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Aschaffenburg: Wie die Mutter vom Tod ihres Sohnes erfuhr


Messerangriff in Aschaffenburg
"Dein Kind ist gestorben": So erfuhr die Mutter vom Tod ihres Sohnes

Von t-online, mtt

23.01.2025 - 16:33 UhrLesedauer: 3 Min.
imago images 0797008834Vergrößern des Bildes
Eine Trauende am Tatort: Zahlreiche Menschen haben ihr Entsetzen über die Tat zum Ausdruck gebracht. (Quelle: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Florian Wiegand/imago)
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Ein 28-Jähriger greift eine Kindergartengruppe an, ein Zweijähriger stirbt. Kurz darauf will seine Mutter ihren Sohn abholen – und gerät in den Polizeieinsatz.

In Aschaffenburg hat ein Mann in einem Park eine Kindergartengruppe mit einem Messer attackiert. Er tötete einen zweijährigen marokkanischen Jungen sowie einen 41-jährigen Passanten, der die Kinder schützen wollte. Ein zweijähriges syrisches Mädchen und ein 72-jähriger Mann überlebten schwer verletzt.

Am Tag danach strömen Trauernde zum Tatort, zünden Kerzen an und legen Kuscheltiere ab. Aschaffenburg steht unter Schock, während Politiker in markigen Worten über Tat und Täter sprechen. Unterdessen liegt im "Kindernest Grenzenlos" noch das Lieblingsspielzeug des getöteten Zweijährigen. Und die Mutter des Jungen berichtet darüber, wie sie vom Tod ihres Sohnes erfuhr.

Im Interview mit RTL erzählte sie, dass sie ihren Sohn Yannis am Mittwochmorgen gegen 9 Uhr in der Betreuungseinrichtung abgegeben habe. Der Aschaffenburger Verein "Grenzenlos" kümmert sich in vielfältiger Weise um Menschen, die von Armut betroffen sind. Unter anderem verteilen die Helfer jeden Tag tonnenweise gespendete Lebensmittel. Für vier Euro können Bedürftige zudem ihre Kinder vormittags betreuen lassen, wenn sie einmal Zeit für sich brauchen oder den Kindern Kontakt zu Gleichaltrigen ermöglichen möchten.

Video | Zwei Tote nach Messerangriff in Aschaffenburg
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Dieses Angebot nutzte die Mutter von Yannis am Mittwoch: Sie brachte den Zweijährigen in die Gruppe, während sie sich zu Hause um den vierjährigen Bruder des Kindes kümmerte, der krank war.

Plötzlich waren überall Sirenen zu hören

Um kurz nach 12 Uhr wollte sie Yannis wieder vom "Kindernest" abholen. Aber die Gruppe war nach draußen an die frische Luft gegangen und noch nicht wieder zurück. "Komm, wir gehen und suchen deinen Bruder", habe sie daraufhin ihrem vierjährigen Sohn gesagt, berichtete die Mutter. Gemeinsam seien sie in Richtung Stadtpark Schöntal gegangen, wo sie Krankenwagen- und Polizeisirenen hörten.

Laut Polizei hatte der Täter die Kindergartengruppe gegen 11.45 Uhr in dem Park attackiert. Die Mutter fragte eigener Auskunft zufolge Polizeibeamte, was los sei. Doch die hätten ihr nichts sagen wollen.

Video | Entsetzen nach Messerangriff von Aschaffenburg
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Quelle: reuters

Kurz darauf seien Beamte zum "Kindernest" gekommen. Dann seien ihre anwesende Schwester und ihr vierjähriger Sohn gebeten worden, zu gehen. In dem Moment sei ihr klar geworden, dass Yannis nicht mehr am Leben war, sagte die Mutter RTL. In einem separaten Raum sei sie von einer Sozialarbeiterin betreut worden. Ihr sei gesagt worden: "Dein Kind ist gestorben."

Täter war mehrfach in psychiatrischen Einrichtungen

Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen afghanischen Staatsangehörigen, dessen Asylantrag im Juni 2023 abgelehnt worden war. Nach den Regeln des Dublin-Verfahrens hatte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) eine Abschiebung nach Bulgarien angeordnet, den bayerischen Behörden aber laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) "aufgrund welcher Fehler und Probleme auch immer" erst einen Monat später Bescheid gegeben. Wenige Tage später lief die Frist ab, innerhalb derer die Abschiebung rechtens gewesen wäre.

Der Afghane blieb – und sorgte immer wieder für Ärger. Laut Polizei war er "psychisch vorbelastet und trat mehrfach polizeilich in Erscheinung". Unter anderem fiel er laut Innenminister Herrmann dreimal wegen Gewalttaten auf. Deshalb sei er jeweils zur psychiatrischen Behandlung in Einrichtungen eingewiesen worden, dann aber wieder entlassen worden. In der Unterkunft des 28-Jährigen seien entsprechende Medikamente gefunden worden.

"Das ist Teil des Problems"

Der bayerische Flüchtlingsrat teilte t-online mit, den mutmaßlichen Täter und seine Geschichte nicht zu kennen. Auch seine Unterkunft in Alzenau, rund 20 Kilometer von Aschaffenburg, sei den Helfern nicht bekannt: "Und das ist Teil des Problems", meint Stephan Dünnwald vom Flüchtlingsrat.

Video | Söder zu Konsequenzen nach Bluttat in Aschaffenburg
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Quelle: t-online

Der Helfer weist darauf hin, dass Migranten in Bayern regelmäßig in dezentralen Unterkünften untergebracht würden, "die oft irgendwo am Rande der Gemeinden sind, wo es wenig Beratung gibt, wenig Sprachkurse, wenig Angebote der Teilhabe an dieser Gesellschaft". Zugleich habe die bayerische Politik viele Ehrenamtliche "erschöpft und vergrault". Die Folge sei, dass in vielen Unterkünften Geflüchtete allein gelassen von der Gesellschaft leben würden.

"Wer mit dieser Situation nicht fertig wird, bekommt nicht ernsthaft Hilfe", kritisiert Dünnwald. "Wer Suizidgedanken äußert, kommt für ein paar Tage in die Psychiatrie, wird medikamentös behandelt und wieder entlassen."

Der Helfer warnt davor, sich nach der Bluttat von Aschaffenburg von "billigen Wahlkampfsprüchen" blenden zu lassen. Wem es wirklich um Prävention gehe, der müsse sich jetzt für eine funktionierende Früherkennung sowie ernsthafte therapeutische Angebote einsetzen. Außerdem müsse überdacht werden, ob es sinnvoll sei, "dass Geflüchtete perspektivlos über Jahre in Unterkünften festsitzen".

Einen Amoklauf könne niemand vorhersehen, betont Dünnwald. Wenn solche Gewalttaten überproportional von Geflüchteten verübt würden, "sollte man auch in der Lebenssituation Geflüchteter hier nach den Ursachen suchen".

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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