Wegen Bestechungsaffäre CSU-Politiker Nüßlein will alle Ämter abgeben
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein zieht nach Vorwürfen der Bestechlichkeit die Reißleine. Über einen Anwalt lässt er mitteilen, dass er im Herbst nicht mehr für den Bundestag kandidiert.
Der unter Korruptionsverdacht stehende CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein zieht sich aus der Politik zurück. Er werde sein derzeit ruhendes Amt als stellvertretender Fraktionschef niederlegen und bei der Bundestagswahl im September nicht mehr kandidieren, ließ Nüßlein am Freitag über seinen Rechtsanwalt in München erklären.
Inzwischen wurde bekannt, dass noch mehr Abgeordnete in Maskengeschäfte verwickelt sind. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak reagierte scharf, sprach von "Bereicherung" und forderte eine schnelle Aufklärung. CSU-Generalsekretär Markus Blume nannte Nüßleins Schritt eine "absolut notwendige und folgerichtige Entscheidung".
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Nüßlein wies den Vorwurf der Bestechung erneut "entschieden" zurück. "Aufgrund des komplexen Sachverhalts mit Auslandsbezug" rechne er aber "nicht damit, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in den nächsten Wochen abgeschlossen sind". Das Ermittlungsverfahren stelle für seine Familie und seine Partei eine ganz erhebliche Belastung dar, weshalb er sich nun zum Rückzug entschieden habe. Sein Mandat wolle er aber bis zur Bundestagswahl behalten.
Nüßlein soll Masken-Deals eingefädelt haben
Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit gegen den CSU-Politiker. Er soll sich im Frühjahr vergangenen Jahres Medienberichten zufolge unter anderem beim Bundesgesundheitsministerium und beim bayerischen Gesundheitsministerium für einen Lieferanten von Corona-Schutzmasken eingesetzt haben.
Der Großauftrag kam offensichtlich auch zustande. Dafür sollen 660.000 Euro Provision an eine Firma gegangen sein, an der Nüßlein beteiligt sein soll. Eine Umsatzsteuervoranmeldung sei dafür jedoch nicht erfolgt, hieß es. Die Ermittler hatten in der vergangenen Woche 13 Objekte in Deutschland und in Liechtenstein durchsuchen lassen und Beweismittel sichergestellt. Auch Nüßleins Büro im Bundestag wurde durchsucht. Seine Immunität war zuvor durch den Bundestag aufgehoben worden.
Anwalt: Tätigkeit als Abgeordneter unberührt
Nüßleins Anwalt erklärte weiter, sein Mandant sei über ein eigenes Beratungsunternehmen vor knapp einem Jahr an der Bestellung von FFP2-Masken durch öffentliche Stellen beteiligt gewesen. Nüßlein habe "mehrfach Kontakte zwischen den Beschaffungsstellen des Bundes und potenziellen Auftragnehmern" hergestellt.
Er sei aber nicht an Entscheidungen zur Beauftragung von Masken-Lieferungen oder an Vertragsverhandlungen beteiligt gewesen. Ebenso wenig hätten die Vorgänge die parlamentarische Tätigkeit als Abgeordneter berührt. "Die Vorwürfe der Bestechung werden deshalb entschieden zurückgewiesen", betonte Rechtsanwalt Gero Himmelsbach.
Affäre um Schutzmasken weitet sich aus
In der Affäre um Nüßlein gibt es laut einem Bericht des "Spiegel" inzwischen auch ein Ermittlungsverfahren in Liechtenstein. Dabei soll es um den Verdacht der Geldwäsche gehen. Weiter hieß es, neben dem Bundesgesundheitsministerium habe der CSU-Politiker auch Geschäfte mit FFP2-Masken für die Bundespolizei eingefädelt. Das Magazin "Business Insider" hatte am Donnerstag berichtet, Nüßlein habe eine Scheinrechnung an ein Liechtensteiner Unternehmen gestellt, um mögliche Bestechungen zu verschleiern.
Inzwischen gibt es in Zusammenhang mit der Beschaffung von Schutzmasken Vorwürfe auch gegen weitere Unionsabgeordnete, darunter Nikolas Löbel. Der CDU-Politiker soll laut "Bild"-Zeitung für die Vermittlung von Maskenlieferungen aus China zwölf Cent pro Maske verlangt haben. Laut "Spiegel" soll Löbel insgesamt 250.000 Euro Provision kassiert haben. Weitere CDU-Abgeordnete sollen laut "Spiegel" für Firmen oder Lieferanten von Masken geworben haben. Sie bestreiten mit Ausnahme von Löbel demnach jedoch, Gegenleistungen erhalten zu haben.
Unmittelbar nach den Durchsuchungen hatte Nüßlein zunächst zu den Vorwürfen geschwiegen. Der CSU-Politiker gehört dem Bundestag seit 2002 an, seit 2014 ist er stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion.
"CDU und CSU stehen in der Verantwortung, ihren Laden aufzuräumen"
Die Vorgänge wurden am Freitag auch in einer Aktuellen Stunde im Bundestag diskutiert. "CDU und CSU stehen in der Verantwortung, ihren Laden aufzuräumen", sagte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann. "Sie stehen in der Verantwortung, diesen schwarzen Filz aufzuklären." Ihr FDP-Kollege Marco Buschmann sagte: "Es kostet uns Vertrauen, wenn der Eindruck entsteht, dass hier einige sich die Taschen vollmachen anstatt für das Wohl des deutschen Volkes zu arbeiten."
Kritik kam auch von der SPD. Bei der Union gebe es mittlerweile eine ganze Reihe solcher Fälle, sagte deren Abgeordneter Dirk Wiese. "Das ist nicht tragbar. Und man kann mittlerweile in Ihren Reihen nicht mehr von Einzelfall sprechen. Das ist System." Er erwarte, dass dies vollumfänglich aufgeklärt werde.
- Nachrichtenagenturen AFP, dpa