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Flaute in den Umfragen: Nur Sacharbeit kann die SPD nicht retten


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Flaute in den Umfragen
Nur Sacharbeit kann die SPD nicht retten

Eine Analyse von Helena Serbent

08.11.2018Lesedauer: 4 Min.
Heil, Nahles, Maas und Scholz: Mit Sacharbeit soll es aufwärts gehen.Vergrößern des Bildes
Heil, Nahles, Maas und Scholz: Mit Sacharbeit soll es aufwärts gehen. (Quelle: imago-images-bilder)
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Seit Bildung der großen Koalition fällt die SPD in den Umfragen zurück. Die Sozialdemokraten wollen nun zur Sacharbeit zurückkehren. Doch mangelt es daran überhaupt?

Immer weiter sinkt die SPD in den Umfragewerten, seit sie sich erneut auf eine große Koalition eingelassen hat. Olaf Scholz und Andrea Nahles forderten mehrfach die Rückkehr zur Sacharbeit. Dieses Wort ist ein Mantra der SPD-Überlebensstrategie geworden. Passend dazu standen am Donnerstag im Bundestag mit dem Rentenpaket, der Förderung von Langzeitarbeitslosen und Familienentlastung klassische SPD-Themen zur Abstimmung an. Es sind nur einige Projekte, an denen die SPD in der Regierung mitgearbeitet hat. Denn ein Blick auf die Koalitionsarbeit verrät, dass die SPD eigentlich schon die ganze Zeit nicht untätig war.

Innerhalb der ersten 230 Tage Regierungsarbeit brachten die Koalitionäre 64 Gesetzesentwürfe auf den Weg. Zum Vergleich: Die vorherige große Koalition hatte im gleichen Zeitraum 49 eingebracht, die schwarz-gelbe Regierung davor nur 39. Dabei sind einige Kernthemen der Sozialdemokraten vertreten.

Arbeit: Sozialdemokratischer geht es kaum

Im Ressort Arbeit konnte die SPD am meisten aktiv gestalten. Hier hat sie auch große Erfahrung. Hubertus Heil ist der 17. Arbeitsminister in der Geschichte der Bundesrepublik, bereits der elfte Sozialdemokrat. Insgesamt drei Gesetzte hat sein Ressort erfolgreich eingebracht: Das Qualifizierungschancengesetz, das die Weiterbildung von Beschäftigten unabhängig von Ausbildung, Alter und Betriebsgröße ermöglichen soll, ein Lohnkostenzuschuss, wenn Betriebe Langzeitarbeitslose einstellen, und eine Weiterentwicklung des Teilzeitrechts, um besonders Eltern den Wiedereinstieg in Vollzeit zu ermöglichen. "Bildung und Qualifizierung sind der Schlüssel für Wohlstand und die Arbeit von morgen", sagte Heil in einem Werbevideo seines Ministeriums.

Auf diese Themen hatte die SPD in den Koalitionsverhandlungen gepocht, genauso wie auf ein weiteres Wahlversprechen, die Erhaltung des Rentenniveaus. Dieses soll bis 2025 inklusive Steuern bei 48 Prozent und einem Beitragssatz bei 20 Prozent gefestigt werden.

Familie: SPD-Ministerin mit Unionsprogramm

Schlechter ist der Stand der Sozialdemokraten beim Thema Familie. Das Ministerium ging zwar an Franziska Giffey und die SPD. Die Gesetze, die sie bislang umgesetzt haben, sind jedoch aus dem Wahlprogramm der CDU: Eine Kindergelderhöhung um 10 Euro pro Kind im Monat, eine Erhöhung des steuerlichen Kinderfreibetrags und eine Staffelung von Elternbeiträgen für Kinderbetreuung bis hin zur Beitragsbefreiung. Letzteres gilt nur für sozial benachteiligte Familien.

Nun will Giffey das "Gute-Kita"-Gesetz so schnell wie möglich auf den Weg bringen. Dafür soll der Bund 5,5 Milliarden Euro bis 2022 investieren, um die Kitagebühren zu senken, Betreuungsschlüssel zu verbessern und Öffnungszeiten anzupassen. "Der Bund hat noch nie so viel dazugegeben, wie er es jetzt tut", bewarb Giffey das Prestige-Projekt der Sozialdemokraten im ARD- Morgenmagazin: "Zum allerersten Mal wird von Bundesseite in die frühkindliche Förderung investiert." Doch eigentlich wollte die SPD radikaler sein: Im Wahlkampf hatten sie noch die Abschaffung der Kita-Gebühren für alle Eltern gefordert.

