Landtagswahl Thüringen Umfrage: Wagenknecht-Partei erreicht 21 Prozent
Wenige Wochen vor der Landtagswahl deutet eine neue Umfrage Bewegung im Kräfteverhältnis der Parteien an. Die Linke von Regierungschef Ramelow stürzt ab. Dagegen steigt ein Newcomer weiter auf.
Knapp elf Wochen vor der Thüringer Landtagswahl rutscht die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow in einer neuen Infratest-dimap-Umfrage auf Platz vier ab, während das Bündnis Sahra Wagenknecht deutlich an Zuspruch gewinnt. Die AfD entfernt sich demnach zunehmend von ihren bisherigen Umfrage-Höchstwerten, wäre aber mit 28 Prozent weiter stärkste Kraft, wie aus der am Dienstag veröffentlichten Infratest-dimap-Umfrage im Auftrag des MDR hervorgeht.
Die CDU legt auf 23 Prozent zu und nähert sich damit der AfD von Rechtsaußen Björn Höcke weiter an. Auf Platz drei folgt nun der politische Newcomer BSW mit 21 Prozent. Die Linke kommt auf elf Prozent, die SPD auf sieben Prozent. Die Grünen wären mit vier Prozent nicht mehr im Landtag vertreten, ebenso wenig wie die FDP, die in der Umfrage unter sonstige Parteien erfasst wurde.
AfD verliert an Zuspruch
Wahlumfragen sind generell immer mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten. Grundsätzlich spiegeln Umfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang.
Kurz vor Beginn der Sommerferien und der heißen Wahlkampfphase kommt mit der neuen Umfrage Bewegung in das Kräfteverhältnis der politischen Parteien. So verliert die vom Landesverfassungsschutz in Thüringen als rechtsextremistisch eingestufte AfD erneut leicht an Zuspruch – in einer Erhebung des gleichen Instituts von Mitte Januar war sie noch auf 36 Prozent gekommen, Mitte März dann zunächst auf 28 Prozent. Thüringens AfD-Chef Björn Höcke hatte mehrfach den Anspruch einer Regierungsbeteiligung erhoben und sich bereits in der Rolle eines möglichen Ministerpräsidenten gesehen. Da keine Partei mit Chancen auf einen Einzug in den Landtag mit der AfD koalieren will, wird ein Zugewinn an Gestaltungsmacht nach der neuen Umfrage für die AfD unwahrscheinlicher.
BSW könnte Machtfaktor werden
Eine Regierungsbildung könnte angesichts der Umfragewerte weiter schwierig werden in Thüringen. Jedoch wäre eine Koalition mit eigener Mehrheit ohne Einbeziehung von Linke oder AfD laut der Umfrage möglich – bestehend aus CDU, BSW und SPD. Damit scheint das BSW mit ihrer Landesvorsitzenden Katja Wolf das Potenzial zu haben, ein Machtfaktor in Thüringen zu werden. Im Vergleich zu einer Infratest-dima-Umfrage von Mitte März kann das BSW sechs Prozentpunkte zulegen. Der Thüringer Landesverband der Wagenknecht-Partei hatte sich erst Mitte März gegründet. Anders als die FDP hat die Thüringer CDU eine Koalition mit BSW bisher ausdrücklich nicht ausgeschlossen.
Die nach Angaben des Instituts repräsentative Umfrage wurde zwischen dem 13. und 16. Juni erhoben, also wenige Tage nach der Europawahl, bei der das BSW in Thüringen aus dem Stand ein zweistelliges Ergebnis schaffte, während die Linke bei nur 5,7 Prozent landete. Befragt wurden 1.172 wahlberechtigte Thüringerinnen und Thüringer telefonisch (687) und online (485).
Ramelow beliebtester Politiker
Ramelow schrieb beim Portal X von einer "Thüringer Paradoxie" und verwies auf seine Beliebtheits- und Zufriedenheitswert im Vergleich zu seinen Kontrahenten. Nach der Erhebung ist der 68-Jährige weiter der beliebteste Politiker des Landes. Bei der Frage "Wenn man den Ministerpräsidenten in Thüringen direkt wählen könnte, für wen würden Sie sich entscheiden?" entschieden sich 47 Prozent für Ramelow, dagegen nur jeweils 18 Prozent für seine Herausforderer Mario Voigt (CDU) oder Björn Höcke (AfD). 52 Prozent zeigten sich mit Ramelows Arbeit zufrieden oder sehr zufrieden. Bei Voigt lag dieser Wert bei 23, bei Höcke bei 21 Prozent.
Die beiden Thüringer Linke-Vorsitzende Christian Schaft und Ulrike Grosse-Röthig nannten das Abschneiden ihrer Partei in der Umfrage enttäuschend und einen Schock für viele der Linke-Wahlkämpfer. Umfragen seien aber eine Momentaufnahme und keine Wahlentscheidung. "Unser Programm beruht auf Erfahrungen vor Ort und stammt nicht aus einer Berliner Retorte", erklärten die beiden in eine Mitteilung.
Die Thüringer CDU sieht sich auf dem Weg nach oben. "Die aktuelle Umfrage zeigt: Die CDU kann gewinnen", erklärte CDU-Generalsekretär Christian Herrgott. Die CDU sei die einzige Partei, die Höcke stoppen könne. "Am Ende wird für den Wähler die Frage in der Wahlkabine sein – AfD oder CDU, und ja, am Ende auch Höcke oder Mario Voigt, wer soll Ministerpräsident werden", erklärte Herrgott.
- Nachrichtenagentur dpa