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Tagesanbruch: Löws Befreiungsschlag – Etwas ist faul im Staate DFB


Meinung
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Was heute wichtig ist
Etwas ist faul im Staate DFB

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 07.03.2019Lesedauer: 5 Min.
Grindel, Löw, Bierhoff.Vergrößern des Bildes
Grindel, Löw, Bierhoff. (Quelle: ITAR-TASS/imago)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Es gibt hierzulande nur noch wenige Institutionen, die die Mehrheit der Bevölkerung begeistern können. Ein guter Münsteraner "Tatort", vielleicht Helene Fischer, vor allem aber: die Fußball-Nationalmannschaft. Auch abseits von WM- und EM-Turnieren können Auftritte des Teams kollektive Leidenschaft, fröhlichen Patriotismus, ein Zusammengehörigkeitsgefühl auslösen. Deshalb (und weil es in unserem Land 82 Millionen Bundestrainer gibt) ist alles, was in und um die Mannschaft geschieht, von allerhögschder Wichtigkeit.

Mit der högschden Herrlichkeit könnte es allerdings bald vorbei sein. Die Wurstigkeit, mit der Deutschlands offizieller Bundestrainer drei seiner wichtigsten Spieler vor die Tür gesetzt und damit viele der 82 Millionen inoffiziellen Bundestrainer vor den Kopf gestoßen hat, macht sprachlos. So sprachlos, dass es einen Tag dauerte, bis die Ausgeknockten aus ihrem Koma erwacht sind und sich aufgerappelt haben. Nun aber erheben sie ihre Stimmen zu einem anschwellenden Protest, dessen Folgen noch gar nicht absehbar sind. Thomas Müller, beherzter und mutiger als der noch still leidende Mats Hummels und der erschütterte Jerome Boateng, macht seinem Ärger in einem berührenden Video Luft: "Ich war von der plötzlichen Entscheidung des Bundestrainers perplex", spricht der Mann, der im DFB-Team 38 Tore gemüllert und deutsche Fußballherzen jahrelang zum Glühen gebracht hat. "Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr macht mich die Art und Weise, wie das abgelaufen ist, einfach sauer. Kein Verständnis habe ich vor allem für diese suggerierte Endgültigkeit der Entscheidung."

Unser Kolumnist Stefan Effenberg, der die deutsche Fußballszene so gut kennt wie wenige andere, sekundiert: "In meinen Augen war es nicht nötig, die Tür zur Nationalmannschaft für drei so verdiente Spieler gleich komplett zuzuschlagen", schreibt er in seiner Abrechnung – und macht klar, was der Bundestrainer sich mit seiner einsamen Entscheidung eingebrockt hat: "Daran wird Löw in Zukunft gemessen. Sollte der Umbruch scheitern, muss er die Konsequenzen tragen."

Muss er wohl. Natürlich kann, darf und muss ein Bundestrainer harte Entscheidungen treffen, natürlich braucht das DFB-Team eine Erneuerung – aber warum erst jetzt und warum in dieser respektlosen Form? Warum haben Löw und seine DFB-Genossen Reinhard Grindel und Oliver Bierhoff die Reformen nach der WM-Pleite in Russland monatelang verschleppt? Warum setzt Löw drei Rio-Weltmeister vor die Tür, während deren Leistungen sich gerade wieder verbessern? Warum schubst der DFB drei seiner Stars bei einem unangekündigten Besuch und mit einer zweifelhaften Pressekommunikation ins Aus? Warum bestraft er sie, wie mein Kollege Benjamin Zurmühl zutreffend schreibt, warum demütigt er sie öffentlich, statt sie ehrenvoll zu verabschieden? Warum wirkt diese ganze Aktion furchtbar planlos? Nicht wie ein Neuanfang, sondern wie die Verzweiflungstat ratloser Verbandsfürsten? "An der Spitze, so der Eindruck, kümmert sich jeder nur um sich", schreibt die "FAZ".

Etwas ist faul im Staate DFB. Noch mal Stefan Effenberg: "Oliver Bierhoff hat als Nationalmannschaftsdirektor noch vor drei Wochen betont, dass Thomas Müller ein ganz wichtiger Spieler für das DFB-Team ist. Nun plant man plötzlich doch nicht mehr mit ihm. Das ist ein Widerspruch – und zeigt, dass beim DFB nicht mit einer Stimme gesprochen wird. Ich frage mich: Wie eng kommunizieren die Verantwortlichen dort wirklich untereinander? Seit Monaten werden unsere Spieler und ihre Leistungen kritisch hinterfragt. Ich wünsche mir, dass in Zukunft auch noch mehr über die Entscheidungsträger im Hintergrund gesprochen wird."

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Dieser Wunsch könnte sich schneller erfüllen, als dem Dreigestirn Löw/Bierhoff/Grindel lieb ist. "Die Wiederkehr der Torfnasen" betitelte unser Kolumnist Gerhard Spörl vor einem halben Jahr seinen fulminanten Text über die drei Herren. "Das Schlimme an der ungestraften Wiederkehr der Löws/Grindels/Bierhoffs ist, dass sie so tun, als ob sie verstanden hätten, was schief gelaufen ist. Als ob sie einfach so weitermachen könnten wie bisher. Der Fisch stinkt vom Kopf her."

