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CDU-Vorsitz: Warum Armin Laschet jetzt die Grünen fürchten muss


Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Was heute wichtig wird
Regieren first. Inhalte second.

MeinungVon Sven Böll

Aktualisiert am 18.01.2021Lesedauer: 8 Min.
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"Gefahr, dass Aggression zunimmt": In seiner ersten Rede als CDU-Chef hat sich Armin Laschet vor allem an seine Kontrahenten gewandt. (Quelle: t-online)
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Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

heute vertrete ich Florian Harms und schreibe für Sie den kommentierten Überblick über die Themen des Tages.

WAS WAR?

Um in der Politik erfolgreich zu sein, braucht es zweierlei: Inhalte, die man durchsetzen will, und Mehrheiten, um dies auch tatsächlich zu können. So weit die Theorie. Wenn politischer Erfolg in der Praxis beurteilt wird, kommen die mit den mächtigen Ämtern allerdings in der Regel besser weg als die mit den tiefschürfenden Inhalten.

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Hauptsache regieren – mit diesem Prinzip fährt auch die CDU seit Langem gut. Die Bundesrepublik wird bald 72 Jahre alt, mehr als 50 Jahre davon saß im Kanzleramt ein Christdemokrat. Und es spricht derzeit wenig dafür, dass sich das im Herbst ändert. Es sei denn, der neu gewählte CDU-Chef Armin Laschet verzichtet doch noch zugunsten von Markus Söder auf die Kanzlerkandidatur. Dann hätte er sich den Stress der vergangenen Monate allerdings auch sparen können.

Laschet ist ein freundlicher, konsensorientierter Mann, der sich von keinem Rückschlag entmutigen lässt und gut damit lebt, dass ihn die meisten unterschätzen – worin er selbst in diesem Karrierestadium Angela Merkel ähnelt. Hinter Laschet kann sich die sogenannte Mitte der Gesellschaft gut versammeln. Er fordert fast nichts, das irgendeinen Widerspruch hervorruft.

Diese Reibung wünschen sich aber viele in der CDU. Sie wollen ein klareres Profil, ohne genau zu wissen, wie das aussehen könnte. Das zeigte sich zuletzt beim Parteitag am Samstag: Friedrich Merz war rhetorisch schwach, erzielte aber trotzdem in der Stichwahl ein erstaunlich gutes Ergebnis. Zum zweiten Mal nach dem Hamburger Parteitag 2018.

Dass sich viele CDU-Mitglieder wieder unverwechselbare Positionen ihrer Partei wünschen, ist verständlich. Denn die sind unter Angela Merkel zusehends abhanden gekommen. Wehrpflicht? Abgeschafft. Kernenergie? Ad acta gelegt. Ehe für alle? Warum denn nicht. Mindestlohn? Kann man schon irgendwie begründen. Gemeinsame Haftung für Schulden in der Euro-Zone? Müssen wir nur gucken, dass wir es nicht so nennen.

Positiv formuliert ließe sich sagen: Angela Merkel hat ihre Partei dem Zeitgeist unterworfen, als es nicht mehr anders ging. Die negative Variante lautet: Die Kanzlerin, die ihre Politik in beträchtlichem Ausmaß an Umfragen ausrichtet, hat opportunistisch gehandelt.

Die Kurzzeitvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat zwar mit der Flüchtlingspolitik das größte christdemokratische Trauma der vergangenen Jahre durch interne Diskussionsrunden aufgearbeitet. Für mehr fehlte ihr allerdings die Zeit – oder eben auch der Mut.

Es gehört zur Ironie der Kanzlerschaft Merkels, dass sie mit dem Leipziger Parteitag 2003 sogar versuchte, der CDU ein klares Profil zu geben: Ein neoliberales Fitnessprogramm für Deutschland sollte her. Doch dieses Vorhaben brachte Merkel 2005 fast um den sicher geglaubten Wahlsieg. Damals nahm sie sich vor, nie mehr zu viele Inhalte zu wagen. Dieser Schwur gipfelte 2017 in dem fast schon satirisch anmutenden Wahlkampfslogan "Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben".

