Machtwechsel im Kanzleramt Unions-Konservative fordern baldigen Merkel-Rücktritt
Inmitten des Koalitionsstreits wirbt die Werteunion für einen Kanzlerinnenwechsel. Kramp-Karrenbauer soll an die Regierungsspitze. Die meisten Bundesbürger sehen das ganz anders.
Der Vorsitzende der konservativen Werteunion, Alexander Mitsch, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgerufen, ihr Amt bald an die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer abzutreten. "Es wäre für die Union das Beste, wenn Frau Merkel ihr Amt geordnet und möglichst bald an AKK übergibt", sagte Mitsch der "Passauer Neuen Presse". Die CDU-Chefin könne dann mit einem erneuerten Kabinett den notwendigen Politikwechsel für Deutschland einleiten, besonders in der Einwanderungs- und Wirtschaftspolitik.
Die Diskussion über einen Koalitionsbruch war vergangene Woche von einzelnen SPD-Politikern ausgelöst worden. Zuvor hatten CDU-Politiker Spekulationen beim Koalitionspartner SPD über einen vorzeitigen Kanzlerinnenwechsel von Merkel zu Kramp-Karrenbauer verärgert zurückgewiesen. So bezeichnete der saarländische Regierungschef Tobias Hans das Verhalten führender Sozialdemokraten als "unverständlich, unverantwortlich und koalitionsschädigend".
Mitsch sagte jetzt der "Passauer Neuen Presse", er rechne mit einem baldigen Bruch der großen Koalition. "Ich gehe davon aus, dass die SPD spätestens nach den Landtagswahlen im Osten panikartig die Koalition verlassen wird. Die CDU muss sich darauf vorbereiten und sollte proaktiv den Wechsel im Kanzleramt betreiben."
Umfrage: Bürger wollen keinen vorzeitigen Rücktritt Merkels
Zwei Drittel der Deutschen lehnen einen vorzeitigen Rücktritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel ab und wünschen sich, dass die 64-Jährige bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2021 regiert. Diesen Wunsch haben laut dem RTL/n-tv-Trendbarometer zwei Drittel der Wahlberechtigten (67 Prozent). Nur 29 Prozent der Befragten wollen, dass Merkel vorzeitig geht. Damit ist der Wunsch, sie als Kanzlerin zu behalten, seit Februar 2018 um zwölf Prozentpunkte gestiegen.
Wenn Merkel vor Ablauf der Amtszeit zurückträte, wären laut der Umfrage 56 Prozent für Neuwahlen. 17 Prozent wären für eine Koalition aus Union, FDP und Grünen, 12 Prozent würden eine Fortsetzung der großen Koalition bevorzugen und 8 Prozent plädieren für eine Minderheitsregierung aus CDU, CSU und Grünen.
Sollte Merkel das Kanzleramt früher aufgeben, wären 39 Prozent der Wahlberechtigten für Kramp-Karrenbauer, 28 Prozent für Friedrich Merz und 33 Prozent für keinen von beiden als Nachfolger aus den CDU-Reihen.
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Forsa-Chef Manfred Güllner sagte der Mediengruppe RTL: "Anders als 1998, als viele sich wünschten, Kohl wäre nicht mehr Kanzler, ist 2019 von einer ähnlichen 'Merkel-Dämmerung' nichts zu spüren. Ganz im Gegenteil: Angesichts der krisenhaften Entwicklungen in der Welt sieht heute die Mehrheit der Bundesbürger keine Alternative zu Merkel."
- Nachrichtenagentur AFP, dpa