Urteil des Verfassungsgerichts Wahlrechtsreform von 2020 entspricht der Verfassung
Die Ampelregierung hat in diesem Jahr bereits eine neue Wahlrechtsreform durchgesetzt. Dennoch urteilte das Bundesverfassungsgericht nun über die vorherige Reform der großen Koalition.
Das Bundesverfassungsgericht hat die von der damaligen großen Koalition im Jahr 2020 durchgesetzte Wahlrechtsreform für verfassungskonform erklärt. 216 Abgeordnete von FDP, Grünen und Linken, die damals alle in der Opposition waren und geklagt hatten, scheiterten damit am Mittwoch in Karlsruhe. Die einstigen Kläger hatten bereits beantragt, das Verfahren ruhen zu lassen.
Nach einer neuen Reform aus diesem Jahr ist das Wahlrecht von 2020 zwar weitgehend überholt, der aktuelle Bundestag wurde aber noch auf seiner Grundlage gewählt. Auch darum bestand laut Bundesverfassungsgericht "erhebliches Interesse" an einer Prüfung.
Reform sollte den Bundestag verkleinern
Die Reform hatte das Ziel, den durch Überhang- und Ausgleichsmandate immer größer gewordenen Bundestag zu verkleinern. Ein Kritikpunkt war allerdings, dass Überhangmandate erst ab dem vierten Mandat durch Ausgleichsmandate für andere Parteien kompensiert wurden.
Überhangmandate entstanden, wenn eine Partei mehr Direktmandate gewann, als ihr nach dem Zweitstimmen-Ergebnis Sitze zustanden. Ausgleichsmandate für die anderen Parteien sollten sicherstellen, dass am Ende die Sitzverteilung dem Stimmenverhältnis entspricht. Es sei im angegriffenen Gesetz hinreichend bestimmt, wie und bis zu welchem Punkt die Sitzzahl des Bundestags zu erhöhen ist, sagte die Vorsitzende Richterin des Zweiten Senats, Doris König.
Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hatte eine eigene Wahlrechtsreform auf den Weg gebracht. Diese geht noch deutlich weiter als die Vorgängerreform und wird wiederum von der jetzigen Opposition heftig kritisiert. Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht sind ebenfalls anhängig.
Das Urteil hat Auswirkungen auf eventuelle Neuwahlen in Berlin
Das nun verkündete Urteil ist für die geplante Wiederholungswahl in der Bundeshauptstadt von Bedeutung. Denn in einigen Berliner Wahlbezirken soll die Bundestagswahl von 2021 wegen Pannen am Wahltag nach einem Beschluss des Bundestags wiederholt werden. Auch dazu läuft ein Verfahren in Karlsruhe: Am 19. Dezember will das Bundesverfassungsgericht verkünden, in wie vielen Wahlbezirken dies zu geschehen hat, und ob es reicht, dabei nur die Zweitstimme abzugeben. Die Wiederholungswahl müsste nach denselben Regeln ablaufen wie die Hauptwahl.
Die Regelgröße des Bundestags war ursprünglich auf 598 Abgeordnete festgelegt. Derzeit gibt es aber 736 Parlamentarier und Parlamentarierinnen, so viele wie nie zuvor. Im Grunde sind sich alle einig, dass Reformbedarf besteht. Nur über das Wie wird seit Jahren gestritten. Denn jede Partei vermeiden möchte, dass Änderungen auf ihre Kosten gehen.
- Nachrichtenagentur dpa