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Heizungsgesetz gebilligt: Rauferei in Ampelregierung geht in nächste Runde


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Heizungsgesetz
Kurz vor der Kernschmelze


Aktualisiert am 20.04.2023Lesedauer: 4 Min.
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Klara Geywitz und Robert Habeck: Das Heizungsgesetz ist durchs Kabinett. Der Streit geht aber weiter. (Quelle: IMAGO)

Die Bundesregierung hat ihr Heizungsgesetz verabschiedet. Doch die FDP will schon jetzt nichts mehr damit zu tun haben.

Eigentlich könnten sie doch mal zufrieden sein. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das Heizungsgesetz verabschiedet, auch die Fördermodalitäten stehen fest. Es ist ein großer Kompromiss, natürlich, aber einer, in dem sich Ideen aller Ampelpartner wiederfinden. Und es ist vor allem: ein Beschluss. Von allen Ministerinnen und Ministern getroffen, einstimmig, inklusive Bundeskanzler.

Das ist beim sogenannten Gebäudeenergiegesetz schon eine Nachricht an sich. Und ein Erfolg. Denn wochenlang brauchte es in der Heizungsdebatte eigentlich gar keine Opposition, die für den großen Zoff sorgte. Das haben die Koalitionspartner ganz alleine hinbekommen. Von einer "Verschrottungsorgie" sprach die FDP zwischenzeitlich. Da hatte selbst der wortgewaltige CSU-Chef Markus Söder Schwierigkeiten, noch einen draufzusetzen.

Und das alles, obwohl sich die Ampel schon dreimal darauf geeinigt hatte, es so machen zu wollen: den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen zu verbieten, nun ab nächstem Jahr. Trotzdem war die Debatte oft mehr Rauferei als Rededuell, bei dem der härteste Schlag mehr zählte als die härtesten Fakten.

Nun stehen das Gesetz und die Förderung. Und eigentlich müssten jetzt nur noch Bundestag und Bundesrat darüber beraten, einige kleine Details ändern, letzte Lücken schließen – und das wär's dann. Parlamentarischer Alltag, wichtig, aber häufig reibungslos. Normalerweise. Doch beim Heizungsgesetz ist nichts Alltag. Die Rauferei geht weiter.

Habeck spricht von "Verbraucherschutz"

Dabei versuchten es Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch durchaus erst mal mit Optimismus. Als sie mittags vor die Bundespressekonferenz traten, lächelten sie pflichtschuldig in die Kameras. Geywitz betonte, man habe vereinbart, im April fertig zu sein, "und wir haben uns dran gehalten".

600.000 neue Gasheizungen seien zwar in diesem Jahr noch eingebaut worden, sagte sie. Aber damit soll ab kommenden Jahr Schluss sein. Um die Klimaziele einzuhalten einerseits, da hinke man bei den Heizungen im internationalen Vergleich ohnehin hinterher, ergänzte Habeck. Aber vor allem auch, damit die Menschen nicht bald erschrecken, wenn die Gaspreise stark steigen. Das Gesetz sei vor allem "Verbraucherschutz".

So weit, so gut also?

Dass dem nicht so ist, war schon klar, bevor Geywitz und Habeck überhaupt vor die Presse treten konnten. Kurz vor Beginn machte Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner klar, dass sich die Liberalen nicht mit kleineren Detailänderungen am Gesetz zufriedengeben wollen. Kein parlamentarischer Alltag also, nirgendwo. Sondern neue Heizungsstreit-Normalität.

"Ich erwarte, dass nun im parlamentarischen Verfahren notwendige Änderungen vorgenommen werden, um Bedenken im Hinblick auf Finanzierbarkeit und Umsetzbarkeit auszuräumen und die Menschen möglichst wenig zu belasten", schrieb Lindner auf Twitter. Der Finanzminister hatte also morgens im Bundeskabinett für ein Gesetz gestimmt, das er mittags nicht mehr haben wollte.

Eine wütend-sachliche Protokollnotiz

Lindner hatte allerdings vorgesorgt. Schon als der Gesetzentwurf durchsickerte, deutete sich das Ungemach an. Lindners Finanzministerium hatte ihm eine Protokollnotiz angefügt. In der Corona-Krise waren diese Notizen für die Bundesländer zum Lieblingsmittel geworden, ihrer Wut über die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenzen Luft zu machen. Lindner mag sich gedacht haben: Warum also nicht bei einem Gesetzentwurf probieren?

