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Tagesanbruch: Warum es richtig ist, dass Sami A. wieder einreisen darf


Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.

Tagesanbruch
Was heute Morgen wichtig ist

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 17.08.2018Lesedauer: 6 Min.
Figur der Justitia, der römischen Göttin der Gerechtigkeit und des RechtswesensVergrößern des Bildes
Figur der Justitia, der römischen Göttin der Gerechtigkeit und des Rechtswesens (Quelle: Peter Endig/dpa)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Es gibt Tage, da gehen Giganten. Gestern vor genau 41 Jahren war so ein Tag. Da ging Elvis. Und gestern war wieder einer. Da ging Aretha. "Für mich war sie die beste weibliche Soulstimme der Welt", kommentiert Leser Chefkorrespondent in unserem Forum. "Sie war eine Kämpferin für die Gleichberechtigung der Klassen, Geschlechter und Hautfarben. Vor so einer tollen Frau ziehe ich den Hut", notiert Nutzer Linare unter dem einfühlsamen Nachruf unseres Autors Daniel Koch. "Es ist ungesund, dieser Tage Aretha Franklins Musik zu hören", schreibt Koch. "Die Trauer mischt sich dabei mit der körperlich spürbaren Erkenntnis, dass es diese Stimme nur einmal gibt. Dass sie einen mit Gänsehaut und Herzrasen peinigt. Dass sie einen zum Weinen bringt."

Nicht nur er dürfte gestern geweint haben, denn nun ist sie gegangen. Aber das Tröstliche ist ja: nur ein Stockwerk höher. Dort oben sitzt sie jetzt mit Elvis, Otis Redding und Little Richard auf einer Wolke und singt vermutlich ziemlich laut und ziemlich selbstbewusst diese großartige, unvergessliche Hymne: Think! Ich kann sie bis hier unten hören.

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Hanebüchen ist das schon: Da initiieren die Beamten der Europäischen Union mit viel Tamtam eine europaweite Bürgerumfrage zur Sommerzeit, die dem Europaparlament bei der Entscheidungsfindung helfen soll – und dann können viele Menschen gar nicht abstimmen, weil die überlasteten Server ständig abschmieren. Gestern Abend lief die Umfragefrist ab, aber viele Leute, die ihre Stimme gern abgegeben hätten, kamen einfach nicht dazu.

Offenbar haben die Brüsseler Beamten unterschätzt, wie riesig das Interesse an diesem Thema ist. Ist die Zeitumstellung zweimal im Jahr sinnvoll oder Quatsch, sollte sie bleiben oder gehört sie abgeschafft? Ich habe dazu eine Meinung, aber die verrate ich Ihnen heute ausnahmsweise mal nicht. Sondern empfehle Ihnen das Pro & Kontra meiner Kollegen Laura Stresing und Lukas Martin. Nach der Lektüre des kurzen Textes weiß ich jedenfalls, warum sich das Rumdrehen am Wecker im Frühjahr und Herbst lohnt. Und bin dafür, dass die EU die Umfrage verlängert. Aber vorher bitte ein paar zusätzliche Server anschaffen.

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WAS STEHT AN?

Was Ricarda Brandts zu sagen hat, geht uns alle etwas an. Die Präsidentin des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts erhebt schwere Vorwürfe gegen die Landesregierung und die Ausländerbehörde. Auf persönliche Veranlassung des Integrationsministers Joachim Stamp wurde der Islamist Sami A. in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach Tunesien ausgeflogen. Dabei hatte ein Gericht ausdrücklich ein geltendes Abschiebeverbot bekräftigt: Es sei noch nicht geklärt, ob dem Mann in Tunesien wirklich keine Folter drohe. Stamp erfuhr von dem Beschluss, noch bevor Sami A. den tunesischen Behörden übergeben wurde. Trotzdem blies er die Abschiebung nicht ab.

