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Tagesanbruch: Digitalisierung muss endlich Chefsache werden


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Was heute wichtig ist
Digitalisierung in Deutschland – eine Eins und viele Nullen

MeinungVon Florian Harms

13.06.2019Lesedauer: 6 Min.
Ministerin von der Leyen mit den Kollegen Giffey, Maas, Scholz und Kanzlerin Merkel.Vergrößern des Bildes
Ministerin von der Leyen mit den Kollegen Giffey, Maas, Scholz und Kanzlerin Merkel. (Quelle: imago images)
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Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Klimakrise ist das eine Schlagwort der Stunde, das andere ist Digitalisierung: ständig beschworen, selten konkret erklärt, meistens vernachlässigt. In der globalisierten, durchtechnisierten Welt durchdringen Algorithmen und Prozesse aus Abermillionen Einsen und Nullen sämtliche Lebensbereiche, von der persönlichen Kommunikation über die Arbeit bis zur internationalen Politik. Die Entwicklung schreitet nicht voran, sie rast voran – aber Deutschland trottet immer noch hinterher. Selbst kleine Staaten wie Estland hängen den europäischen Wirtschaftschampion ab.

Mehr als sechseinhalb Milliarden Euro haben die Mobilfunkkonzerne bei der Versteigerung der superschnellen 5G-Frequenzen nun auf den Tisch gelegt, viel mehr als erwartet. Die Technologie wird in Zukunft die Grundlage für unseren wirtschaftlichen Wohlstand bilden: vernetzte Industrieprozesse, autonomes Fahren, schnelle Kommunikation zwischen Unternehmen, Behörden, Bürgern – überall wird 5G gebraucht. Aber auch diese enorme Summe katapultiert Deutschland nicht in die digitale Zukunft. Der Ausbau wird jahrelang dauern, das in der Versteigerung investierte Geld wird den vier Konzernen andernorts fehlen, zudem soll das schnelle Netz nur Ballungszentren wie den Ruhrpott, Berlin, Hamburg oder München beglücken.

Hinzu kommt: 5G ist nur eine von vielen offenen Flanken des digitalen Deutschlands. Das Online-Bürgerportal, die Regulierung und Besteuerung amerikanischer Tech-Konzerne, ungezügelter Hass im Internet und die Erforschung der künstlichen Intelligenz sind weitere – und überall werden klare Konzepte und starke Führung gebraucht. Was also tut die Bundesregierung konkret dafür, Deutschland im Digitalen voranzubringen? Mit diesen großen Fragen beschäftigen wir uns in einer Interviewserie. Den Auftakt machte Bundeskanzlerin Angela Merkel, die exklusiv auf t-online.de ihre digitale Agenda erklärte. Es folgte Kanzleramtsminister Helge Braun, der in Merkels Machtzentrale die digitalen Aktivitäten der Regierung koordiniert. Heute folgt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen – und sie überraschte gleich zu Beginn des Gesprächs mit meinem Kollegen Jonas Mueller-Töwe und mir: Anders als Merkel und Braun glaubt sie, dass Deutschland dringend ein Digitalministerium braucht, um die nötigen Prozesse endlich schlagkräftiger und schneller voranzutreiben: "Die digitale Entwicklung ist so rasant, dass wir uns ein Nebeneinanderher und Tempostopper einfach nicht mehr leisten können", stellt sie fest und fordert: "Digitalisierung muss Chefsache sein."

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Das ist kein Wink mit dem Zaunpfahl für die Leute im Kanzleramt, das ist ein Geschoss – und damit kennt Frau von der Leyen sich aus. Denn ihr eigenes Haus hat sie systematisch auf Digitalisierung getrimmt und die Bundeswehr für die Cyberabwehr fit gemacht. Wie sie das geschafft hat und wie sie dabei mit der Wirtschaft kooperiert, erklärt die CDU-Vizechefin in unserem Interview, das Sie hier lesen können. Falls Sie sich nach der Lektüre fragen, warum nicht auch weitere Minister das wichtige Zukunftsthema so beherzt anpacken wie Frau von der Leyen, sind Sie sicher nicht allein.


Wie beschreibt man eine Entwicklung, die am anderen Ende der Welt stattfindet, aber so wichtig ist, dass wir sie genau verfolgen sollten? Vielleicht so:

+++ EILMELDUNG +++ West-Berlin. Vor dem Rathaus Schöneberg ist es zu Massenprotesten und schweren Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen. Die Polizei setzte Gummigeschosse, Pfefferspray und Tränengas ein, aus Reihen der Demonstranten flogen Pflastersteine. Am vergangenen Wochenende waren bereits bis zu einer Million Einwohner der West-Berliner Enklave auf die Straße gegangen, um gegen ein brisantes Gesetzesvorhaben zu protestieren. Der Senat soll eine Vorlage billigen, die es ermöglicht, Bürger der Stadt – und gegebenenfalls auch Besucher – an die DDR auszuliefern. Seit der Westteil der Stadt an den Arbeiter- und Bauernstaat übergeben wurde, ist es immer wieder zu Protesten gegen die Untergrabung der Freiheiten und der Demokratie gekommen, die dem Übergabevertrag zufolge eigentlich vor dem Zugriff des autokratischen Staates geschützt sein sollten.

