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Zum journalistischen Leitbild von t-online.FDP-Fraktionschef Dürr "Friedrich Merz sollte dem zügig Einhalt gebieten"
FDP-Fraktionschef Christian Dürr ist sauer auf die Union. Wichtigster Grund: deren schwammige Haltung zur Schuldenbremse. Dürr macht darum Partei- und Fraktionschef Merz eine harte Ansage.
Lange galten Union und FDP als fast natürliche Partner, Jahrzehnte regierten sie gemeinsam das Land. Vor allem in der Wirtschafts- und Finanzpolitik gibt es traditionell viele Übereinstimmungen, hier teilen die Liberalen mit Friedrich Merz, Markus Söder und Co. zumeist mehr als mit ihren Koalitionspartnern SPD und Grüne.
Eigentlich. Denn jetzt zeichnet sich an genau dieser Stelle ein Bruch ab, wie sich an Äußerungen mancher Unionspolitiker ablesen lässt – und wie es jetzt auch in einer knallharten Abrechnung FDP-Fraktionschef Christian Dürr im Gespräch mit t-online kritisiert. Sein größtes Ärgernis: die immer wieder neuen Vorstöße aus der Union zur Reform der Schuldenbremse, die CDU-Chef Friedrich Merz eigentlich ausgeschlossen hat.
"Als Koalition arbeiten wir daran, unsere Wirtschaft wieder nach vorne zu bringen", sagte Dürr t-online. "Die Richtung, die die Union einschlägt, macht mir große Sorgen." Mit Blick auf die Unionskritik am jüngst gefundenen Kompromiss beim Klimaschutzgesetz sagte Dürr, Politiker der CDU wollten "planwirtschaftlichen Klimaschutz" weiter vorantreiben.
CDU-Landespolitiker offen gegen Merz' Kurs
Was er mit diesem Vorwurf meint: Die Union will zurück zum ursprünglichen Klimaschutzgesetz, das sie in der vorangegangenen Legislaturperiode gemeinsam mit der SPD beschlossen hatte. Es sah vor, dass einzelne Klimasektoren wie etwa der Bereich Gebäude oder Verkehr eigene Klimaziele erreichen müssen. Gelingt das nicht, mussten die für den Sektor zuständigen Ministerien bislang Sofortmaßnahmen ergreifen, statt – wie es nun die Ampel will – die Klima-Emissionen insgesamt zu betrachten, was der Regierung erlaubt, auch an anderer Stelle CO₂ einzusparen.
Doch das ist nicht alles, was Dürr am aktuellen Kurs der Union ärgert. Hinzu kämen die immer wieder aus der Union gegen die Schuldenbremse gesetzten Spitzen. Die Liberalen wollen die Schuldenbremse ihrer aktuellen Form bewahren und wähnten die Konservativen nach mehrfachen Aussagen ihres Parteichefs Merz dabei an ihrer Seite.
Allerdings sehen das in der Partei offenbar nicht alle so, wie Dürr bemängelt: "Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Prien und der Berliner Bürgermeister Wegner wollen die Schuldenbremse schleifen – dafür strebt die Berliner Regierung sogar eine Bundesratsinitiative an."
"Friedrich Merz sollte dem zügig Einhalt gebieten"
Zusätzlich komme immer mehr "überbordende Bürokratie und Regulierung aus Brüssel von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen", ebenfalls mit CDU-Parteibuch. Dürrs bitteres Fazit samt Appell an Merz: "Die Union befindet sich auf einem gefährlichen Linkskurs, der unsere Wirtschaft schwächen würde. Friedrich Merz sollte dem zügig Einhalt gebieten."
Tatsächlich gibt die Union vor allem in der Diskussion um die Schuldenbremse ein geteiltes Bild ab. Während sich Merz und Spitzenpolitiker in der Bundestagsfraktion stets gegen eine Reform oder ein Aussetzen der Schuldenregel aussprechen, schlagen Landespolitiker – sehr zum Missfallen von Merz – andere Töne an.
Neben dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, der am Montag eine entsprechende Bundesratsinitiative zur Reform der Schuldenbremse ankündigte, distanzierte sich zuletzt auch die von Dürr angesprochene Karin Prien, Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, von der Parteiführung.
Im Podcast des Nachrichtenportals "Table Media" sagte Prien: "Ich denke, am Ende eines Einsparprozesses wird man die Schuldenbremse nach den Vorschlägen des Sachverständigenrats korrigieren müssen." Als Grund nennen sowohl Wegner als auch Prien, dass die Landeshaushalte unter größerem Druck stehen als der Bund. Ähnlich positionierten sich auch die CDU-Ministerpräsidenten Hessens und Sachsen-Anhalts, Boris Rhein und Reiner Haseloff.
Die FDP derweil ist gegen jedes Ansinnen, die Schuldenbremse zu verändern. Im Interview mit t-online sagte der Generalsekretär der Partei, Bijan Djir-Sarai, erst am Dienstag: "Die Schuldenbremse ist eine Inflationsbremse, zudem in der Verfassung verankert und sie erlaubt nur im sehr engen Rahmen ein Aussetzen, etwa durch plötzlich auftretende Naturkatastrophen."
- Gespräch mit FDP-Fraktionschef Christian Dürr