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Pandemie: Das muss aus den Corona-Labor-Recherchen nun folgen


Corona wohl aus dem Labor
Damit hat der Kanzler dem Land geschadet

MeinungEin Gastbeitrag von Johannes Boie

Aktualisiert am 14.03.2025 - 13:05 UhrLesedauer: 5 Min.
Corona-Pandemie in DeutschlandVergrößern des Bildes
Maßnahmen gegen die Verbreitung von Corona (Symbolbild): Während der Pandemie kam es zu starken Einschränkungen der persönlichen Freiheit. (Quelle: Tobias Hase/dpa/dpa-bilder)
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Wenn Corona aus dem Labor stammte, hatten Leute recht, die lange als Verschwörungstheoretiker beschimpft wurden. Auch das muss eine Pandemie-Lehre sein: Wir müssen zurück zu einer Gesellschaft, die freies Denken, Kritik und Meinungsfreiheit belohnt statt bestraft.

Der Bundesnachrichtendienst geht mit substanzieller Wahrscheinlichkeit davon aus, dass Covid-19 aus dem Labor kommt. Die Corona-Pandemie ist demnach mit einiger Wahrscheinlichkeit das Produkt eines aufstrebenden Staates, der schnell spektakuläre wissenschaftliche Ergebnisse produzieren wollte und dessen Forscher rücksichtslos, unvorsichtig und unangemessen agierten.

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Die Bedeutung dieser Sachlage ist kaum zu überbieten.

Millionen Tote weltweit, gespaltene Gesellschaften, ruinierte Volkswirtschaften, Arbeitslosigkeit und sehr viele Menschen, die ohne ihre Liebsten, allein in einer Quarantäne-Zone gestorben sind – für diese gewaltige biologische Katastrophe gibt es mit gewisser Wahrscheinlichkeit einen verantwortlichen Staat, verantwortliche Behörden, Aufseher und Wissenschaftler. Womöglich wäre es sogar möglich, die einzelnen Forscher zu finden, die das Entweichen des Virus möglich gemacht haben.

Gibt es Verantwortliche, gehören sie bestraft

Auch wenn es von der aktuellen Lage der Welt überforderte Politiker ungern hören wollen: Auf China sollte international härtester Druck ausgeübt werden, um die beweisbare Wahrheit über den Corona-Ursprung zu erfahren. Es ist wissenschaftlich möglich, anhand von Proben die Herkunft des Virus aus dem Labor klar zu bestätigen oder zu widerlegen. Die Tatsache, dass China diese Proben nicht herausgibt und sich auch sonst sämtlichen ernsthaften Untersuchungen verweigert, ist mehr als verdächtig.

Wenn es Verantwortliche gibt, müssen sie bestraft werden. Das Gefühl, dass das Gesetz für einige, die drastische Straftaten begehen, nicht gilt, aber Millionen andere für Kleinigkeiten bestraft werden, ist weltweit eines, das Menschen den Glauben an Rechtsstaatlichkeit und, noch schlimmer, Gerechtigkeit verlieren lässt.

Der Autor

Johannes Boie ist Publizist, Berater und der ehemalige Chefredakteur von "Bild" und "Welt am Sonntag". Am vergangenen Mittwoch veröffentlichte er in der "Neuen Zürcher Zeitung" eine investigative Recherche, in der er über eine geheim tagende Forschergruppe beim Bundesnachrichtendienst berichtete; und darüber, dass der Dienst der Bundesregierung die Einschätzung übermittelt hat, dass Covid-19 wahrscheinlich aus dem Labor in Wuhan, China, entwichen sei – und sich eben nicht in der Natur entwickelt habe. Einige Stunden später berichteten auch "Zeit" und "SZ" darüber.

Gleichzeitig gilt es ein anderes Phänomen zu durchleuchten, und aus der deutschen und westlichen Gesellschaft zu verbannen: Es ist die Einschränkung des freien Denkens, des offenen Wortes, der kritischen Analyse. Rationalität als Grundlage des Denkens, Empirie und Kritik statt Dogma und Meinungsfreiheit sind die Grundlagen, auf denen unsere Gesellschaft seit der Aufklärung beruhte. Es ist nicht übertrieben, zu sagen, dass sie allesamt bedroht sind.

Schnell wurde man zum "Schwurbler" erklärt

Die Einschränkung der freien Meinung fand in den vergangenen Jahren vor allem durch Chilling Effects statt. Allein die Sorge davor, dass etwas passieren könnte, wenn man etwas sagen würde, drängte viele Menschen dazu, ihre Meinung nicht mehr zu äußern. Mit dem Gefühl geschlagen, zum Schweigen verdammt zu sein, wandten sich einige davon radikalen Parteien zu. Die Wahlergebnisse der letzten Jahre sind nicht nur, aber auch durch diese Effekte zustande gekommen.

Das brutale Durchsetzen erzwungener Narrative war bei vielen Themen zu beobachten, es gibt Beispiele aus vielen Teilen der Gesellschaft: Lange wurden etwa antisemitische Straftaten, die nicht klar einer Tätergruppe zuzuordnen waren, automatisch als "rechts" verbucht. Wer einwandte, dass radikale Muslime Juden genauso bedrohen wie Nazis, galt schnell als "rechts". Wer sich dagegen wehrte, die Transideologie in ihren radikalen Ausprägungen zu befürworten, wer zum Beispiel auf getrennte Toiletten bestand, musste Sorge haben, als "transfeindlich" zu gelten.

