Wählerpotenzial Jeder Vierte würde "wahrscheinlich" AfD wählen
Die Zustimmungswerte der AfD sind so hoch wie noch nie. Eine neue Umfrage zeigt, wie groß das Wählerpotenzial der Partei bei der nächsten Bundestagswahl sein könnte.
Rund jeder vierte Wahlberechtigte in Deutschland kann sich derzeit vorstellen, bei der nächsten Bundestagswahl für die AfD zu stimmen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey.
Demnach geben 20 Prozent der Bevölkerung an, "sehr wahrscheinlich" die AfD wählen zu wollen, während zusätzliche 6 Prozent aus heutiger Sicht "wahrscheinlich" so votieren würden. Gleichzeitig halten es 61 Prozent der Wählerinnen und Wähler für "ausgeschlossen", bei der kommenden Parlamentswahl auf Bundesebene die rechtspopulistische Partei zu unterstützen. Der nächste Wahltermin ist für Ende September 2025 angesetzt.
Ein Blick auf die Landkarte zeigt laut Civey außerdem, dass eine größere Gruppe der AfD-Sympathisanten im Osten der Republik lebt als im Westen. Während 23 Prozent der Wählerschaft in den alten Bundesländern angeben, die AfD "wahrscheinlich" wählen zu wollen, liegt dieser Anteil in den neuen Bundesländern bei 33 Prozent.
Halbzeit-Effekt oder inhaltlicher Anklang?
Civey weist darauf hin, dass nicht alle Befragten, die sich derzeit so äußern, tatsächlich die AfD wählen werden. "Dass die AfD bei der Bundestagswahl ihr Potenzial voll ausschöpfen kann, ist – Stand heute – nahezu ausgeschlossen." Eine Ermittlung des Wählerpotenzials ist daher explizit keine Prognose.
Politikwissenschaftlern zufolge haben Oppositionsparteien gerade zur Mitte einer Legislaturperiode in Umfragen besonders viel Rückenwind. Regierungsparteien seien in dieser Zeit tendenziell unbeliebter, was sich auch auf Wahlergebnisse auf Landes- oder Kommunalebene widerspiegeln kann. "Viele Wähler protestieren auf der ihnen gerade zur Verfügung stehenden Ebene gegen die Bundesregierung", schreibt Politikwissenschaftler Andreas Wüst.
Inwiefern die aktuell hohen Zustimmungswerte für die AfD tatsächlich als Protest angesehen werden können, ist jedoch umstritten. So sagte Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, kürzlich dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Ich warne jedenfalls davor, die Wahl der AfD noch als Protest zu begreifen".
Eine Wählerbefragung durch das Else-Frenkel-Brunswik-Institut der Universität Leipzig unterstrich jüngst zudem, dass AfD-Anhänger unter allen Wählerinnen und Wählern im Osten am häufigsten extrem rechten Aussagen zustimmten – von ausländerfeindlichen über demokratiefeindliche bis hin zu antisemitischen Positionen. Zusätzliches großes Wählerpotenzial für die AfD sahen die Wissenschaftler außerdem unter Wahlberechtigten mit rechtsextremen Neigungen, die bislang zu den Nichtwählern zählen.
Wählerpotenzial ist keine Wahlprognose
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die AfD auch 2018 und 2019 zwischenzeitlich deutlich in den Umfragen zulegen konnte, bevor die Partei sich wieder mit niedrigeren Werten begnügen musste.
Die kommenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen im Herbst sowie die Wahl der Landtage in Sachsen, Thüringen und Brandenburg 2024 dürften jedenfalls bereits andeuten, wie effizient die AfD ihr theoretisches Wählerpotenzial auch in der Praxis ausschöpfen kann. Im Januar und Mai dieses Jahres, als jeweils das Abgeordnetenhaus in Berlin und die Bremer Bürgerschaft gewählt wurden, lag die AfD in den bundesweiten Umfragen noch deutlich unter der 20-Prozent-Marke.
- Repräsentative Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey
- zeit.de: "Haben Landtagswahlergebnisse Effekte auf die Bundestagswahl?"
- rnd.de: "Chef der Bundeszentrale für politische Bildung: 'Die Wahl der AfD ist kein Protest mehr'"
- efbi.de: "EFBI Policy Paper 2023-2: Autoritäre Dynamiken und die Unzufriedenheit mit der Demokratie"