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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Im Wiederaufbau Demokraten suchen Anführer gegen Trump

Die Demokraten befinden sich nach der Niederlage gegen Donald Trump in einem Findungsprozess. Doch welchen Politikern gehört in der Partei die Zukunft?
Noch keine 100 Tage ist US-Präsident Donald Trump im Amt. Trotzdem hat sein Vorgänger Joe Biden schon genug von ihm. Innerhalb weniger Wochen habe Trump "so viel Schaden und so viel Zerstörung angerichtet", sagte Biden zuletzt in seiner ersten Rede nach dem Ende seiner Amtszeit in Chicago.
- Biden attackiert Trump: Dieser Auftritt könnte wichtiger sein als gedacht
Zuvor hatte es bereits Gerüchte gegeben, dass der 82-jährige Biden sich wieder mehr politisch einbringen wolle – unter anderem, um neue Spenden für die Demokratische Partei zu sammeln. Die Zukunft der Partei, die weiter nach einem Kurs gegen Trump sucht, werden aber andere Politiker bestimmen. Doch welche Demokraten könnten die Partei in den kommenden Jahren prägen? t-online stellt einige Kandidaten vor:
Cory Booker, Senator von New Jersey
Dem 55-Jährigen gelang Anfang April ein ungewöhnlicher Rekord: Mehr als 25 Stunden lang kritisierte Booker in einer Dauerrede die Politik von Donald Trump, ohne einen Gang zur Toilette und Essen. Länger sprach noch nie jemand am Stück im US-Senat.
Booker war aber auch schon zuvor kein Unbekannter in der US-Politik: Schon 2016 wurden ihm Chancen auf das Amt des Vizepräsidenten unter Hillary Clinton nachgesagt, 2020 stieg er bei den Vorwahlen um das Amt des Präsidentschaftskandidaten der Demokraten ein, gab aber früh seinen Ausstieg aus dem Rennen bekannt.
Der Politiker machte schon vor seiner Rekordansprache von sich reden und ist bereits weit über seinen Wahlkreis hinaus bekannt: Booker ließ sich mehrfach von Filmteams für Dokumentationen seiner politischen Arbeit begleiten. Als er für den Stadtrat in Newark kandidierte, zog er in eine Sozialbausiedlung, zwischenzeitlich lebte er auch in einem Zelt oder trat in den Hungerstreik.
Gavin Newsom, Gouverneur von Kalifornien
Der 57-Jährige war bereits in der engeren Auswahl, Joe Biden zu ersetzen, als sich der US-Präsident im vergangenen Sommer entschieden hatte, aus dem Präsidentschaftswahlkampf auszusteigen. Newsom werden auch Ambitionen nachgesagt, 2028 zu kandidieren. Er ist seit 2019 Gouverneur des bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Bundesstaats der USA, zuvor führte er bereits erfolgreich die Metropole San Francisco als Bürgermeister.
Als Politiker aus dem sehr liberalen Kalifornien wird Newsom aber ein schwerer Stand bei Wechselwählern nachgesagt, da er als zu progressiv gelten könnte. Newsom hatte zuletzt eine eigenwillige Strategie gewählt, um zu zeigen, dass er über die Lager hinweg wählbar ist: In seinem neuen Podcast interviewte er unter anderem die weit rechts stehenden Vordenker Charlie Kirk und Steve Bannon.
In den Gesprächen mit Bannon und Kirk, die etwa Lügen darüber verbreiten, dass Joe Biden die Präsidentschaftswahl 2020 eigentlich verloren hat, plauderte Newsom über alle möglichen Themen: Dabei teilte er unter anderem mit, dass er es unfair finde, wenn trans Personen an Sportwettbewerben von Frauen teilnehmen. Newsom hatte sich zuvor stark für die Rechte von Homosexuellen und anderen Minderheiten eingesetzt.
Alexandria Ocasio-Cortez, Abgeordnete für New York
Die 35-jährige New Yorkerin bezeichnet sich selbst als demokratische Sozialistin und repräsentiert den linken Flügel ihrer Partei. Zuletzt war sie mit dem ebenfalls links stehenden Senator Bernie Sanders unterwegs und begeisterte dort Tausende Unterstützer, indem sie den Kampf gegen die "Oligarchie" in den USA kritisierte. Sie kommt vor allem bei jungen Wählerinnen und Wählern gut an.