Viermal hat Merkel mit ihrem unscharfen Profil Bundestagswahlen gewonnen, einmal fast die absolute Mehrheit. Zum dritten Mal regiert sie nun allerdings mit der SPD, einer klassischen Programmpartei. Sozialdemokraten können zu fast jedem Thema auf wirklich vielen Seiten sehr, sehr viele Forderungen formulieren. Oft hat ein Spiegelstrich noch diverse Unter- und Unterunterpunkte. Für Außenstehende ist das oft anstrengend, viele Genossen beglückt es.

Weil die SPD stets so viele Projekte im Angebot hatte – und gleichzeitig die innerparteilichen Kritiker befriedigen musste –, konnte sie in den Koalitionsverhandlungen mit Merkel viel durchsetzen. Mehr noch: Die Sozialdemokraten konnten den Preis fürs Mitregieren von Mal zu Mal weiter hochtreiben. Dieses "Erst viel und dann sogar immer noch mehr" ist eine Erklärung, warum so viele in der Union sich so jemanden wie Merz wünschen.

Dass Angela Merkel längst eine christdemokratische Kanzlerin ist, die sozialdemokratische Politik macht, hat aber eben auch damit zu tun, dass die Wünsche der Union stets überschaubar waren. Es gab also wenig Verhandlungsmasse. 2013 und 2017 bestand der Forderungskatalog im Wesentlichen aus der schwarzen Null im Bundeshaushalt, dem Verhindern von Steuererhöhungen – und irgendeinem bizarren Projekt der CSU wie der Ausländer-Maut.

Und in Zukunft? Ändert sich daran etwas?

Armin Laschet steht für das Merkelsche Politikverständnis – im Guten (Wir regieren) wie im Schlechten (Wir haben nicht viele Inhalte).

Das macht es für ihn so schwierig, die mit Merz verbundenen Sehnsüchte zu befriedigen. Und es könnte sich für die Partei nach der Bundestagswahl zu einem veritablen Problem auswachsen. Das liegt weder an der CSU noch an der SPD. Den Christsozialen wird schon wieder irgendetwas einfallen. Und die Sozialdemokraten wollen bloß nicht noch einmal in die Unionsgefangenschaft gehen.

Das wahrscheinlichste Szenario für die nächste Bundesregierung lautet: schwarz-grün.

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Die Grünen wollen unbedingt regieren, sie sind also im Prinzip kompromissbereit. Aber das ist nicht zwangsläufig eine gute Nachricht für die Union.

Denn die Grünen sind eben auch äußerst akribisch vorbereitet: Wie die SPD sind sie (zumindest noch) eine klassische Programmpartei. Im Bundestag und den Ländern verfügen sie über zahlreiche Fachpolitiker, die über die Parteigrenzen hinweg Ansehen genießen. Und sie haben unter anderem im Bundestag viele Mitarbeiter, die wirklich etwas von ihrer Sache verstehen, und auch auf die dritte Nachfrage noch ein schlüssig klingendes Argument liefern können.

Die Partei wird sich also nicht damit zufriedengeben, in einem Koalitionsvertrag mit der Union Schlagwörter wie Klimaschutz, Digitalisierung oder Mobilitätswende unterzubringen. Vielmehr will sie dort ausgearbeitete Konzepte verewigen.

Und es ist in Koalitionsverhandlungen wie in jedem anderen Meeting, bei dem etwas beschlossen werden soll: Wer besser vorbereitet ist, hat die besseren Karten. Entscheidend ist nicht, ob die Union die grünen Vorhaben positiv oder negativ bewertet, sondern ob sie dem Verhandlungspartner Alternativen in einer wettbewerbsfähigen Detailtiefe entgegensetzen kann.

Klar, bis zum Herbst ist noch mehr als ein halbes Jahr Zeit.

Aber bis auf Weiteres wird sich alles um die Pandemie drehen. Und auch unabhängig davon ist fraglich, wo all der inhaltliche Input herkommen soll.

