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Fall Haikel S.: Abschiebung nach Tunesien trotz drohender Todesstrafe


Der Fall Haikel S.
Abschiebung trotz verhängter Todesstrafe

Von afp
Aktualisiert am 07.05.2018Lesedauer: 2 Min.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe: Abschiebungen dürfen bei Todesstrafen vollzogen werden, wenn sie nicht vollzogen wird.Vergrößern des Bildes
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe: Abschiebungen dürfen bei Todesstrafen vollzogen werden, wenn sie nicht vollzogen wird. (Quelle: imago-images-bilder)

Islamistische Gefährder dürfen unter Umständen auch dann abgeschoben werden, wenn in der Heimat die Todesstrafe verhängt wurde – das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.

Auch wenn ihnen die Todesstrafe im Herkunftsland droht, müssen islamistische Gefährder in Deutschland mit Abschiebung rechnen. Zumindest wenn die Todesstrafe zwar verhängt, aber nicht vollstreckt wird. Das hat nun das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden. Verhandelt wurde der Fall des vor mehr als einem Jahr in Hessen festgenommenen Islamisten Haikel S. aus Tunesien. Voraussetzung für die Abschiebung ist demnach zudem, dass der Gefährder die Chance hat, irgendwann wieder in Freiheit zu kommen.

Haikel S., der mitverantwortlich für den Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis sein soll, kam erstmals 2003 zum Studieren nach Deutschland. 2015 reiste er unter falschem Namen als angeblicher Syrer erneut ein. Deutsche Behörden ermittelten gegen ihn wegen des Verdachts der Unterstützung der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat. 2016 stellte zudem Tunesien einen Auslieferungsantrag. Die Behörden dort werfen dem Mann die Zugehörigkeit zu einer Terrororganisation vor.

Anfang Februar 2017 wurde Haikel S. in Hessen festgenommen. Ihm wurde damals auch vorgeworfen, in Deutschland ein Netzwerk für einen Anschlag aufgebaut zu haben. Konkrete Pläne gab es nach Ermittlerangaben aber noch nicht. Er soll zudem mitverantwortlich für den Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis sein, bei dem im März 2015 in Tunesiens Hauptstadt 21 ausländische Touristen getötet wurden. Zu der Tat bekannte sich der IS.

Gegen seine Auslieferung erreichte der Tunesier vor dem Verwaltungsgericht vorläufigen gerichtlichen Schutz. Daraufhin ordnete das Land Hessen die Abschiebung auf der Grundlage einer Sondervorschrift für die Abschiebung von Gefährdern an. Hier gilt ein verkürzter Rechtsweg, eine Klage ist nur direkt beim Bundesverwaltungsgericht möglich. Dieses wies den Tunesier jedoch ab.

Zu Recht, wie nun das Bundesverfassungsgericht entschied. Dass die neuen Vorschriften für die rasche Abschiebung von Gefährdern verfassungsgemäß sind, hatten die Karlsruher Richter bereits im Juli 2017 im Fall eines Algeriers entschieden.

Nach dem neuen Beschluss steht dabei auch die Todesstrafe im Zielland der Abschiebung nicht entgegen, wenn sicher ist, dass sie nicht vollstreckt wird. In Tunesien gelte ein Moratorium; seit 1991 werde die Todesstrafe dort nicht mehr vollstreckt.

Zudem verwies das Bundesverfassungsgericht auf seine Rechtsprechung, wonach zu einem menschenwürdigen Strafvollzug die realistische Chance gehört, die Freiheit wiedergewinnen zu können. Auch hier habe das Bundesverwaltungsgericht umfassende Informationen des Auswärtigen Amts eingeholt und dies dann bejaht.

Demnach kann der Staatspräsident in einem Gnadenakt die Todesstrafe in eine lebenslange Haft umwandeln. In einem zweiten Schritt ist nach 15 Haftjahren dann eine vollständige Begnadigung möglich. Unter diesen Voraussetzungen habe das Bundesverfassungsgericht die Abschiebung zu Recht für zulässig gehalten, bestätigte das Bundesverfassungsgericht.

Verwendete Quellen
  • AFP
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