Geboren wurde "AOC" in der Bronx, seit 2019 vertritt sie Teile des New Yorker Bezirks im US-Kongress. Mit 29 war sie damals die jüngste Frau, die jemals in den Kongress gewählt wurde. In ihrer Anfangszeit erregte sie unter anderem Aufmerksamkeit, als sie in einem Livestream über Politik sprach, während sie in ihrer neuen Wohnung Ikeamöbel aufbaute. In sozialen Medien gilt die 35-Jährige seitdem als Star.
Im Kongress ist die 35-Jährige Vertreterin der sogenannten "Squad", einer Gruppe von jungen, linken Abgeordneten, die überwiegend weiblich sind und einen Migrationshintergrund haben. Außenpolitisch positioniert sich Ocasio-Cortez unter anderem als starke Unterstützerin Palästinas im Nahostkonflikt. Unter anderem nannte sie den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu einen "Kriegsverbrecher" und bezeichnete die militärische Reaktion Israels auf die Terroranschläge der Hamas vom 7. Oktober als "Genozid".
Hakeem Jeffries, Minderheitsführer im Repräsentantenhaus
Seit 2022 ist der 54-Jährige der erste Mann der Demokraten im US-Unterhaus: Der gebürtige New Yorker trat damals die Nachfolge von Nancy Pelosi an und ist der erste Schwarze, der eine Partei im Kongress anführt.
Passend zu seinem Amt gilt Jeffries als Mann der Mitte und Brückenbauer innerhalb seiner Partei. Auch seinem Verhandlungsgeschick ist es zu verdanken, dass Ex-Präsident Joe Biden mit Zustimmung der Republikaner ein großes Infrastrukturpaket und den "Inflation Reduction Act" auf den Weg bringen konnte, um die heimische Wirtschaft zu stärken.
Zuletzt geriet Jeffries allerdings auch in die Kritik: Ihm wird vorgeworfen, bisher keine Strategie gegen Trump entwickelt zu haben, weswegen die Demokraten den wiedergewählten Präsidenten eher zaghaft kritisiert haben.
Gretchen Whitmer, Gouverneurin von Michigan
Wie Gavin Newsom galt auch Whitmer als denkbare Ersatzkandidatin für Joe Biden bei der vergangenen Präsidentschaftswahl. Die 53-Jährige sagte aber ab. Schon 2020 wurde sie auch als Kandidatin für die Vizepräsidentschaft unter Joe Biden gehandelt. Biden entschied sich dann allerdings für Kamala Harris.
Whitmer ist nicht nur Gouverneurin des Swing States Michigan, sondern auch tief in dem Bundesstaat verwurzelt: In ihrem Geburtsort Lansing lebt sie noch heute. Auch für ihr Studium verließ sie Michigan nicht – für Amerikaner, die für Arbeit und Universität durchaus weite Wege auf sich nehmen, ist das ungewöhnlich.
Whitmer gilt als progressive Kraft innerhalb der Partei, die allerdings auch bewiesen hat, dass sie in einem Bundesstaat ankommt, der auch von der Arbeiterschicht geprägt ist. In die landesweiten Schlagzeilen gelangte Whitmer, als 2020 bekannt wurde, dass eine rechtsextreme Miliz ihre Entführung geplant hatte.
Pete Buttigieg, ehemaliger Verkehrsminister
Der 43-Jährige Buttigieg war vor einigen Jahren in der großen US-Politik noch ein völlig unbeschriebenes Blatt. 2019 gab er als damaliger Bürgermeister der Kleinstadt South Bend in Indiana bekannt, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren. Bei der ersten Vorwahl in Iowa gelang ihm eine faustdicke Überraschung, als er die meisten Stimmen einfahren konnte – mehr als Politiker wie Bernie Sanders oder Joe Biden. Buttigieg war offenbar in der Lage, als Kleinstadtbürgermeister ohne Verbindungen in die große Politik viele Menschen in dem ländlichen Bundesstaat zu mobilisieren.
Die Anfangseuphorie hielt allerdings nicht lange, und Buttigieg stieg wenig später aus dem Rennen aus. Dennoch holte ihn Joe Biden später in sein Kabinett. Mit 39 Jahren wurde er zum jüngsten Verkehrsminister in der Geschichte der USA. Zuletzt erklärte der Politiker, weder als Gouverneur noch als Senator im Bundesstaat Michigan zu kandidieren, wo er mittlerweile lebt. Viele Beobachter werteten das als Indiz dafür, dass sich Buttigieg wieder auf die kommende Präsidentschaftswahl konzentrieren könnte.