Die Bundestagsfraktion der Union gilt nicht gerade als brillante Ideenschmiede. Auch die CDU-Parteizentrale sieht sich bestenfalls als verlängerter Arm des Kanzleramts für Wahlkämpfe und nicht als intellektuelles Kraftzentrum. Und der neue Parteichef hat in Düsseldorf auch nicht eine Heerschar an Mitarbeitern um sich, die vor Langeweile nicht wissen, welche Idee sie zuerst ausformulieren sollen.

Insofern ist es gut möglich, dass Laschet tatsächlich die Kontinuität der Ära Merkel verkörpert: Die CDU stellt den Kanzler, aber die Inhalte kommen im Wesentlichen vom Koalitionspartner.

Für Deutschland muss das nicht zwangsläufig schlecht sein. Innerparteilicher Frieden in der CDU wird so allerdings kaum einkehren.


WAS STEHT AN?

Wenn sich die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten am Dienstag zusammenschalten, um über die Corona-Regeln zu reden, wird es ein wenig wie am Döner-Stand zugehen. Die entscheidende Frage lautet: "Mit extra scharf?" Und die meisten Anwesenden werden wohl antworten: "Ja, bitte!"

Denn der Lockdown entfaltet trotz der seit mehr als vier Wochen geltenden strengeren Regeln noch immer nicht die erhoffte Wirkung. Und die Virusmutation aus Großbritannien, die offenbar deutlich ansteckender ist, wird sich früher oder später auch in Deutschland verbreiten.

Deshalb müssen die Zahlen schnell und deutlich runter. Dieses Mal aber wirklich. Und das geht wahrscheinlich nur mit "extra scharfen" Maßnahmen. Wie etwa der FFP2-Maskenpflicht im Einzelhandel und Nahverkehr, die ab heute in Bayern gilt.

Corona, Corona, Corona – das sind auch die drei wichtigsten Themen, um die sich Joe Biden und Kamala Harris ab Mittwoch kümmern müssen. Gegen 18 Uhr unserer Zeit werden sie als Präsident und Vizepräsidentin der USA vereidigt. Bis dahin sind es noch rund zweieinhalb Tage. Und man kann in dieser Zeit noch viel Unsinn anstellen. Zumal, wenn man auf den Namen Donald Trump hört. Hoffen wir, dass der Noch-Präsident die Stunden bis dahin einfach tatenlos absitzt oder vergolft.

Auch die weiteren Ereignisse in Russland werden uns in den kommenden Tagen beschäftigen. Kurz nach der Rückkehr in seine Heimat wurde der Kremlkritiker Alexej Nawalny am Sonntagabend festgenommen. Wie es für ihn weitergeht, ist unklar.

Am Samstag hatte Nawalny sich bei Instagram mit "Danke Freunde!" von seinen Gastgebern verabschiedet: "In all den fünf Monaten, die ich hier war, hat mich überrascht, wie sehr die Deutschen nicht den stereotypen Vorstellungen über sie entsprechen. Also, dass sie nicht lachen, keine Freundschaften eingehen...", schrieb er. "Das ist gar nicht so. Sie sind wirklich die nettesten Menschen mit einem ausgezeichneten Sinn für Humor, und sie versuchen, immer zu helfen."


Heute und morgen muss sich der italienische Regierungschef Giuseppe Conte gleich zwei Vertrauensabstimmungen stellen: zuerst in der Abgeordnetenkammer, dann im Senat. Seine Regierung war vor wenigen Tagen geplatzt, weil die Partei des früheren Premiers Matteo Renzi ihre Unterstützung entzogen hatte. Sie heißt bezeichnenderweise "Italia Viva", also in etwa: "Lebendiges Italien". Langweilig ist Politik in Rom eh nur äußerst selten. Ob die Italiener diese Regierungskrise zusätzlich zu allen anderen auch noch brauchen, ist allerdings fraglich. Bleibt zu hoffen, das dieses Mal gilt, was bislang noch immer galt: Das Land wird es überleben – allen Unkenrufen zum Trotz.