Der Geruch ist seither nicht besser geworden. Falls ihre Planlosigkeit nun auch noch in der EM-Qualifikation zu größeren Patzern führen sollte, hätten die anderen 82 Millionen Bundestrainer jedes Recht, einen echten Neuanfang zu fordern. Nicht in der Mannschaft – sondern im Staate DFB.


WAS STEHT AN?

Heute wird es sehr juristisch. Donald Trumps früherer Wahlkampfmanager Paul Manafort ist in einem Prozess wegen Steuerhinterziehung und Bankbetrug schuldig gesprochen worden. Heute verkündet das Gericht das Strafmaß – ihm droht eine sehr lange Haftstrafe.


In vier weiteren wichtigen Prozessen werden heute die Urteile erwartet:

In Luxemburg entscheidet ein EU-Gericht über den Zugang zu geheim gehaltenen Glyphosatstudien. Vier Europaparlamentarier haben die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit verklagt. Diese hatte ihnen Einblick in Unterlagen über das Krebsrisiko des Unkrautvernichters verwehrt.

In Limburg endet der Prozess um die Kinderpornoplattform "Elysium". Vier Männer sind angeklagt, die Plattform im "Darknet" betrieben zu haben. Bis zur Abschaltung wurden mehr als 111.000 Mitgliederkonten registriert.

In Bielefeld fällt das Urteil im Prozess um versuchten Mord mit vergifteten Pausenbroten. Ein 57-Jähriger soll mehrere Arbeitskollegen über Jahre hinweg mit gefährlichen Substanzen auf deren Stullen vergiftet haben.

In Köln sind zwei Promifotografen angeklagt. Sie sollen Herbert Grönemeyer fälschlicherweise beschuldigt haben, sie auf dem Flughafen Köln/Bonn angegriffen und verletzt zu haben.


Bei der Biathlon-WM im schwedischen Östersund gehen Laura Dahlmeier und Co. auf die Jagd nach Medaillen. Unser Reporter Alexander Kohne ist vor Ort und berichtet für Sie von den Wettkämpfen. Vorab hat er dem WM-Hoffnungsträger Benedikt Doll einiges über den Doping-Skandal bei den Langläufern entlockt.

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WAS LESEN UND ANSCHAUEN?

Der gestrige Tagesanbruch-Kommentar zum "europäischen Leistungsschutzrecht" hat viele zustimmende Reaktionen hervorgerufen – aber auch manche Frage provoziert: Warum ist die Urheberrechtsreform so brisant? Die Kollegen vom BR erklären es präzise und anschaulich.


Woran merkt man, dass eine Firma zu mächtig wird? Wenn sie marktbeherrschend wird und mehr Einfluss nehmen kann, als gut für uns ist. Wenn zum Beispiel die Leute im australischen Outback sich beschweren, dass keiner mehr vorbeikommt. Zwar sagten sich dort schon immer Fuchs und Hase gute Nacht (oder wohl eher Dingo und Känguru), aber der eine oder andere Tourist kam schon mal daher, mit ein paar Dollar in der Tasche. Dann kam Google Maps. Kein Mensch schaut heute mehr auf eine normale Straßenkarte und überschlägt, wie lange er wohl nach X oder Y fährt – oder, im Falle des australischen Outbacks, ganz ans Ende des Alphabets. Nein, er tippt nur schnell den Ortsnamen in die allwissende Internetmaschine, schaut auf die Fahrzeit – was, elf Stunden?! – und fährt da nicht hin.

Solche elf Stunden, für den Weg von der besiedelten Küste ins menschenleere Landesinnere, erfreuten die Hotelbetreiber im Outback-Weiler Windorah, Queensland, ganz und gar nicht. Weil plötzlich kaum noch Gäste kamen. Nach Protesten hat Google die Fahrzeit freundlicherweise auf sieben Stunden und 45 Minuten reduziert. Tatsächlich war man aber schon immer in vier Stunden da. Google Maps irrt sich schlicht und einfach – und das ist kein Einzelfall. Weil die US-Suchmaschine de facto ganze Ortschaften vom Rest der Welt abnabelt, hat sich nun der Bundesstaat Queensland eingeschaltet. Google gibt sich gesprächsbereit und "untersucht" die Unstimmigkeiten. Wenn die Untersuchung zu Ende ist, wird man herausgefunden haben, wie lange man wirklich fährt. Und dass Google viel zu mächtig ist.


WAS AMÜSIERT MICH?

Habe länger überlegt, ob ich die Politikerreden beim Aschermittwoch kommentieren soll. Fiel mir nix Schlaues zu ein. Bekam dann eine E-Mail von unserem Cartoonisten Mario Lars. Habe herzhaft gelacht:

Ich wünsche Ihnen einen friedlichen Tag.

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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