Die regierende Bürgermeisterin Carrie Lam betonte, das geplante Gesetz gelte nicht für Menschen, die politischer und religiöser Vergehen beschuldigt werden. Zudem bedürfe jede Auslieferung einer richterlichen Genehmigung. Den Demonstranten genügen diese Zusicherungen nicht. Zwischen Oktober und Dezember 2015 waren fünf DDR-kritische Buchhändler aus dem Westen der Stadt verschwunden und in der DDR festgehalten worden, einer von ihnen ist noch immer nicht auf freiem Fuß. Berichte über die gegenwärtigen Proteste werden in den sozialistischen Staatsmedien unterdrückt, auch die Internetsuche nach dem Begriff "West-Berlin" wird in der DDR von der staatlichen Zensur blockiert. Staats- und Parteichef Erich Xi Jinping verfolgt nach Jahren der Lockerung einen repressiven Kurs und hat Gegner innerhalb der Einheitspartei SED mit einer Serie von Prozessen kaltgestellt.

Der Senat hat die Abstimmung über das umstrittene Gesetz angesichts der Proteste verschoben. Es wird erwartet, dass die Auseinandersetzungen auf der Straße anhalten.

+++ EILMELDUNG – KORREKTUR +++ Bei der geografischen Zuordnung in der vorstehenden Meldung ist es zu einem bedauerlichen Fehler gekommen: Die Proteste finden in Hongkong statt und richten sich gegen die Auslieferung an China. Es besteht also kein Anlass zur Beunruhigung. Es sei denn, Sie leben in Hongkong. Dann aber ja.


WAS STEHT AN?

In Berlin beginnen die Fraktionsvorstände von Union und SPD heute Abend ihre Klausurtagung. Nach dem Europawahldebakel, dem Abgang von Andrea Nahles und dem Straucheln der CDU-Spitze um Annegret Kramp-Karrenbauer wollen die Koalitionspartner zur – taddaa! – "Sacharbeit zurückfinden".

Der wichtigere Termin findet trotzdem in Erfurt statt und in Schwerin auch, denn dort beginnt das Modellprojekt "Bürgerrat Demokratie": Zunächst klären Bürger und Politiker gemeinsam, woher die Unzufriedenheit mit der Demokratie rührt und wo neue Lösungen nötig sind. Dann erarbeiten per Zufall ausgewählte Menschen konkrete Vorschläge zur Erweiterung der parlamentarischen Demokratie um direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung. Nach dem Auftakt heute finden weitere Regionalkonferenzen in Koblenz, Gütersloh, Mannheim und München statt (mehr dazu hier). Tolle Aktion. Könnte man eigentlich in jeder Stadt machen, oder?

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In Kassel findet die Trauerfeier für den getöteten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke statt.

In Leipzig verkündet das Bundesverwaltungsgericht sein Grundsatzurteil, ob das millionenfache Schreddern männlicher Küken rechtmäßig ist.

Jan Böhmermann empfängt heute in seiner Fernsehsendung "Neo Magazin Royale" den YouTuber Rezo, dessen Video "Die Zerstörung der CDU" inzwischen mehr als 14,5 Millionen Mal angeklickt worden ist. Die absurden Verschwörungstheorien einiger Wirrköpfe, eines CSU-Ministers und eines "FAZ"-Ressortleiters rund um Rezos Video hat Sascha Lobo in einer fulminanten Kolumne auf "Spiegel Online" aufgespießt.


Vor der ersten Kamera sagt er: Ob mit oder ohne Deal, mit mir als Premierminister würde Großbritannien Ende Oktober die EU verlassen – versprochen! Vor der zweiten Kamera sagt er: Hey Leute, ich will genauso wenig einen Austritt ohne Deal wie ihr! Und was tun die Briten vor dem heutigen ersten Wahlgang in der Fraktion um das Amt des Parteichefs der Konservativen? Sie applaudieren und nennen Boris Johnson einen Pfundskerl. Alle? Nein, aber viele. Wie schafft es der opportunistische Hallodri, so erfolgreich zu sein? Mein Kollege David Ruch hat sich den Anwärter auf den britischen Chefsessel näher angeschaut.


WAS LESEN?

Eine Nachricht aus dem Tal der Könige in Ägypten begeisterte anno 1922 Menschen auf der ganzen Welt: Der Brite Howard Carter hatte das Grab des Pharaos Tutanchamun entdeckt. Bald ging allerdings die Angst um: Lord Carnarvon, Carters Geldgeber, starb unter mysteriösen Umständen, weitere Zwischenfälle sorgten für eine Medienhysterie. Befeuert wurden die Spekulationen von Arthur Conan Doyle, Erfinder des Meisterdetektivs Sherlock Holmes: Er orakelte über etwas "elementar Böses", das die Verletzung der Grabesruhe des Pharaos räche. Was wirklich hinter der Geschichte steckte, hat unsere Archäologie-Expertin Angelika Franz für Sie aufgeschrieben.


E-Mobilität ist die Zukunft, sagt der Grüne Cem Özdemir, er wirbt für ein schnelles Ende des Benzinmotors. Nein, das ist ein Irrweg, entgegnet Oliver Luksic, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, bloß keine grüne Auto-Planwirtschaft! Wer hat recht? Das dürfen Sie selbst entscheiden: Die Kollegen der "Neuen Zürcher Zeitung" haben beiden Politikern Platz eingeräumt, um ihre Argumente in einem Pro & Kontra vorzutragen.


Mit dem 8:0 gegen Estland ist für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft eine turbulente Saison zu Ende gegangen. Bundestrainer Löw hat sein Team auf vielen Positionen radikal verändert – und damit vorerst Erfolg. Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer? Unser Nationalmannschaftsreporter Luis Reiß hat jedem Spieler ein Zeugnis geschrieben.


WAS AMÜSIERT MICH?

Das Wetter ist in diesen Tagen schon heftig. Kann aber auch seine Vorteile haben.

Kommen Sie sicher durch den Tag!

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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