Heute Nachmittag zieht der EU-Rechnungshof eine Zwischenbilanz zur Reaktion der Staatengemeinschaft auf die Corona-Krise. Die Rechnungsprüfer haben vor allem die Aufgabenteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten analysiert. Es wäre eine Überraschung, wenn sie dabei keine Ineffizienzen entdeckt hätten. Wer jetzt allerdings "Typisch Europa" denkt, sollte lieber rasch eines der vielen Bücher über den deutschen Föderalismus studieren.


WAS LESEN?

Am Samstag haben selbst viele Menschen, die sich eigentlich nicht so sehr für die CDU interessieren, den Parteitag im Fernsehen oder im Internet verfolgt: Hauptsache, es ist mal wieder irgendetwas anderes als Corona los. Falls Sie noch einmal nachlesen wollen, wie Armin Laschet den Coup seines Lebens landete und welche Gefahr nun vom unterlegenen Friedrich Merz ausgeht, empfehle ich Ihnen die beiden Porträts meines Kollegen Tim Kummert: "Triumph des chronisch Unterschätzten" und "Friedrich, der Größte".


Geht's um die Börse, reden in Deutschland fast alle vom Dax. Weit weniger im Fokus steht sein kleiner Bruder, der MDax mit den mittelgroßen Aktiengesellschaften. Doch heute wird der MDax 25 Jahre alt. Grund genug für meinen Kollegen Mauritius Kloft, sich den Index einmal genauer anzuschauen. Ob sich ein Investment für Sie lohnt, erfahren Sie hier.


Wenig soziale Kontakte, Jobverlust, Krankheit – das sind nur einige Herausforderungen, mit denen Menschen in der Corona-Krise kämpfen. Im Umgang damit kann auch Meditation helfen, sagt der Brite Andy Puddicombe, der die Achtsamkeits-App "Headspace" gründete. Im Interview mit meiner Kollegin Claudia Zehrfeld erklärt der ehemalige Mönch, wie Meditation wirkt.


Zu wissen, wann man stirbt – das ist für die meisten Menschen kein wirklich schöner Gedanke. Doch für Herzpatienten bedeutet es womöglich die Rettung. Ein deutsches Forscherteam hat ein neues Messgerät erfunden. Ihr Leiter hat meinen Kollegen Sophie Loelke und Arno Wölk erklärt, wie es funktioniert.


Durch "Eisen und Blut" würden "die großen Fragen der Zeit" geklärt, sagte Otto von Bismarck 1862. Tatsächlich führte Preußen drei Kriege, bis es zur Gründung des Deutschen Reichs kam. Das bekannteste Ereignis in diesem Zusammenhang ist die Kaiserproklamation im Spiegelsaal von Versailles, die vor genau 150 Jahren – am 18. Januar 1871 – stattfand. Warum Kaiser Wilhelm I. trotzdem nicht gut auf Bismarck zu sprechen war, hat der Historiker Christoph Jahr meinem Kollegen Marc von Lüpke erklärt.


WAS AMÜSIERT MICH?

Es gibt wahnsinnig viele kreative Menschen. Das zeigt sich schon allein an all den netten Bildchen und Filmchen, die man in irgendwelchen Chat-Gruppen bekommt. Um zu schmunzeln, muss Humor nicht immer einen doppelten Boden haben. Manchmal reicht es, das Offensichtliche auszusprechen – oder eben zu zeigen. Deshalb habe ich heute nicht nur mit Angela Merkel und Armin Laschet angefangen, sondern höre auch mit beiden auf.

Wer der Urheber ist, lässt sich leider nicht mehr rekonstruieren. Deshalb richte ich meinen Dank an "Unbekannt".

Sehen Sie zu, dass bei Ihnen Kopf und restlicher Körper möglichst immer zusammenpassen. Morgen schreibt an dieser Stelle wieder Florian Harms für Sie.

Ihr

Sven Böll
Managing Editor t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Twitter: @SvenBoell

Mit Material von dpa.

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