Politisch gilt Buttigieg als progressiv, aber gleichzeitig auch als für die Mitte vermittelbar: Der Politiker ist Afghanistan-Veteran und diente acht Jahre in der Navy. Sollte Buttigieg eines Tages ins Weiße Haus einziehen, wäre das in jedem Fall ein Novum: Er wäre der erste homosexuelle Präsident der USA.
J. B. Pritzker, Gouverneur von Illinois
Mit 60 Jahren ist Pritzker zwar jünger als Joe Biden und Donald Trump, aber auch kein Mann mehr für die weite Zukunft. Allerdings soll Pritzker mit dem Gedanken spielen, in den nächsten Präsidentschaftswahlkampf einzusteigen. Bislang ließ er offen, ob er 2026 erneut für das Amt des Gouverneurs von Illinois kandidieren will.
Pritzker kann abseits der Politik mit großen finanziellen Möglichkeiten punkten. Seiner Familie gehört die Hyatt-Hotel-Gruppe, und sie zählt zu den reichsten in den USA. Das persönliche Vermögen des Politikers soll mehr als 3 Milliarden Dollar betragen, was Pritzker zu einem der reichsten Staatsbediensteten in den USA macht.
In der Partei gilt der Politiker als einflussreich und gut vernetzt. Allerdings ist er in der breiten Öffentlichkeit bislang eher unbekannt.
Raphael Warnock, Senator von Georgia
Als elftes von zwölf Kindern wuchs Warnock in einer Pastorenfamilie auf. Später wurde er selbst Pastor, unter anderem im New Yorker Stadtteil Harlem, und arbeitet bis heute in Atlanta. Dort predigt Warnock in derselben Kirche, in der einst auch Martin Luther King tätig war.
2021 wurde Warnock in den Senat gewählt. Er ist der erste schwarze Senator in der Geschichte Georgias und der erste schwarze Demokrat, der überhaupt einen der Südstaaten der USA in der Kongresskammer vertritt.
Der 55-Jährige gilt aktuell als einer der prominentesten Vertreter der Bürgerrechtsbewegung. Trotz seines Hintergrunds als Priester ist er ein prominenter Unterstützer des Abtreibungsrechts und der gleichgeschlechtlichen Ehe.
Josh Shapiro, Gouverneur von Pennsylvania
Der 51-Jährige galt lange als Favorit auf das Amt des Vizepräsidentschaftskandidaten für Kamala Harris, die sich dann allerdings für Tim Walz entschied. Shapiro hat sich aber dadurch bereits national ins Gespräch bringen können und gilt innerhalb seiner Partei weiterhin als Mann der Zukunft.
Bei der Gouverneurswahl 2022 hatte sich Shapiro in Pennsylvania deutlich gegen den von Trump unterstützten Republikaner Doug Mastriano durchgesetzt. Der Bundesstaat hatte sich in den vergangenen Jahren zum wichtigsten Swing State der Präsidentschaftswahlen entwickelt. Shapiros Rückhalt dort könnte ihm auch bei den Wahlen um das Weiße Haus künftig einen großen Vorteil bescheren. Denn in keinem anderen Swing State gibt es mehr Wahlmänner zu holen.
Unlängst wurde ein Brandanschlag gegen die Residenz des Gouverneurs verübt. Shapiro hatte am Abend mit seiner Familie eine Feier anlässlich des jüdischen Pessach-Festes abgehalten. Verletzt wurde allerdings niemand.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- guardian.com: "Who is Cory Booker? Everything you need to know about the Democrat running for president in 2020" (Englisch)
- time.com: "Cory Booker Reminds Us All He’s Still a Superhero" (Englisch)
- nytimes.com: "A.O.C. Accuses Israel of Genocide, Highlighting a Democratic Divide" (Englisch, kostenpflichtig)
- independent.co.uk: "AOC shows off her new D.C. apartment in Instagram video" (Englisch)
- cnn.com: "‘Use your power’: Hakeem Jeffries at a crossroads as Democrats urgently search for strategy" (englisch)
- forbes.com: "Illinois' New Governor J.B. Pritzker Is Now The Nation’s Richest Elected Official — Ahead Of Trump" (Englisch)
- independent.co.uk: "J.B. Pritzker 2028? Illinois governor fuels presidential run speculation" (Englisch)