Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Bluttat von Aschaffenburg Die erstaunlichen Worte des Kanzlers
Nach dem tödlichen Messerangriff in Aschaffenburg kündigt der Kanzler eine Reaktion an. Seine Worte zeugen gleichermaßen von Ahnungs- und Hilflosigkeit.
Olaf Scholz reagierte schnell – zumindest wollte er diesen Eindruck vermitteln. Noch am Mittwochabend saß er direkt nach seiner Rückreise aus Paris mit den Chefs des Bundeskriminalamtes (BKA), der Bundespolizei und Innenministerin Nancy Faeser zusammen. Schon wieder hatte ein Geflüchteter zwei Menschen getötet – in diesem Fall ein psychisch kranker Afghane ein Kleinkind und einen 41-jährigen Mann in Aschaffenburg. Man müsse die Tat nicht nur "schnell aufklären", sondern auch "die nötigen Konsequenzen" ziehen.
Zuvor hatte Scholz schon die Öffentlichkeit wissen lassen, dass er es leid sei, wenn es "alle paar Wochen" zu Gewalttaten kommt, "von Tätern, die eigentlich zu uns gekommen sind, um hier Schutz zu finden". Noch dazu nannte der Kanzler den Vorfall eine "Terrortat", obwohl es laut Polizei bisher keinerlei Anzeichen für eine radikale Gesinnung bei dem mutmaßlichen Täter gibt.
Viel zu lange untätig
Es sind erstaunliche Worte, die Scholz nicht einmal gut zu Gesicht ständen, wenn er Oppositionsführer im Bundestag wäre. Doch für einen Bundeskanzler, auch wenn er sich gerade im Wahlkampf befindet, sind sie gänzlich inakzeptabel. Sie zeugen schlicht von der Ahnungs- und Hilflosigkeit des Kanzlers. Denn die Tat von Aschaffenburg offenbart mehrere Probleme, die die Bundesregierung längst hätte angehen müssen. Stattdessen nutzt Scholz sie nun für eine unwürdige Wahlkampfrhetorik.
Der Kanzler sollte es nicht leid sein, dass es immer wieder zu ähnlichen Taten kommt. Es sollte ihm leidtun, dass seine Bundesregierung viel zu lange offensichtliche Probleme im Umgang mit Migration, innerer Sicherheit und der Betreuung von Menschen mit psychischen Problemen ignoriert und dagegen zu wenig getan hat.
Der Tatverdächtige von Aschaffenburg hätte bereits 2023 nach Bulgarien gebracht werden müssen. Denn dort hatte er erstmals den Boden der EU betreten. Im vergangenen Dezember soll er dann freiwillig zu seiner Ausreise bereit gewesen sein. Ein Unbekannter war er für die Sicherheitsbehörden auch aus einem anderen Grund nicht: Mindestens drei Gewalttaten soll er laut bayerischem Innenministerium bisher begangen haben. Zudem befand er sich in psychiatrischer Behandlung.
Einfache Antworten auf drängende Fragen
Dass die zuständigen Behörden mit Asylverfahren wie Ausweisungen heillos überfordert sind, ist kein Geheimnis. Das Gleiche gilt für die psychologische Betreuung: Experten schätzen, dass rund 30 Prozent aller Geflüchteten in Deutschland entsprechende Angebote benötigen. Doch wo sollen die herkommen, wenn es schon generell einen Mangel an entsprechenden Angeboten in Deutschland gibt?
All die genannten Probleme sind nicht einfach zu lösen: Es sind tiefgreifende Reformen notwendig, die zum Teil nicht nur Deutschland allein, sondern den ganzen EU-Raum betreffen. Doch sie werden auch nicht kleiner, wenn der Kanzler und andere Entscheider nach jedem neuen schrecklichen Vorfall immer wieder nur Tatendrang simulieren, anstatt die Probleme wirklich anzupacken.
Stattdessen sorgt eine solch hohle Politik wohl nur dafür, dass die Wähler sich hinter den Parteien versammeln, die auf solch drängende Fragen die einfachsten Antworten liefern. Was das für Deutschland bedeutet, werden wir in exakt einem Monat nach der Bundestagswahl wissen.