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Baarle: Gemeinde in zwei Ländern – die wohl skurrilste Grenze Europas


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Skurrile Folgen
Das ist die verwirrendste Grenze Europas


Aktualisiert am 19.10.2024Lesedauer: 3 Min.
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Baarle: Die Grenze verläuft hier kreuz und quer durch die gesamte Gemeinde. (Quelle: IMAGO / Andia/imago-images-bilder)

Im Örtchen Baarle verläuft die Grenze so verwirrend, dass sie auf dem Boden aufgezeichnet werden musste. Behörden und Anwohner stellt dieser Umstand regelmäßig vor Herausforderungen.

Februar 2008: In Baarle dringen niederländische und belgische Polizisten in ein Haus ein. Von der Bewohnerin hat man seit Monaten nichts mehr gehört. Und tatsächlich finden die Polizisten die Leiche der Frau in einer Truhe. Doch bevor die Ermittlungen aufgenommen werden können, rufen die Beamten erst einmal einen Vermessungsexperten.

Denn mitten durch das Haus verläuft die Grenze zwischen den Niederlanden und Belgien. In Baarle ist das ganz normal. Das belgische Baarle-Hertog besteht nämlich aus 24 separaten Landstücken. 20 davon liegen innerhalb der niederländischen Hauptgrenzen. Was steckt hinter diesen Grenzverläufen?

Zwei Hausnummern

Die Gemeinde Baarle ist in einen niederländischen Teil, Baarle-Nassau, und einen belgischen Teil, Baarle-Hertog, unterteilt. Innerhalb der belgischen Exklave liegen zudem sieben niederländische Enklaven.

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Die Folgen: Häuser, durch die eine Grenze verläuft, haben beispielsweise zwei Hausnummern – eine niederländische und eine belgische. Restaurants, die auf der Grenze liegen, hatten lange Zeit zwei Öffnungszeiten. Es gibt zwei Bürgermeister, zwei Polizeieinheiten, zwei Postämter und sogar zwei Stromnetze. Aufgrund ihres komplizierten Verlaufs ist die Grenze in der gesamten Gemeinde auf dem Boden aufgezeichnet.

Geschenk mit einem Haken

Die Geschichte von der Teilung Baarles beginnt im Jahr 1198. Um sich für die Unterstützung im Kampf gegen den Graf von Holland zu bedanken, schenkte der Herzog von Brabant, Heinrich I., dem Baron von Breda das Dorf. Heinrich I. behielt jedoch die Leibeigenschaft einiger Dorfbewohner bei. Daher entschied man sich, Baarle zu teilen.

Später gehörte das Gebiet immer wieder zu unterschiedlichen Staaten. Im 16. Jahrhundert war es Teil der Spanischen Niederlanden, im 19. Jahrhundert nahm Napoleon die Region für Frankreich ein. Einige Jahre später wurde das Königreich der Vereinigten Niederlande gegründet, zu dessen Staatsgebiet auch der gesamte Ort Baarle zählte.

Autounfall gibt entscheidenden Anstoß

Mit der Unabhängigkeit Belgiens 1839 wurde Baarle-Hertog Teil des belgischen Staatsgebiets. Die genaue Aufteilung der Gemeinden wurde damals allerdings nicht festgelegt.

Ein Autounfall in den 1950er-Jahren, von dem man nicht wusste, in welchem Land er stattfand, änderte dies. 1959 sprach der internationale Gerichtshof Belgien 14,92 Hektar Land zu.

EU-Abkommen

Im Oktober 1995 wurden schließlich die Verträge unterzeichnet, die den endgültigen Grenzverlauf innerhalb Baarles festlegen. Erst kurz zuvor hatte die EU im Juni 1995 mit dem Schengen-Abkommen ihre Binnengrenzen geöffnet. Dieses Abkommen vereinfachte die Situation in Baarle enorm. Und über die Jahre wurden auch immer mehr komplizierte Strukturen aufgebrochen.

Die Polizei teilt sich mittlerweile die Räumlichkeiten, die Feuerwehr wurde komplett zusammengelegt. Beide Rathäuser arbeiten mittlerweile eng zusammen, und auch die Einwohner profitieren von den einfachen Grenzübergängen.

Viele Geschäfte

Aber die Unterschiede prägen den Ort weiter: Niederländer kaufen beispielsweise ihr Silvesterfeuerwerk im belgischen Teil, da dieses seit 2020 in den Niederlanden verboten ist. Generell führte die Grenzsituation in Baarle dazu, dass hier so viele Geschäfte ansässig sind wie sonst in einer sechsmal größeren Stadt.

Menschen, die in Häusern wohnen, die durch die Grenze geteilt werden, können ihren Steuersitz leicht ändern – indem sie den Hauseingang auf die andere Seite der Grenze verlegen. Solange niederländische Restaurants früher schließen mussten als belgische, wechselten Gäste einfach auf die Tische der anderen Seite der Grenze, wenn die niederländische Seite schließen musste.

Flüchtiger Mörder

Und der Mord, der eingangs beschrieben wurde? Wie sich herausstellte, wurde die Leiche auf der niederländischen Seite gefunden. Allerdings ermittelten beide Länder auf ihrer jeweiligen Seite. Als die Beweisaufnahme auf belgischer Seite abgeschlossen war, übergab man den Fall komplett an die niederländischen Kollegen.

Auch der Täter war schnell gefunden. Der Ehemann der Toten hatte erzählt, seine Frau sei verreist. Die Truhe, in der die Leiche gefunden wurde, hatte er selbst, zur Aufbewahrung der Leiche gezimmert. Als ihm die Polizei auf die Schliche kam, war er jedoch bereits mit der gemeinsamen Tochter des Paares flüchtig. Mit einem internationalen Haftbefehl konnte der Mann gefasst werden, 2016 wurde er zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt.

Verwendete Quellen
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