Zeitumstellung Abschaffung der Sommerzeit – ja oder nein?
Die EU-Befragung zur Abschaffung der Sommerzeit ist beendet. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten steht die Zeitumstellung grundsätzlich zur Debatte. Was spricht für eine Abschaffung und was dagegen?
Wer profitiert eigentlich von Sommer- und Winterzeit?
Ich lese und höre immer nur davon, wie sehr viele Menschen unter dem "Mini-Jetlag" leiden. Zweimal im Jahr sind die Zeitungs- und Webseiten voll mit Ratgebern, wie sich der Müdigkeit vorbeugen lässt, oder mit welchen Ausreden man dem Chef kommen soll, wenn man es verpennt hat, seinen Wecker neu zu stellen.
Ganz ehrlich: Wer es bei all der Aufregung schafft, die Zeitumstellung zu "verschlafen", verdient meinen Respekt. Dabei dreht sich die Debatte seit vielen Jahren im Kreis. Nach dem Motto "es wurde alles schon gesagt, nur noch nicht von jedem" geht der Medienzirkus trotzdem weiter. Weil das Thema einfach immer zieht. Weil jeder eine Meinung dazu hat und sie gerne kundtut. Sollte sich die EU tatsächlich dazu entschließen, diesen Irrsinn zu beenden, werde ich nichts davon vermissen. Vor allem nicht die aufgewärmten Artikel aus dem Vorjahr.
Ursprünglich ging es bei der Zeitumstellung mal darum, Strom zu sparen. Demnach müsste doch eigentlich vor allem die Stromlobby auf eine Abschaffung der Sommerzeit drängen, weil sie dann mehr Geld verdienen könnte. Ein kurzer Anruf beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft bestätigt meinen Verdacht: Sommer- oder Winterzeit – den Versorgern ist das völlig Latte. "Das hat keinen Einfluss auf den Stromverbrauch", teilt mir eine Sprecherin mit. Die Wahrheit ist: Die größte Lobby für die Abschaffung sind die Bürger selbst. Die EU-Abstimmung wird zeigen, wie stark sie wirklich ist. Ich bin jedenfalls gespannt.
Als Deutscher neigt man ja dazu, davon auszugehen, das Ergebnis müsse eindeutig ausfallen. Wer wird schon gerne zweimal im Jahr aus der Bahn geworfen? Aber: In den skandinavischen Ländern zum Beispiel, wo es im Sommer sowieso rund um die Uhr hell und im Winter dunkel ist, spielt das Thema eine viel geringere Rolle.
Wir brauchen noch mehr Zeitumstellung
69 Prozent t-online.de-Nutzer wollen sie abschaffen. Nur für 18 Prozent überwiegen die Vorteile. Ich sage: Wir brauchen die Zeitumstellung – und wir sollten sie noch ausbauen.
Die Probleme mit der Zeitumstellung sind für mich Unsinn. Müdigkeit? Niedergeschlagenheit? Wer so argumentiert, malt eine Regelmäßigkeit an die Wand, die es nicht gibt. Wenn Sie am Sonntag ausschlafen und am Montag wieder zur Arbeit gehen, überwältigt Sie doch auch nicht gleich der Trübsinn. Ich bin Schichtarbeiter, stelle meinen Rhythmus regelmäßig um sieben Stunden um. Ich kann Ihnen sagen, was da hilft: Disziplin statt Wehleidigkeit.
Was die wenigsten durchdenken: Ohne Zeitumstellung bleibt nur die Wahl zwischen zwei Übeln. Schafft man die Sommerzeit ab, geht die Sonne im Juli schon um 20.30 Uhr unter, dann geht das Grillfest gerade los. Was man dafür bekommt? Es wird um 3.45 Uhr hell – davon hat nun wirklich niemand was!
Schafft man dagegen die Winter- oder Normalzeit ab, wird es in Deutschland Ende Dezember erst nach neun Uhr hell. Eine Katastrophe. Denn aus medizinisch-psychologischer Sicht benötigen wir das Tageslicht morgens am dringendsten.
Immer wieder kommt das Argument, die Zeitumstellung sei nicht natürlich. So ein Unfug. Vor 100, 1.000 und 10.000 Jahren war das Leben der meisten viel stärker an Sonnenauf- und -untergang ausgerichtet. Er bestimmte den Rhythmus – und der war ständig im Wandel. Wir sollten uns daran orientieren und zusätzlich eine Hochwinterzeit einrichten. Wie wunderbar wäre es, wenn im Januar um kurz nach sieben die Sonne aufginge!
- Hintergrund: Hier finden Sie alle Informationen zur EU-Abstimmung über die Abschaffung der Sommerzeit.
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