Gesundheit: Kein Platz für große Projekte

In der Gesundheit hat die SPD noch weniger umgesetzt. Die geplante Bürgerversicherung musste sie schon bei den Koalitionsverhandlungen aufgeben. Pflege-Azubi Alexander Jorde zeigte sich im Interview mit t-online.de enttäuscht, dass die SPD dieses Thema schon im Wahlkampf nicht richtig verkauft habe: Der Begriff Bürgerversicherung war im Wahlkampf immer wieder gefallen, "aber viele Bürger wussten nicht, was da eigentlich hinter steckt. Das hätte man konkret erklären müssen", so Jorde.


Auch die Senkung der Ärztehonorare schaffte es nicht in den Koalitionsvertrag. Nur ein Anliegen haben die Sozialdemokraten durchgeboxt – sowohl im Koalitionsvertrag, als auch im Bundestag: Arbeitgebende und Arbeitnehmende werden die Beiträge zur Krankenversicherung wieder zu gleichen Teilen tragen.

Die SPD hatte den Pflegenotstand im Wahlkampf durchaus zum Thema gemacht, doch die Lorbeeren sammelt eine andere Partei ein: Das von der CDU und Jens Spahn geführte Gesundheitsministerium versucht mit dem neuen Pflegepersonal-Stärkungsgesetz auf den Notstand in der Pflege zu reagieren. Die Finanzierung des erhöhten Bedarfs von Krankenhäusern an Pflegepersonal soll ebenso verbessert werden wie die Finanzierung der Ausbildungsvergütung.

Innenpolitik: Seehofers Druck nachgegeben

Innenpolitisch haben die Sozialdemokraten bisher offensichtlich kein großes Mitspracherecht. Hier dominiert die Partei von Horst Seehofer: Die CSU konnte sich bei der Einwanderungspolitik mit drei Gesetzen durchsetzen. Dazu gehört die umstrittene Aussetzung des Familiennachzugs. Im Wahlprogramm 2017 steht bei der SPD zwar noch deutlich: "Familiennachzug und das Zusammenleben in der Familie tragen zu einer guten Integration bei. Deshalb werden wir die temporäre Aussetzung des Familiennachzugs nicht verlängern." In den Koalitionsverhandlungen hatte sie sich anfangs gewehrt, dann aber doch dem Druck der CSU nachgegeben.


Das für die SPD wichtige Thema Wohnen liegt hauptverantwortlich ebenso in Seehofers Ressort. Die SPD müssen sich darauf verlassen, dass die von ihnen forcierten sozialen Aspekte auch durchgesetzt werden. Die Chancen stehen hier allerdings gut, da die Parteien sich bei den Verhandlungen über die Inhalte einig waren. Ein Gesetz zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus ist bereits beschlossen. Sozialer Wohnungsbau, ein SPD-Thema, made by CSU.

Verbraucherschutz: Schulz Erbe im Dieselgate

Die Musterfeststellungsklage gilt als gemeinsame Errungenschaft der Bundesregierung. Sie soll Dieselfahrer die Möglichkeit geben, schneller für den Kauf besonders schädlicher Dieselmodelle entschädigt zu werden. Um die genauen Formulierungen wurde gerungen. Doch es war Martin Schulz, der mit der Klage in den Wahlkampf zog. Das Bundesjustizministerium unter Katharina Barley hat damit einen Erfolg gegen die Union vorzuweisen, denn seit dem 1. November können damit geschädigte Dieselfahrer gemeinsam gegen Automobilkonzerne vorgehen.

Dagegen steht die Abschaffung des Abtreibungsparagrafen, der es Ärzten verbietet, öffentlich über Schwangerschaftsabbrüche zu informieren, noch aus. Diese stand zwar nicht im Koalitionsvertrag, die SPD will sie dennoch rasch abschaffen. Fraktionsvorsitzender Ralf Stegner schrieb im April auf Twitter: "Beim §219 a muss sich die Union bald bewegen, sonst wird sie mit einer Mehrheit im Bundestag bewegt." Den vorgesehenen Gesetzesentwurf dazu hatte die Fraktion auf Druck der Union aber schnell zurückgezogen.

Fazit für die SPD: Das Problem liegt woanders

Tatenlosigkeit kann den Sozialdemokraten nicht vorgeworfen werden. Bei den Themen Arbeit, Verbraucherschutz und Wohnen haben sie viel geschafft, beim Thema Kinderbetreuung handeln sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Der Mangel an Zuspruch aus der Bevölkerung muss andere Ursachen haben als fehlende Sacharbeit.

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