft gezwungen, Mitte April den Notruf zu wählen, da kein Personal zur Ablösung erschienen war. Die Versorgung der 142 Heimbewohner mit Pflegestufen 1 bis 5 stand damit kurzzeitig auf dem Spiel.

Verwendete Quellen
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