Und wer bei Corona darauf hinwies, dass es ein durchaus seltsamer Zufall ist, dass das Virus ausgerechnet aus einer Stadt kommt, in der an exakt solchen Viren geforscht wurde, und dass es ein Forschungsprojekt gab, das einigermaßen genau beschrieb, was im Labor in Wuhan später geschah – der wurde schnell in die Gruppe der "Schwurbler" und "Verschwörungstheoretiker" einsortiert.

Die "Guten" gegen die "Bösen"

Höhepunkt war ein offener Brief von hochrangigen Forschern, die bereits 2020 im angesehenen Fachmagazin "The Lancet" ihr Renommee einsetzten, um "gemeinsam stark zusammenzustehen, um Verschwörungstheorien zu bekämpfen, die andeuten, Covid-19 komme nicht aus der Natur".

In Peking wird man sich die Hände gerieben haben: Sieh einer an, einige der besten Virologen des Westens sagen exakt das, was die Diktatur in Peking hören möchte …

In Deutschland führte dieses aufgezwungene Narrativ zur gesellschaftlichen Spaltung: Auf der einen Seite die guten, klugen, durchaus auch akademischen Forscher und ihre Gefolgschaft, die den, leider Gottes, nicht ganz so klugen Rest der Gesellschaft auf der anderen Seite erziehen, korrigieren und ja, auch zum Schweigen bringen müssen. Diese erste Gruppe, der man in den sozialen Medien, an manchem Küchentisch und im Job begegnen konnte, war weitgehend beseelt davon, zu "den Guten" zu gehören. Darunter mischten sich übrigens auch zahlreiche Journalisten, insbesondere in den Wissenschaftsressorts, die, anders als Politikjournalisten, die Objekte ihrer Berichterstattung, die Forscher, häufiger als Partner und Informanten, denn als wichtige Personen, deren Handlungen und Motive es grundsätzlich zu hinterfragen gilt.

Auch die "Tagesschau" erklärte ausführlich, warum das Virus nicht aus einem Labor kommen könne. Als der Physiker Roland Wiesendanger öffentlich erklärte, er sei von der Herkunft des Virus aus dem Labor überzeugt, brach über ihn ein Sturm der Entrüstung hinein; bis hin zum Vorwurf, die öffentliche Überlegung sei rassistisch, denn schließlich seien die Menschen in Wuhan ja Asiaten. Potzblitz.

Die Zweifler hatten wahrscheinlich recht

Jetzt stellt sich raus: Wiesendanger und viele andere Zweifler haben wahrscheinlich recht.

Und es sind eben nicht diejenigen, die Virologen wie Heilige verehrten, auf dem richtigen Pfad. Ihr Mantra war – und ist beim Thema Klimaschutz bis heute – "Follow the science", folge der Wissenschaft. Dabei negieren die selbst ernannten Wissenschaft-Fans, dass Wissenschaft ein tastender Prozess ist und Wissenschaftler Menschen sind. Sie machen nicht nur Fehler, es gibt auch solche, die manipulieren, lügen und fälschen. In Deutschland womöglich weniger als in China.

Ich erinnere mich gut an eine Begegnung während der Pandemie, in der mir jemand, der für die Politik "modellierte" – also versuchte, vorauszusagen, wie hoch die Infektionszahlen in der näheren Zukunft sein würde – in einem Hintergrundgespräch offen sagte, stets jeweils nur das dramatischste von mehreren errechneten Modellen zu präsentieren, und zwar "um die Menschen dazu zu bewegen, zu Hause zu bleiben". Es war eine Person, die von Tausenden in Deutschland als unbestechlicher, anständiger Mensch aus der Wissenschaft wahrgenommen wurde, und die regelmäßig im Fernsehen zu sehen war.

Christian Drosten, während der Pandemie zum Superstar in Deutschland aufgestiegen und zweifelsohne ein herausragender Virologe, hat den Brief in "Lancet" mitunterschrieben. Er hat dazugelernt und distanziert sich Stück für Stück von seiner alten These.

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Der Kanzler hat dem Land einen Bärendienst erwiesen

Aus der Pandemie sind viel zu wenig Lehren gezogen worden. Viele, die noch gezogen werden müssen, sollten sich auf die Laborsicherheit beziehen, für die es internationale Standards gibt, und auch auf die Einschränkung von Experimenten, die mehr Gefahr als potenziellen Nutzen bergen.

Aber die eigentliche Lehre muss unserer Gesellschaft gelten. Selbstdenken, Mündigkeit und eine kritische Grundhaltung müssen wieder ein geschätzter Teil des Umgangs werden. Nicht jeder, der die Dinge anders sieht, ist ein Verschwörungstheoretiker. Wo mit Vernunft Argumente geschaffen und verwendet werden, wo Indizien gegeneinander abgewogen werden und wo aufrichtig nach Beweisen gesucht wird, da wird die Gesellschaft nicht gespalten, sondern zusammengehalten.

Was wirklich schadet, ist, wenn Wahrheiten verschwiegen werden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) haben dem Land einen Bärendienst erwiesen, indem sie die Recherche des Bundesnachrichtendienstes nicht offen geteilt haben. Das Volk hat ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, woher die Pandemie wahrscheinlich gekommen ist.

Verschwörungstheorien entstehen dort, wo Wahrheit fehlt. Viele Gewerke in Gesellschaft und Staat sind eigentlich dazu da, diese Leerstellen zu füllen: die Regierung, die Ermittlungsbehörden und Journalisten an vorderster Front. Auch interessierte Bürger, die sich eine eigene Meinung leisten, und Intellektuelle, die gelegentlich gegen den Strom zu schwimmen bereit sind, sind bei der Suche hilfreich. So funktioniert eine aufgeklärte Gesellschaft. Es wird Zeit, dass wir wieder eine werden.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten spiegeln die Meinung der Autoren wider und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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