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Kanzlerfrage der SPD: Boris Pistorius schließt Kandidatur nicht mehr aus


Kanzlerfrage in der SPD
Pistorius schließt Kandidatur nicht mehr aus – Scholz unter Druck

Von dpa
Aktualisiert am 19.11.2024 - 08:54 UhrLesedauer: 3 Min.
Könnte Boris Pistorius den gescheiterten Olaf Scholz ersetzen?Vergrößern des Bildes
Könnte Boris Pistorius den gescheiterten Olaf Scholz ersetzen? (Quelle: Kay Nietfeld/picture alliance/dpa)

Die Debatte um den Kanzlerkandidaten der SPD nimmt Fahrt auf. Olaf Scholz muss jetzt um den wichtigsten Landesverband seiner Partei kämpfen.

Die Frage der Kanzlerkandidatur ist in der SPD noch nicht zugunsten von Bundeskanzler Olaf Scholz entschieden. Vor allem aus dem mitgliederstärksten Landesverband Nordrhein-Westfalen meldeten sich einflussreiche Sozialdemokraten in dieser Richtung zu Wort. Unterstützung erhält Scholz aus der Parteiführung und von Kabinettsmitgliedern der SPD. Deutlich beliebter in Umfragen ist Verteidigungsminister Boris Pistorius. Dieser schließt eine Kanzlerkandidatur grundsätzlich nicht aus, betont aber die Loyalität zu Scholz und erklärt, dass das Kanzleramt nicht seiner Lebensplanung entspreche.

Die SPD liegt in Umfragen bei 15 bis 16 Prozent, die Union mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz ist mindestens doppelt so stark. Zugleich gehört Pistorius im Gegensatz zu Scholz zu den beliebtesten Politikern in Deutschland. Eine neue Umfrage untermauert dies. Im Politikerranking, das vom Insa-Institut für die "Bild" wöchentlich erstellt wird, steht Pistorius ganz oben. Dagegen ist Scholz vom 19. auf den 20. und letzten Platz abgerutscht, der Zeitung zufolge zum ersten Mal.

Gegenwind für Scholz im größten SPD-Landesverband

In dieser Gemengelage bekommt ein gemeinsames Statement der Vorsitzenden der NRW-Landesgruppe in der SPD-Fraktion, Wiebke Esdar und Dirk Wiese, zusätzliches Gewicht. Beide sind zugleich Vorsitzende der mächtigen Strömungen innerhalb der SPD-Fraktion – Esdar als Sprecherin der Parlamentarischen Linken, Wiese als Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises. "Letztlich entscheiden die Parteigremien über die Frage der Kanzlerkandidatur, das ist auch der richtige Ort dafür", erklärten beide. Es gebe in der SPD eine Debatte über die beste politische Aufstellung für die Bundestagswahl, räumten sie ein. Und: "Dabei hören wir viel Zuspruch für Boris Pistorius."

Auch der SPD-Fraktionschef im NRW-Landtag, Jochen Ott, legt sich nicht fest. "Allein, dass die SPD zwei Kabinettsmitglieder hat, denen die Kanzlerschaft zugetraut wird, zeigt, dass wir für diesen Wahlkampf grundsätzlich gut aufgestellt sind", sagte Ott im "Welt"-Interview. Juso-Chef Philipp Türmer hält die Frage des SPD-Kanzlerkandidaten ebenfalls noch nicht für entschieden. Klar für Pistorius positioniert hatten sich bereits mehrere Kommunalpolitiker sowie die Bundestagsabgeordneten Joe Weingarten und Johannes Arlt.

 
 
 
 
 
 
 

SPD-Größen stellen sich hinter Scholz

Scholz hat aber auch gewichtige Fürsprecher, wie die beiden Parteichefs Saskia Esken und Lars Klingbeil. Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, die auch stellvertretende Parteivorsitzende ist, sagte dem Magazin "Stern": "Die SPD stellt den Kanzler, das ist eine große Chance. Deshalb ist Olaf Scholz der natürliche und richtige Kanzlerkandidat." Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärte beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Für mich ist klar, dass der Bundeskanzler unser Kandidat wird." Scholz habe das Land "umsichtig und entschieden durch schwere Krisenzeiten geführt".

"Für mich ist Olaf Scholz gesetzt", sekundierte Gesundheitsminister Karl Lauterbach in der ARD-Sendung "Hart aber fair". Der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz, der 2017 als Kanzlerkandidat gescheitert war, unterstrich in der "Rheinischen Post": "Der Kanzler ist der Kanzler und tritt als solcher erneut an. Das finde ich logisch."

Pistorius schließt Kanzlerkandidatur nicht mehr aus

Der Bundesverteidigungsminister kam am Abend bei einer Veranstaltung der Mediengruppe Bayern in Passau zum Themen "Menschen in Europa" nicht an der K-Frage vorbei. "In der Politik sollte man nie irgendetwas ausschließen, ganz egal, worum es geht", sagte Pistorius, der sich auch bei anderen Terminen schon gegen "Ausschließeritis" ausgesprochen hatte. Er lobte zugleich Scholz, dieser mache einen richtig guten Job. "Und er hat gesagt, er will weitermachen. Das ist das Normalste der Welt."

"Da ich erstens ein zutiefst loyaler Mensch bin, zweitens in meiner Lebensplanung nie drinstand, Verteidigungsminister zu werden oder gar Bundeskanzler, werde ich 'nen Teufel tun und mir jetzt sagen: Ich mache das, ich trete jetzt an. Nein, das werden Sie von mir nicht hören. Ich bin Parteisoldat." Pistorius schob hinterher: "In meiner Lebensplanung findet das nicht statt und das muss auch ehrlich gesagt nicht sein."

Aus Sicht des früheren SPD-Chefs Norbert Walter-Borjans sollte sich die Partei nicht mehr viel Zeit zur Klärung der K-Frage lassen. Scholz habe das Land "in einer extrem schweren Zeit vor viel Bedrohlichem bewahrt", lobte Walter-Borjans in der "Rheinischen Post". Er betonte jedoch zugleich: "Wahr ist aber auch, dass Merz nur mit einem Kanzler zu verhindern wäre, der auf den letzten Metern die Kraft aufbringt, selbstkritisch und nahbar den Unterschied deutlich zu machen. Das ist bisher Olaf Scholz' schwacher Punkt". Die Verantwortlichen müssten nun "bitte rasch entscheiden", forderte Walter-Borjans, "notfalls in einer Nachtsitzung."

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Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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