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Tagesanbruch: Hass? Gefällt mir!


Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Tagesanbruch
Was heute Morgen wichtig ist

Meinung von Florian Harms

03.05.2018Lesedauer: 6 Min.
Soldaten vor einem abgefackelten Haus in Sri LankaVergrößern des Bildes
Soldaten vor einem abgefackelten Haus in Sri Lanka (Quelle: reuters)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Facebook hat gerade seine alljährliche Entwicklerkonferenz beendet und dabei wie immer allerhand Neuheiten präsentiert. Ein Dating-Portal für die Generation 30+, eine 3-D-Brille, so was. Alles irgendwie interessant, und doch muss ich Ihnen gestehen: Eigentlich interessiert es mich gerade nicht.

Ich interessiere mich gerade mehr für Sri Lanka. In Sri Lanka ist Facebook das Internet. In Myanmar übrigens auch. Und in vielen anderen Entwicklungsländern. Nicht nur, um mit Freunden und der Familie Kontakt zu halten – das spielt eher eine untergeordnete Rolle. Facebook, das sind die Nachrichten. Ein Schwarzes Brett für Aufrufe. Für Selbstorganisation. Und für Emotionen.

Ich schreibe das hier im Tagesanbruch nicht aus ethnografischem Interesse. Ich schreibe das, weil es Menschenleben kostet. Facebook möchte Menschen möglichst lange in seiner App und auf seiner Website halten – das gibt Werbeklicks. Sein Algorithmus befördert im Newsfeed der Nutzer jene Postings nach oben, die die stärksten Reaktionen hervorrufen. Die stärksten Emotionen. Angst ist ganz vorn dabei. Und Hass.

Das Verhältnis von Buddhisten und Muslimen war angespannt in Sri Lanka, als die Gerüchteküche im Februar überzukochen begann. Ein Streit um einem Toten, die Behauptung, Muslime hätten ihn gelyncht. Andere Behauptungen, muslimische Restaurants würden Pillen ins Essen mischen, um Buddhisten zu sterilisieren. Es gab Aufrufe, sich zu "wehren". Läden zu verwüsten. Viertel anzuzünden. Treffpunkte wurden vereinbart. Alles ganz oben im Facebook-Feed.

Als die Regierung das Unheil kommen sah und versuchte, Facebook zu kontaktieren und die Aufrufe zur Lynchjustiz entfernen zu lassen, war leider niemand zu erreichen. Facebook hat in Sri Lanka keine Niederlassung. Die Regierung eines souveränen Staates kam an Facebook nicht heran. Erst als Sri Lanka den Zugriff auf soziale Medien landesweit blockierte, meldete sich das Unternehmen. Die Menschenhatz war da längst voll im Gange.

In Sri Lanka ist Facebook das Internet. In Myanmar auch. In Sri Lanka hätte es für die Angst und den Hass einer Volksgruppe auf die andere kaum ein besseres Vehikel geben können. In Myanmar, bei der Jagd auf die Rohingya, auch nicht. Deutschland dagegen erfreut sich stabiler Institutionen, funktionierender Polizei, kritischer Medien. Facebook ist nicht das Internet. Zum Glück nicht. Aber die Algorithmen, die angst- und hasserfüllte Halbwahrheiten pushen, sind trotzdem dieselben. Sri Lanka hat für die Dienste des US-Giganten einen hohen Preis bezahlt. Facebook ist gratis, aber niemals kostenlos. Auch bei uns nicht. mehr

Dazu passt, was die Whistleblowerin Chelsea Manning gestern auf der Internetkonferenz re:publica in Berlin sagte: "Wir Entwickler sind mitverantwortlich für die Software, die wir schreiben. Wir machen uns mitschuldig, wenn sie missbraucht wird." Ich wünschte, Herr Zuckerberg hätte diesen Satz auf seiner Entwicklerkonferenz im fernen Silicon Valley gehört. mehr

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WAS STEHT AN?

Volkswagen ist der größte Autobauer der Welt. Fast elf Millionen verkaufte Fahrzeuge, mehr als 230 Milliarden Euro Umsatz, mehr als 642.000 Mitarbeiter – da ist eine Hauptversammlung mehr als ein jährliches Routinetreffen, um mal eben den Vorstand zu entlasten, Geschäftspläne abzunicken und Dividenden zu kassieren. Wenn sich der neue VW-Chef Herbert Diess heute Vormittag zum ersten Mal den Aktionären stellt, dann schaut ihm die gesamte Wirtschaftswelt zu. Ein falsches Wort, ein nervöses Räuspern, eine kleine Schwäche können sofort den Aktienkurs drücken.

Diess' Vorgänger Müller musste wohl auch deshalb gehen, weil ihm seine eigenen Leute Entscheidungsschwäche vorwarfen. Diess hat vielleicht auch deshalb gleich in den ersten Stunden auf seinem neuen Posten allerhand Neuerungen angekündigt.

  • Die schwere Nutzfahrzeugsparte soll für den Kapitalmarkt "fit gemacht werden" (ein Zauberwort aus der Managersprache).
  • Alle anderen Modelle werden in neue Markengruppen eingeteilt, die wenig einfallsreich "Volumen" (VW, Skoda, Seat, leichte Nutzfahrzeuge), "Premium" (Audi) und "Super Premium" (Porsche, Bentley, Bugatti, Lamborghini) heißen.

Was harmlos klingt, kommt im veränderungsresistenten Wolfsburger Weltreich einer Revolution gleich: Statt Technologien, Designs und Marketingkonzepte wie bisher für jede Marke gesondert zu entwickeln, gilt es nun allerorten "Synergien zu heben" (noch so ein Zauberwort aus der Managersprache). Außerdem im Managerprogramm: alternative Antriebe, vernetzte Verkehrskonzepte, autonomes Fahren.