Dass man einen Islamisten schnell loswerden möchte, ist das eine. Dass es dabei immer nach den Regeln unseres Rechtsstaats zugehen muss, ist das andere – und Letzteres ist wichtiger. Wenn Behörden und Politiker sich unter dem Druck von Boulevardmedien über die verfassungsmäßige Gewaltenteilung hinwegsetzen, müssen alle Alarmglocken klingeln.

"Die Unabhängigkeit von Gerichten ist ein hohes Gut. Aber Richter sollten immer auch im Blick haben, dass ihre Entscheidungen dem Rechtsempfinden der Bevölkerung entsprechen." So kommentierte NRW-Innenminister Herbert Reul den Fall. Wer so etwas sagt, hat das Einmaleins unseres Rechtsstaats nicht verstanden. Und sollte sich fragen, ob er den richtigen Job hat. Zumindest aber sollte er zehnmal laut diese drei Sätze von Ricarda Brandts lesen: "Die Unabhängigkeit der Gerichte ist nicht nur formal einzufordern, in einem stabilen Rechtsstaat wie dem unseren muss sie auch in der Praxis gelebt werden. Die Gerichte müssen unabhängig von der Mehrheitsmeinung urteilen. Und jeder sollte sich bewusst machen, dass ein Rechtsstaat sich gerade dadurch bewährt, dass er auch die Rechte von Minderheiten schützt, sogar die Rechte derjenigen, die den Rechtsstaat selbst nicht achten."

So ist es.

Und was sagt der für die rechtswidrige Abschiebung verantwortliche Minister Stamp? "Ich habe an der Stelle, glaube ich, falsch gehandelt", schwurbelte er gestern. Ich bin gespannt, ob er heute Abend noch Minister ist.

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Ich gestehe: Ich mag Mafiafilme. Nuschelnde Männer mit Gel im Haar, Kippe im Mund und Wumme in der Hand. Aber ich mag diese Typen erstens nur auf der Leinwand und zweitens nur, wenn sie Marlon Brando, Joe Pesci, Al Pacino oder … heißen. Ja, wer denn noch, fragen Sie sich nun? Natürlich der Großartige, Einzigartige, der heute seinen 75. Geburtstag feiert. Und hier seine beste Szene spielt. Natürlich in einem Mafiafilm.

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Nun haben wir wirklich lang genug gewartet. Heute Abend geht es endlich wieder richtig los mit Fußball: erste Runde im DFB-Pokal. Stolpert mit dem FC Schalke gleich der erste Bundesligist – in … ja, doch: Schweinfurt? Ab 20.45 Uhr können Sie’s im Liveticker meiner Sportkollegen verfolgen. Statistisch gesehen erwischt es auf jeden Fall einen der Bundesligisten, und diverse Dorfvereine wittern längst die große Sensation. Mein Kollege Daniel Gahn hat ausgerechnet, für welchen Erstligisten die Gefahr eines schnellen Scheiterns besonders groß ist. So viel verrate ich hier: Beim FC Bayern liegt sie nur bei 3,7 Prozent – obwohl der Rekordmeister die wohl größte Pokalblamage aller Zeiten hinnehmen musste. Alles Weitere erfahren Sie hier.

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WAS LESEN?

Begeisterung und gute Laune kommen bei manchen Themen leichter auf als bei anderen. Dazu ein kleiner Test. Ich präsentiere Ihnen einige Stichworte: Urlaub. Hochzeit. WM-Finale. Aha, Sie sehen ganz zufrieden aus. Und noch ein paar: Altenpflege. Hausbesuche. Heimunterbringung. Halt! Bitte bleiben Sie noch! Denn heute wollen wir genau dieses Thema in einem erfreulichen Licht betrachten. Dazu schauen wir aber lieber nach Dänemark, denn bei uns müsste ich den Stichworten noch den Pflegenotstand hinzufügen, und so wird das nichts.

