"Nicht nachvollziehbar" Sechs Fridays-for-Future-Schüler sollen Bußgeld zahlen
Sechs Teilnehmer der Fridays-for-Future-Bewegung wurden wegen unentschuldigten Fehlens mit Bußgeldern bestraft. Die Aktivisten finden die Strafe nicht gerechtfertigt – ähnlich denken manche Politiker.
Erstmals ist nach Angaben der Bewegung Fridays for Future ein Fall bekannt geworden, bei dem deutsche Behörden ein Bußgeld von klimastreikenden Schülern verlangen. Das Ordnungsamt der Stadt Mannheim in Baden-Württemberg verlange jeweils 88,50 Euro von sechs Teilnehmern für zwei versäumte Schulstunden nach einer Demonstration im Mai, teilte Fridays for Future mit.
Die Bewegung sprach von einem "nicht nachvollziehbaren" Verhalten der zuständigen Behörden. Sie versuchten, "legitimen Aktionismus mittels Bußgeldbescheiden zu unterbinden", erklärte ein Sprecher der Mannheimer Ortsgruppe der bundesweit aktiven Organisation. Diese hätten "anscheinend" nicht verstanden, "dass die Klimafrage immer mehr zur Existenzfrage der jüngeren Generationen wird".
Fälle müssen öffentlich gemacht werden
Fridays for Future rief weitere Betroffene bundesweit auf, sich im Fall von Bußgeldbescheiden zu melden, und versprach Hilfe – unter anderem durch ein eingerichtetes Rechtshilfekonto. Fälle müssten zudem öffentlich gemacht werden. "Wir stehen hinter der allgemeinen Schulpflicht, die wir als Privileg betrachten – aufgrund der Klimakrise sehen wir uns allerdings dazu genötigt, zivilen Ungehorsam auszuüben", erklärte die Klimaschutzbewegung.
Unterstützung erhielten die Aktivisten von der Linken im baden-württembergischen Landtag. Das Verhalten der Behörden sei "ungeheuerlich", erklärte der für den Bereich Mannheim zuständige Abgeordnete Gökay Akbulut am Donnerstag. "Schülerinnen und Schüler von Fridays for Future sollen in ihrem politischen Engagement eingeschränkt werden."
Bußgeldbescheide an mehrere Familien
Akbuluts Angaben zufolge ergingen Bußgeldbescheide an mehrere Familien für das "unentschuldigte Fernbleiben vom Unterricht" ihrer Kinder. Diese besuchen das Sophie-Scholl-Gymnasium in Mannheim. "Wir wissen vielleicht nicht, was die Welt kostet, aber nun kennen wir den Preis dafür, sich für eine bessere Welt einzusetzen: 88,50 Euro, zahlbar beim Regierungspräsidium Karlsruhe", kritisierte Akbulut.
Seit Monaten demonstrieren vor allem junge Menschen in Deutschland und anderen Ländern weltweit einmal pro Woche am Freitag, um gegen ausbleibende Klimaschutzmaßnahmen zu protestieren. In Deutschland laufen die Proteste unter der Bezeichnung Fridays for Future und werden von einer gleichnamigen Bewegung koordiniert. Die Aktivitäten lösten ein erhebliches Echo in der Politik aus.
- "Fridays for Future"-Protest: Schüler umzingeln Bundestag
- Teilnahme an Klimaprotesten: 13 Berliner Schüler könnten sitzen bleiben
- Frage an den Experten: Zerstört die wachsende Weltbevölkerung das Klima?
Angesichts der weiter anhaltenden Streiks hatte es zuletzt wieder vermehrt Debatten um den Umgang mit teilnehmenden Schülern gegeben, denen Kritiker Schulschwänzerei vorwerfen. Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Hessens Bildungsminister Alexander Lorz (CDU), hatte jüngst gesagt, er rechne nach dem Sommerferien mit Strafen. Die Proteste hätten ihr Ziel erreicht, es bringe nichts, "noch weiter der Schule fern zu bleiben", sagte er der Wochenzeitung "Zeit". Teilnehmer müssten die Konsequenzen tragen.
- Nachrichtenagentur AFP