Zusammengenommen geht es um nicht weniger als den größten Umbau in der VW-Firmengeschichte, den der neue Chef Diess heute propagieren will. Wäre ich an seiner statt, ich hätte wohl eine kurze Nacht gehabt. Aber die habe ich als Tagesanbruch-Autor ja ohnehin.

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Durch die katholische Kirche geht ein Riss. Mehrere Bischöfe in Deutschland wollen nicht hinnehmen, dass evangelische Christen in Einzelfällen zur katholischen Kommunion zugelassen werden. Vordergründig geht es nur um das Abendmahl, hintergründig geht es um die Frage, wer in der Kirche das Sagen hat. Deshalb reisen heute der Münchner Kardinal Marx, sein Kölner Kollege Woelki sowie mehrere Bischöfe nach Rom, um direkt mit der Macht im Vatikan zu verhandeln.

Was in den heiligen Hallen besprochen wird, dürfte erst einmal mächtig vertraulich bleiben – aber die Frage kann man ja mal offen stellen: Sollen Protestanten und Katholiken in einer Messe ein gemeinsames Abendmahl feiern dürfen? Unbedingt, sagt die bekennende Katholikin Beate Beyer. "Solange Christen in zwei Richtungen beten, läuft etwas schief." Auf keinen Fall, entgegnet die bekennende Katholikin Iris Vollrath. "Durch eine gemeinsame Kommunion wird der Glaube verwässert." Eine Frage, zwei Meinungen – hier in unserem Format Pro & Kontra auf t-online.de.

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Es ist nicht selbstverständlich, dass der Regierungschef eines Bundeslandes auch nach Ende seines Amtes noch vielen Menschen ein Begriff ist. Bei Klaus Wowereit ist das keine Frage. Als Regierender Bürgermeister von Berlin hat sich der SPD-Politiker nicht nur in der Geschichte der Hauptstadt, sondern auch in der des Landes verewigt: mit seinem flotten Spruch, Berlin sei "arm, aber sexy" ebenso wie mit seinem weniger flotten Management(versagen) beim Bau des Flughafens BER.

Wie schaut Wowereit heute auf seine Karriere zurück? "Politik hat mein Leben geprägt und bestimmt", sagt er im Interview mit meiner Kollegin Janna Specken. Heute verfolgt der 64-Jährige die Politik zwar nur noch vom Sofa aus. Sein zweiter berühmter Satz – "Ich bin schwul, und das ist auch gut so" – hat allerdings auch heute noch Folgen. Welche das sind, wie der Ruhestand seine Partnerschaft verändert hat und was er heute beim Gedanken an den BER empfindet, das lesen Sie heute Vormittag auf unserer Seite.

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Ein kurzes Zögern, ein patzender Torwart und unzählige versemmelte Chancen: Für den FC Bayern ist der Traum vom Triple nach der Niederlage gegen Real Madrid in der Champions League geplatzt. Aber Moment, zumindest das Double sollte doch kein Problem sein, oder? Schließlich wäre das ein würdiger Abschied für Trainer Jupp dem Großen! Schließlich fehlt dazu doch nur noch ein Sieg gegen Frankfurt im Endspiel des DFB-Pokals! Das würden die Bayern doch sogar ohne Torwart schaffen!

Falsch, sagt unser Kolumnist Stefan Effenberg – und warnt seinen früheren Arbeitgeber: "Das Spiel gegen Frankfurt in Berlin ist schwieriger als die beiden Spiele gegen Real Madrid." Weshalb? Deshalb.

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WAS LESEN UND ANSCHAUEN?

Deutschland geht es gut, also soll Deutschland keine neuen Schulden machen, sondern den Haushalt für schlechtere Zeiten in Ordnung bringen: Die schwarze Null ist das Dogma der Haushaltspolitik von Union und SPD. Aber ist sie wirklich sinnvoll? Müsste nicht gerade jetzt viel mehr in Schulen, Pflege, Wohnungen, schnelles Internet investiert werden, wo doch die Zinsen historisch niedrig sind? Wir haben zwei führende Ökonomen um ihre Meinungen gebeten. Hier sind ihre Antworten – in unserem Format Pro & Kontra.
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Es gibt Dinge, die man sich einfach nicht vorstellen kann – bis man sie zu sehen bekommt. Ich möchte Sie deshalb heute einladen, Ihrer Vorstellungskraft einen Schub zu geben: mit einem Besuch im Gefängnis. Zahlen beschreiben diesen Ort nur unangemessen: 5.500 Häftlinge leben dort, sitzen ihre Strafe ab, warten auf ihren Prozess. Kombinieren wir das mit einer zweiten Zahl: Das Gefängnis wurde für 800 Insassen gebaut. Es wird also voll werden bei unserem Besuch – und auch unser Verständnis von "voll" wird hinterher nicht mehr ganz dasselbe sein. Zuletzt: ein Mensch, den wir begleiten, und eine dritte Zahl. Der Mensch heißt Dennis Garcia, angeklagt wegen Raubüberfalls. Die Zahl, die zu diesem Menschen gehört, ist die 16. So lange wartet er bereits auf seinen Prozesstermin. In Jahren. Hinter Gittern. Treten wir also ein und schauen wir uns um. Man muss sich das ansehen. Denn vorstellen kann man sich das nicht. mehr
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WAS AMÜSIERT MICH?

Zwölf Milliarden Euro soll Deutschland mehr in den EU-Etat einzahlen – pro Jahr. So verlangt es die EU-Kommission. Meine Güte, das ist eine Menge Schotter! Na ja, wie man's nimmt:


Ich wünsche Ihnen einen fröhlichen Tag ohne Nullen.

Ihr Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: harms.chefredaktion@t-online.de

Mit Material von dpa.

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