Rechtsradikaler will Job zurück Sachsens Justizministerin will AfD-Mann Maier als Richter verhindern
Der Verfassungsschutz stuft Jens Maier als Rechtsextremisten ein, dennoch will er in Sachsen wieder Recht sprechen. Nun geht die Landesjustizministerin gegen ihn vor– doch einfach ist der Fall nicht.
Sachsens Justizministerium wehrt sich gegen die geplante Rückkehr des Richters Jens Maier (AfD) in den Justizdienst. Justizministerin Katja Meier (Grüne) stellte einen Antrag auf Versetzung des früheren Bundestagsmitglieds in den Ruhestand und die vorläufige Untersagung der Führung von Amtsgeschäften, wie das Ministerium am Samstagmorgen mitteilte. Der 60-jährige Maier wird vom Sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft, über die Wiederaufnahme seines Richteramts hatte es zuletzt heftigen Streit gegeben.
Laut Sächsischem Ministerium soll Maier nun ab dem 14. März dem Amtsgericht Dippoldiswalde als Richter zugewiesen werden – damit werde sein Anspruch auf Rückführung aus dem Abgeordnetengesetz erfüllt. Zugleich stellt das Ministerium demnach beim Richterdienstgericht den Antrag, Maier zur "Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechtspflege" unmittelbar die Führung der Amtsgeschäfte zu untersagen. Nach rechtskräftiger gerichtlicher Zustimmung soll er demnach in den Ruhestand versetzt werden.
Justizministerin Meier begründete ihr Vorgehen mit "Tatsachen außerhalb der richterlichen Tätigkeit des früheren Abgeordneten" – es diene dem Schutz der Rechtspflege. "Wer durch staatliche Behörden als Rechtsextremist eingestuft wird, kann kein glaubwürdiger Repräsentant der rechtsprechenden Gewalt sein und beschädigt das Ansehen der Rechtspflege schwerwiegend", erklärte Meier.
Maier saß von 2017 bis 2021 für die AfD im Bundestag. Nachdem er im vergangenen Jahr nicht wiedergewählt worden war, stellte er nach Angaben des Justizministeriums "fristgerecht" einen Antrag auf Rückführung in das frühere Dienstverhältnis. Das sei geltendes Recht "und daran müssen wir uns halten", erklärte Justizministerin Meier. "Doch der Rechtsstaat ist nicht machtlos."
Heftige Kritik an der möglichen Wiederaufnahme des Richteramts hatte es in den vergangenen Tagen unter anderem vom Deutschen Richterbund (DRB) gegeben. Im Fall Maier müssten "alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft" werden, hieß es. "Es wäre ein unerträglicher Zustand, wenn ein offenkundiger Rechtsextremist in den Justizdienst zurückkehren und in Deutschland Recht sprechen würde", warnte der DRB. Auch der Zentralrat der Juden hatte an die zuständigen Behörden in Sachsen appelliert, alle Möglichkeiten zu prüfen, eine Rückkehr ins Richteramt zu verhindern.
"Dieser Mann darf nie wieder Recht sprechen"
Spätestens seitdem der Fall Maier bei den "ARD-Tagesthemen" auftauchte, sorgt er bundesweit für Diskussionen. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob man einem Mann wie Maier, der sich durch den Begriff Rechtsextremist eher geadelt fühlt, nicht doch die Rückkehr auf den Richterstuhl verwehren kann. "Wer in diesen Zeiten nicht als Rechtsextremist diffamiert wird, der macht irgendetwas verkehrt", hatte Maier auf dem Parteitag damals erklärt. Für Rico Gebhardt, Fraktionschef der Linken im Sächsischen Landtag, steht fest: "Dieser Mann darf nie wieder Recht sprechen." Auch der SPD-Politiker Albrecht Pallas hält Maier für "untragbar".
Beim Internationalen Auschwitz Komitee löst die Vorstellung einer Rückkehr Maiers ebenfalls Entsetzen aus. "Für Überlebende des Holocausts und Verfolgte des Naziregimes ist die Vorstellung, dass ein solcher Mensch als Richter im Namen des deutschen Volkes Urteile fällen sollte, schlichtweg unvorstellbar und unerträglich", sagte der Exekutiv-Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner. Es bleibe zu hoffen, dass Maier von der rechtsprechenden Justiz ferngehalten werde.
