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Todesfalle Strommast: Abstürzende Vögel setzten Feld in Flammen


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Todesfalle Strommast
Abstürzende Vögel setzten Feld zum zweiten Mal in Flammen

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 28.07.2023Lesedauer: 4 Min.
Feuer durch brennende Falken: Ein Greifvogel konnte noch lebend gefunden werden.Vergrößern des Bildes
Feuer durch brennende Falken: Ein Greifvogel konnte noch lebend gefunden werden. (Quelle: Feuerwehr VG Otterbach-Otterberg/Tierrettung Kindsbach)
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Ein Vogelpaar stürzt brennend vom Himmel und löst einen Flächenbrand aus. Ein so extremer Fall wie zuletzt in der Pfalz kommt zwar selten vor, zeigt aber: Strommasten als Todesfallen sind eine unterschätzte Gefahr.

Es loderten keine großen Flammen mehr im starken Wind, die Nachlöscharbeiten liefen bereits, als eine Feuerwehrfrau etwas Merkwürdiges wahrnahm: Zwischen den Halmen am Rande der Brandfläche bewegte sich etwas. Bei näherer Betrachtung ergab sich ein klägliches Bild: ein Falke, der nur noch gehen konnte, die Federn am linken Flügel schwarze Stümpfe. "Den anderen Falken haben wir dann verkohlt gefunden", sagt Uwe Erbach, Führer des Feuerwehrzuges.

Die Feuerwehr im pfälzischen Niederkirchen nördlich von Kaiserslautern löschte in der vergangenen Woche ein Feuer, das durch die beiden Vögel ausgelöst worden war. Für Erbach war es nicht der erste Einsatz dieser Art: Am selben Strommast gab es vor rund drei Jahren schon mal ein Feuer. Damals war es ein etwas kleinerer verkohlter Körper, offenbar ein Bussard.

Naturschutzbund sammelt Fälle auf Karte

Trotz der zwei Fälle innerhalb relativ kurzer Zeit ist das Örtchen bisher nicht auf einer Karte des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) verzeichnet, auf der die Fundorte von Vögeln verzeichnet werden, die einen sogenannten Stromtod erlitten haben. Ein paar Kilometer von Niederkirchen entfernt ist ein Weißstorch vermerkt, durch dessen Körper Strom mit Tausenden Volt geflossen ist.

Greifvögel, Eulen und Störche trifft es am häufigsten. Auf der Karte sind einige Dutzend Fundorte eingezeichnet. Der größte Teil der Tiere werde aber nie entdeckt, heißt es vom Nabu. Was auch damit zu tun hat, dass sie nicht immer brennen. Und oft auch, weil die Füchse schneller sind als die Naturschützer. Es gehe um Zehntausende Vögel jährlich allein in Deutschland, so der Nabu. Bei Störchen sei der Tod durch Stromschlag die häufigste Todesursache.

Obwohl das Phänomen also durchaus verbreitet ist, gibt es viele Menschen, die von brennenden Vögeln noch nie gehört haben oder sie als Märchen abtun. Sehr skeptisch reagierte auch Jörg Kachelmann, als ihn am Wochenende der Hinweis auf einen Großeinsatz in Rostock wegen eines abgestürzten Vogels erreichte. "Respekt, Polizei, das ist zur Vermeidung von Brandstiftungsermittlungen viel origineller", schrieb er bei Twitter.

Kachelmann regt sich gerne auf, wenn es trocken ist und aus seiner Sicht abwegige Erklärungen für ein Feuer genannt werden. Schließlich stecke meistens eben doch fahrlässige oder vorsätzliche Brandstiftung dahinter, sagt Kachelmann im Gespräch mit t-online. "Nach Jahrzehnten der Räubergeschichten mit Glasscherben, Gurkengläsern, Selbstentzündung und mehr" sei es sicher logisch, zuerst mal nichts zu glauben.

In Rostock gab es sogar einen Bahnmitarbeiter, der bezeugte, dass das Tier brennend auf das angrenzende Getreidefeld gestürzt war und schnell große Teile davon in Brand setzte. "Falken fliegen auch nicht ins Feuer", sagt Feuerwehrmann Erbach, die verbrannten Federn können also nicht von einem Brand am Boden stammen.

Mittelspannungsnetz birgt die Gefahr

Die Feuerwehr in Niederkirchen hat auch einen Zeugen gesprochen, der das Falkenpaar regelmäßig mit seinem Fernglas auf dem Strommast beobachtet hat. Es handelt sich um einen kleinen Mast des Mittelspannungsnetzes. Der ist für Vögel deutlich gefährlicher als ein Mast des Starkstromnetzes, bei dem unter anderem der Abstand zwischen den Leitungen größer ist und die einzelnen Bauteile besser geschützt sind. Zumal können die Tiere auch Lichtbögen auslösen, wenn der Strom überspringt. Dafür ist nicht einmal eine Berührung nötig.

Das betrifft Tiere genauso wie Menschen. Das Phänomen ist vor allem durch traurige Fälle bekannt, wenn Menschen auf Zügen schwerste Verletzungen erleiden, weil bereits ab einem Abstand von 1,50 Meter zur Oberleitung ein sogenannter Lichtbogen entstehen kann, wenn der Strom überspringt.

Bahn meldet auch tote Eichhörnchen in Oberleitungen

Vögel auf Oberleitungen können auch der Auslöser sein, wenn es bei der Bahn zu Verspätungen durch einen Böschungsbrand kommt. Mitte Juni meldete die Feuerwehr Fulda einen Brand von 500 Metern Länge entlang der Gleise, weil eine Taube brennend herabgestürzt war. Neben Tauben und Raben seien in geringem Umfang auch kleine Säugetiere wie Eichhörnchen und Marder betroffen, räumt die Deutsche Bahn auf Anfrage ein. Sie hat im Februar 2022 eine Richtlinie mit neuen verbindlichen Vorgaben zum Vogelschutz vereinbart.

Denn durch entsprechende Konstruktionen kann das Risiko für Vögel deutlich reduziert werden. Diese sind seit 2002 für Stromleitungen im Freien auch vorgeschrieben – sowohl im Hinblick auf den Bau neuer Leitungen als auch die Nachrüstung von alten. Aber zum Ende der Übergangsfrist 2012 war ein Großteil noch nicht umgerüstet. Zudem stellte sich heraus, dass manche Umrüstung unwirksam war.

In Niederkirchen in der Pfalz befasst sich nun der örtliche Stromnetzbetreiber Pfalzwerke Netz AG mit dem zweiten tödlichen Vorfall unweit des Dorfs.* Etwas Vergleichbares ist dort nicht bekannt. Der Netzbetreiber bestätigt das frühere Ereignis, und Daten belegen auch den aktuellen Vorfall: Am 17. Juli um 18:41 Uhr wurde ein Kurzschluss registriert und eine automatische Aus- und Wiedereinschaltung der Leitung durchgeführt. Der Vorgang dauert nur Millisekunden.

Bei dem Unternehmen wird jetzt gerätselt, wie es dazu kommen kann. Ein Sprecher zu t-online: "Wir können uns bei keinem der beiden Fälle die tatsächliche Ursache erklären." Denn: Die Masten auf diesem Leitungsabschnitt entsprechen laut Unternehmen alle der aktuellen Anwendungsregel 2011 Vogelschutz an Mittelspannungsfreileitungen, die das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE als Norm erarbeitet hat. Die Masten müssten demnach aus Sicht des Unternehmens vogelsicher sein. "Wir werden diese Situation jedoch genau untersuchen und weitere Maßnahmen ableiten."

Bei den beiden Vorfällen am Mast sind nun drei Greifvögel gestorben. Denn der Falke, der mit verbranntem Flügel im ausgetrockneten Gras entdeckt wurde, konnte zwar von der örtlichen Tierrettung Kindsbach eingefangen werden und zu einem Falkner gebracht werden, berichtet Tierretungsleiter Kai Zöller. "Da ist er aber zwei Tage später gestorben."

*Der Text wurde mit der Stellungnahme das Pfalzwerke Netz AG aktualisiert.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Telefonate mit Tierrettung Kindsbach und Feuerwehr Niederkirchen
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