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Wer in Dänemark alt wird, bekommt Besuch. Ab dem 75. Lebensjahr hat man einen Anspruch auf präventive Hausbesuche. Eine Pflegekraft schaut bei jedem, der möchte, regelmäßig vorbei, plaudert ein paar Worte und fragt nach, ob alles in Ordnung ist. Ohne dass man krank ist. Ohne Pflegeeinstufung. Bezahlt von der Kommune. Wer irgendwann mehr Unterstützung braucht, bekommt auch die. Und weil man sich an die Besuche schon gewöhnt hat, ist dieser Schritt in die Pflege nur ein ganz kleiner. Die kleinen Schritte zögern einen großen hinaus: den Umzug ins Heim, und bitte nicht gleich erschrecken bei dem Gedanken! Wenn das Heim wie eine betreute Vorortsiedlung aussieht und auch so funktioniert, ist die Option gar nicht so schlecht.

Bezahlen kann das jeder, denn in Dänemark werden die oft enormen Kosten der Rundum-Betreuung von der öffentlichen Hand übernommen. Kost und Logis gehen extra, aber weil es eine Grundrente gibt, ist auch das für jeden erschwinglich. Nun klingt das für unsere deutschen Ohren nach ganz schön viel Staat. Diejenigen von uns, die sich noch an die tristen staatlichen Monopole erinnern – vielleicht an das graue Wählscheibentelefon, die hohen Gesprächskosten, das ständige Besetztzeichen – runzeln bei dem Gedanken schnell die Stirn. Doch die Dänen haben gut bezahlte, motivierte Pflegekräfte: ein angesehener Beruf. Wir haben den Pflegenotstand. Die Kollegen von der ARD haben sich bei unseren Nachbarn umgeschaut. Sehen Sie sich den Filmbericht ruhig einmal an. Er regt zum Nachdenken an. Und vielleicht auch zur Nachahmung.

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Soziale Medien haben nicht nur die Kommunikation revolutioniert, sondern auch Politik und Gesellschaft verändert. Sie eröffneten ganz neue Möglichkeiten der Information, trugen zur Demokratisierung bei, spielten in Ländern wie Tunesien und Ägypten eine wichtige Rolle beim Sturz der Diktatoren. Wohlgemerkt, ich habe diese Sätze absichtlich im Imperfekt formuliert. Ja, auch ich mag Facebook, YouTube und Twitter nicht mehr aus meinem Leben wegdenken – aber genau wie viele andere Menschen sehe auch ich immer stärker die riesigen Gefahren, die diese Portale eben auch bergen. "How social media took us from Tahrir Square to Donald Trump", heißt ein lesenswerter Artikel der Schriftstellerin Zeynep Tufekci. Er zeigt, warum Facebook, Google und Co. dringend reguliert werden müssen. Mit der Macht ihrer Algorithmen gefährden sie die Demokratie, den Datenschutz und den gesellschaftlichen Frieden.

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Stellen Sie sich vor, Sie laufen in Spanien am Strand entlang, sehen eine schöne Muschel, halten sie ans Ohr – und dann erklingt nicht etwa das erwartete Meeresrauschen, sondern eine Stimme. Jawohl, eine echte menschliche Stimme. Perplex gehen Sie weiter … da ist noch eine Muschel! Und wieder ertönt daraus eine Stimme! Nein, das ist jetzt kein Schmarrn, sondern das passiert wirklich. Mein Kollege Lars Wienand hat recherchiert, was dahintersteckt.

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WAS FASZINIERT MICH?

Wir sehen: einen Affen. Vermutlich irgendwo in einem Urwald in Afrika oder Indonesien oder so. Er starrt uns direkt ins Gesicht, fixiert uns, kommt langsam und bedrohlich auf uns zu. Und dann … ja, dann geschieht etwas vollkommen Überraschendes. Ich war gestern jedenfalls beeindruckt, als eine liebe Kollegin mir diesen Link schickte. Sind Sie es auch?

Ich wünsche Ihnen einen frohen Freitag und dann ein schönes Wochenende. Falls Sie morgen besonders viele Hochzeitspaare sehen, wundern Sie sich nicht. Ist halt wirklich schön, so ein Schnapszahldatum: 18.8.18.

Ihr Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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