Das Finanzministerium, heißt es in der Notiz, stimme dem Gesetz "im Bewusstsein zu, dass die Fraktionen des Deutschen Bundestages im parlamentarischen Verfahren diesen Gesetzentwurf intensiv beraten und auch weitere notwendige Änderungen vornehmen werden". Man müsse "sicherstellen, dass eine praxistaugliche und finanzierbare Umsetzung des Grundsatzes der Technologieoffenheit erfolgt".

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai formulierte es anschließend im "Spiegel" ohne Büroklammer-Prosa: Das Gesetz sei "nicht praxistauglich und wird so nicht kommen". Deutlicher geht es kaum.

Als Habeck auf der Pressekonferenz auf die Protokollnotiz angesprochen wurde, hatte selbst der Vizekanzler sein Pokerface kurze Zeit nicht ganz unter Kontrolle. "Die Protokollerklärung habe ich zur Kenntnis genommen", sagte Habeck noch maximal zurückhaltend, nur um dann doch etwas Frust herauszulassen.

"Das sind Punkte, die haben wir alle beredet", sagte Habeck. "Es ist wichtig, dass wir uns jetzt nicht weiter einreden, nur durch Bestaunen eines Problems würde etwas besser." Die Frage, die häufig nicht beantwortet worden sei bei den Debatten um das Gesetz, laute: "Was denn sonst?" Man könne eben nicht weiter Gas- und Ölheizungen einbauen, "als gäbe es kein Morgen mehr".

FDP-Energiepolitiker kündigt Widerstand an

Den Optimismus wollte sich Habeck an diesem Mittwoch aber offensichtlich dadurch nicht verderben lassen. Nach all dem Ärger, auch für ihn persönlich, den Boulevard-Schlagzeilen zu "Habecks Heizungs-Irrsinn" und nicht zuletzt seinem Absturz in den Beliebtheitsrankings.

"Ich hätte das im Verlauf der Debatte auch nicht immer für möglich gehalten", sagte Habeck also, "dass wir jetzt einen Entwurf haben und die Chance, das Gesetz vor dem Sommer durch beide Kammern zu bringen". Das sei ein "besonderer Schritt und ein großer". Geht eben doch, sogar pünktlich, soll das wohl heißen.

Ob es vor dem Sommer allerdings wirklich gelingt? FDP-Energiepolitiker Michael Kruse kündigte energischen Widerstand gegen Pläne an, die für Habeck und die Grünen eigentlich nicht weiter herunterhandelbar sind. Ein "politisches Ende der Gasnetze" oder "ein Massentausch von Heizungen durch die starre Umstellung auf Wasserstoff" lehne man ab, dem werde die FDP im Bundestag nicht zustimmen.

"Atombombe für unser Land"

Auch bei den Grünen sehen Fachpolitiker in der Frage der Gasnetze und der Wasserstoffheizungen noch großes Konfliktpotenzial. Die Pläne sehen den Neueinbau von Gasheizungen vor, die jedoch mindestens mit 65 Prozent Wasserstoff betrieben werden müssen. Das ist mit heutigen Modellen meist nicht möglich. Zudem muss ein verbindlicher Plan für das nötige Wasserstoffnetz am Wohnort vorliegen. Weichere Regeln dürften die Grünen kaum akzeptieren.

Sie mussten bei den Fördermodalitäten schon Zugeständnisse machen, die nicht allen Grünen gefallen werden. Habeck hat selbst darauf hingewiesen: Auf eine Einkommensprüfung habe man sich in der Koalition nicht verständigen können. "Die Förderung ist nach oben hin offen." Der Millionär bekommt also erst mal das Gleiche wie der Maurer.

Einigen scheint es aber ohnehin längst nicht mehr nur um Details zu gehen. Das Gesetz, schrieb FDP-Politiker Frank Schäffler auf Twitter, sei eine "Atombombe" für das Land. Und an diesem Mittwoch, so könnte man ergänzen, steht die Koalition mal wieder kurz vor der Kernschmelze.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und Gespräche
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