Sachsens Justizministerin in der Zwickmühle
Für die Justizministerin ist der Fall jedoch nicht so einfach. Sie muss Recht und Gesetz befolgen, ist aber zugleich politischem Druck ausgesetzt.
"Also ich glaube, man kann mir als Person wirklich nicht vorwerfen, dass ich, was die Frage der Bekämpfung des Rechtsextremismus angeht, da nicht eine klare Haltung habe", hatte sie in einem Podcast von Sächsische.de, einem Online-Angebot der "Sächsischen Zeitung" gesagt. Die oberste Dienstbehörde habe beim Abgeordnetengesetz keinen Ermessensspielraum, betonte die Ministerin, ohne Maier namentlich zu nennen: "Ich kann nicht eingreifen. Wenn ich, wenn wir das tun könnten, dann würden wir es tun."
Der Bremer Verfassungsrechtler Andreas Fischer-Lescano hatte ihr entschieden widersprochen – zuerst in einem Blog und dann in den "ARD-Tagesthemen". Er meint, dass ein Mann wie Maier nie wieder eine Robe überstreifen darf. Die Haltung der sächsischen Justiz hält er für "skandalös"; er beschuldigt sie, sich dem Kampf gegen den Rechtsextremismus zu verweigern. In der ARD nannte er die Justizministerin sogar einen "Teil des Problems". Das Ministerium könne durchaus mit einem Disziplinarverfahren eingreifen, solange Maier noch keinem Gericht zuordnet sei und ein Eilfall mit "Gefahr in Verzug" vorliege.
"Dann hätten wir alle Möglichkeiten verwirkt"
Meier hielt in besagtem Podcast dagegen: "Und ich habe, um ehrlich zu sein, auch noch keinen anderen Wissenschaftler oder jemanden mit juristischem Sachverstand gehört, der die Meinung von Herrn Fischer-Lescano teilt."
Ein Disziplinarverfahren müsse von dem Gericht, an dem Maier später wieder arbeite, auf den Weg gebracht werden. Das Land Sachsen selbst könne ein solches Verfahren nicht anstrengen. "Wenn wir das als Ministerium machen würden, dann würden wir möglicherweise einen unheilbaren Mangel produzieren", sagte sie. Damit könnte dann auch ein mögliches Disziplinarverfahren am Gericht scheitern: "Dann hätten wir also alle Möglichkeiten verwirkt."
Nur Richteranklage kann den Fall klären
Der Neuen Richtervereinigung zufolge kann nur eine Richteranklage klären, ob Maier weiter die Robe trägt. "Ein Richter, der nicht die Gewähr dafür bietet, auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu stehen, hat in diesem Amt nichts zu suchen", sagt Landessprecher Ruben Franzen und verweist auf Artikel 80 der Landesverfassung.
Demnach kann der Landtag mit Zwei-Drittel-Mehrheit beim Bundesverfassungsgericht beantragen, dass ein Richter in ein anderes Amt oder in den Ruhestand versetzt wird. Eine solche Landtagsmehrheit wäre mit den Koalitionsfraktionen von CDU, Grünen und SPD im Verbund mit den Linken gegeben.
Zudem gilt es zu klären, ob Maiers Äußerungen als Politiker bei der rechtlichen Beurteilung des Anspruches auf Rückkehr zur Justiz überhaupt eine Rolle spielen dürfen. Das sächsische Justizministerium sieht einen Ansatzpunkt in einem geänderten Abgeordnetengesetz. Es sei dringend geboten, darüber zu reden, wie man Verfassungsfeinde aus dem öffentlichen Dienst entfernen oder fernhalten könne, schrieb die Justizministerin in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" – wieder ohne den Namen Maier zu erwähnen.
Jens Maier will sich zu all dem nicht äußern. Seine Partei spricht von einer "medialen Hexenjagd": "Die sächsische AfD steht zu ihrem ehemaligen Bundestagsabgeordneten Jens Maier", erklärt Partei- und Fraktionschef Jörg Urban.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP