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SPD-Politiker Ilkhanipour warnt vor Merz' CDU-Vorstoß gegen Antisemitismus


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SPD-Politiker Ilkhanipour kritisiert Merz
"Die CDU öffnet regelrecht die Büchse der Pandora"


18.11.2023Lesedauer: 3 Min.
Friedrich Merz, CDU-Fraktionsvorsitzender neben Hendrik Wüst (Archivbild): Seinen Vorstoß bezeichnet SPD-Politiker Ilkhanipour als "Angriff auf die Grundprinzipien der Gleichheit".Vergrößern des Bildes
Friedrich Merz, CDU-Fraktionsvorsitzender neben Hendrik Wüst (Archivbild): Seinen Vorstoß bezeichnet SPD-Politiker Ilkhanipour als "Angriff auf die Grundprinzipien der Gleichheit". (Quelle: Christoph Hardt/imago-images-bilder)

Friedrich Merz will Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft ausbürgern lassen, sollten sie durch Antisemitismus auffallen. Ein SPD-Politiker warnt vor diesem Vorhaben.

Wenn es nach der Union geht, dann sollen Deutsche mit einer zweiten Staatsangehörigkeit künftig ihre deutsche Staatsbürgerschaft verlieren, sollten sie wegen einer antisemitischen Straftat zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt worden sein. Das geht aus einem internen Papier der Unionsfraktion hervor, das t-online vorliegt. Zuvor hatte die "Bild" darüber berichtet. Der SPD-Politiker Danial Ilkhanipour sieht in den Plänen der Union unter Fraktionschef Friedrich Merz eine Gefahr für die Gesellschaft. Im Gespräch mit t-online warnt er davor, Deutsche mit Migrationshintergrund zu Bürgern zweiter Klasse zu degradieren.

"Die CDU entfesselt mit ihrer Forderung, Doppelstaatlern die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, nicht nur eine fragwürdige Entwicklung, sondern öffnet regelrecht die Büchse der Pandora", sagt Ilkhanipour t-online. Der SPD-Politiker sitzt seit 2015 für die SPD in der Hamburgischen Bürgerschaft. Er befürchte, dass eine mögliche Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts nach Vorstellung der Union weitere Forderungen nach sich ziehen könnte, sodass "dieser Verlustmechanismus stetig ausgeweitet wird."

"Dieser Schritt wird nicht nur zu einer Spaltung der deutschen Gesellschaft führen, sondern auch zu einer gravierenden Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes", sagt Ilkhanipour. Es sei unverantwortlich und kurzsichtig von der CDU einen derart drastischen Weg zu eröffnen, ohne die weitreichenden Konsequenzen zu bedenken. "Dadurch wird die deutsche Staatsbürgerschaft entwertet, und Millionen deutscher Bürger mit Migrationshintergrund werden bereits durch den CDU-Antrag zu Bürgern zweiter Klasse degradiert", kritisiert der SPD-Politiker.

Ilkhanipour: "Angriff auf die Grundprinzipien der Gleichheit"

Als Sohn iranischer Einwanderer hat Ilkhanipour, wie viele iranischstämmige Menschen in Deutschland, die doppelte Staatsbürgerschaft. Das liegt daran, dass das islamische Regime im Iran es ablehnt, wenn seine Bürger ihre iranische Staatsbürgerschaft ablegen oder gar eine zweite annehmen wollen.

Bereits seit Monaten warnte Ilkanipour vor einem erstarkenden Islamismus und Antisemitismus in Deutschland. Migrantischer Antisemitismus, sagt Ilkhanipour im Gespräch mit t-online, sei eine Gefahr und dürfe nicht relativiert werden. Man müsse mit der ganzen Härte des Gesetzes dagegen vorgehen.

Die Tatsache, dass viele Menschen ihre nichtdeutsche Staatsbürgerschaft nicht ablegen könnten und deren Beibehaltung keine freie Entscheidung der Betroffenen sei, würde von der Union jedoch offensichtlich ignoriert. Den Vorstoß, Doppelstaatlern bei möglichen antisemitischen Straftaten die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, kritisiert der SPD-Politiker auch daher als "radikal".

"Diese Maßnahme gefährdet nicht nur den sozialen Frieden, sondern stellt auch einen klaren Angriff auf die Grundprinzipien der Gleichheit und Integration dar", sagt Ilkhanipour. Es sei höchste Zeit, dass Parteien wie die CDU und die AfD aufhörten, "auf dem Rücken von Menschen mit Migrationsgeschichte Wahlkampf zu betreiben". Stattdessen brauche es konstruktive Lösungen für die tatsächlichen Probleme der Gesellschaft.

Merz fordert "härtere Konsequenzen"

Seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober ist es auf pro-palästinensischen Demonstrationen zu antisemitischen Vorfällen gekommen. Zudem ist die Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland gestiegen. CDU-Chef Merz hatte daraufhin bereits vor einigen Wochen im Gespräch mit dem ZDF gefordert, dass die Anerkennung des Existenzrechts Israels zur Voraussetzung für die deutsche Staatsbürgerschaft bei Menschen mit Migrationshintergrund werden solle. Auch im Interview mit t-online forderte er verschärfte Gesetze, "die härtere Konsequenzen" bei antisemitischen Straftaten aufzeigten. Das ganze Interview lesen Sie hier.

Mit dem Antrag der Union will Merz diese Verschärfung nun offenbar in die Tat umsetzen, wie aus dem internen Papier hervorgeht, das t-online vorliegt. Darin heißt es, man wolle einen besseren Schutz vor "der Ausbreitung eines aus dem Ausland 'zugewanderten' Antisemitismus" erzielen. Im Völkerrecht ist zwar geregelt, dass ein Staat eigene Staatsbürger nicht zu Staatenlosen machen kann, bei Doppelstaatlern greift dieses Recht jedoch nicht.

Neben einem nachträglichen Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft bei Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft fordert die Union auch ein Bekenntnis zum Existenzrecht Israels bei der Einbürgerung. Menschen mit vorübergehendem Aufenthaltsrecht in Deutschland sollen dieses Recht zudem wieder entzogen bekommen, falls sie eine antisemitische Straftat begehen sollten.

Verwendete Quellen
  • Statement von Danial Ilkhanipour
  • Internes Papier der Unionsfraktion im Bundestag
  • Eigene Recherche
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