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Wut-Eklat um Antonio Rüdiger: Was ist das für ein Zeichen des DFB?


Nach Wut-Eklat um Rüdiger
Das ist beschämend vom DFB

MeinungVon Stefan Effenberg

28.04.2025 - 20:09 UhrLesedauer: 3 Min.
Antonio Rüdiger: Der Verteidiger von Real Madrid fällt wiederholt durch Unbeherrschtheiten auf.Vergrößern des Bildes
Antonio Rüdiger: Der Verteidiger von Real Madrid fällt wiederholt durch Unbeherrschtheiten auf. (Quelle: IMAGO/Alberto Gardin/imago-images-bilder)
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Antonio Rüdiger leistet sich den nächsten aufsehenerregenden Ausraster. Vom Deutschen Fußball-Bund muss der Nationalspieler wohl trotzdem keine Folgen befürchten. Das ist fatal – und eine große Enttäuschung, schreibt t-online-Kolumnist Stefan Effenberg.

Die Situation um Antonio Rüdiger und seinen Ausraster im spanischen Pokalfinale mit Real Madrid gegen den FC Barcelona am Samstag verfolge ich mit besonders großem Interesse. Und ich muss es direkt sagen: Die Stellungnahme von DFB-Sportdirektor Rudi Völler vom heutigen Montag irritiert mich.

"Das geht nicht. Schon gar nicht als deutscher Nationalspieler. Das muss er ändern und das weiß er auch selbst", sagte Rudi und lobte dabei auch Rüdigers Entschuldigung, die er in den sozialen Medien veröffentlicht hatte.

"Toni ist ein klasse Spieler – aber Klasse muss er als Nationalspieler auch bei seinem Verhalten zeigen. Er fordert zu Recht Respekt für sich ein, diesen Respekt muss er ohne Ausnahme auch anderen entgegenbringen", erklärte er weiter zum Wutanfall des Verteidigers – und hat zwar einerseits völlig recht. Andererseits aber fordert er damit nur Selbstverständlichkeiten ein, sagt mit wohlklingenden Worten am Ende wenig bis gar nichts. Dieses Statement liefert nichts von wirklicher Substanz, von Gewicht, von Konsequenz – es ist nur eine einzige Enttäuschung. Und sendet das komplett falsche Signal.

Die eine Frage, die nun von größtem Interesse war, blieb unbeantwortet: Wird der DFB Rüdiger für diese neuerliche Verfehlung nun sanktionieren? Leider ist es ja schließlich nicht das erste Mal, dass er dermaßen negativ auffällt. Schon im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den Stadtrivalen Atlético Madrid ließ er sich zu einer Kopf-ab-Geste hinreißen. Das ist alles nicht nur grenzwertig, das ist schon über der Grenze des Erträglichen.

Man muss es sagen: Er ist bereits 32 Jahre alt, gestandener Spieler, war bei der Roma und dem FC Chelsea, nun bei Real und in der DFB-Elf – und müsste es besser wissen. Mit seiner mangelnden Selbstbeherrschung schadet Rüdiger nicht nur sich selbst, sondern auch den Mannschaften, für die er spielt – und dem ganzen Sport. Die von Völler so gelobte Entschuldigung reicht da längst nicht mehr aus. Dem Vernehmen nach will der Verband offenbar von einer Strafe für den Übeltäter absehen.

Man stelle sich das mal vor: Ein Fußballer wirft einen Gegenstand in Richtung des Schiedsrichters, beleidigt ihn übelst, muss von seinen Teamkollegen unter größter Anstrengung zurückgehalten werden, den Unparteiischen nicht auch noch körperlich zu attackieren – für jeden Jungnationalspieler wohl das unwiderrufliche Karriere-Aus. Rüdiger aber kommt offenbar ein weiteres Mal davon.

Das passt überhaupt nicht ins Bild

Natürlich werde ich dabei aber an meinen eigenen hinlänglich bekannten Fall von der WM 1994 erinnert. Nach meiner Geste gegen einige deutsche Fans wurde schnell und hart durchgegriffen, ich wurde aus dem Kader geworfen und musste vier Jahre auf meine nächste Länderspiel-Nominierung warten, bis man einfach nicht mehr an mir vorbeikam. Das war eine drastische Strafe – für ein einmaliges Vergehen, wohlgemerkt. Dass Rüdiger nun – bis auf eine Rüge vom DFB-Sportdirektor, ähnlich einem Tadel vom Klassenlehrer in der Mittelstufe – unbehelligt bleiben könnte, würde niemand verstehen, dem die grundlegenden Werte des Sports noch etwas bedeuten.

Was ist das für ein Zeichen des DFB, der doch so für gesellschaftliche Grundpfeiler wie Anstand und Respekt eintritt? Gerade jetzt, wo die Nationalmannschaft wieder eine Euphorie entfacht hat, wieder begeistert, sich positiv und sympathisch präsentiert und sich für bestimmte Werte starkmacht, passt Rüdigers Verhalten überhaupt nicht ins Bild.

Es gäbe drei Möglichkeiten, wie der Verband durchgreifen könnte: Rüdiger wird für die kommenden Spiele in der Nations League im Juni nicht nominiert. Oder: Rüdiger wird für längere Zeit nicht berücksichtigt – beispielsweise für sechs Monate. Oder sogar: Rüdiger wird nie mehr ein Länderspiel für Deutschland bestreiten.

Doch der größte Einzelsportverband der Welt hat sich – Stand jetzt – davor gedrückt, konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Warum? Weil man noch abwarten will, wie lange Rüdiger in Spanien gesperrt wird? Das hätte der DFB nicht nötig, sondern muss im Gegenteil selbst tätig werden, selbst die Initiative ergreifen, selbst ein klares, unmissverständliches Zeichen setzen – vor allem an den Spieler Rüdiger, aber auch für die Öffentlichkeit. Stattdessen: Nichts.

Auch, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann und DFB-Präsident Bernd Neuendorf bisher noch kein Statement abgegeben haben, wundert mich übrigens sehr – und ist dem Sachverhalt eigentlich nicht angemessen. Das ist beschämend. Denn dieses Thema werden sie beim DFB nicht einfach beiseiteschieben oder aussitzen können. Eher früher als später muss eine deutliche Stellungnahme erfolgen. Das erwarte ich, und das erwartet auch Fußball-Deutschland.

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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