Union fordert Entscheidung zu Isar 2 Weiterbetrieb von AKW: Lindner erhöht Druck
FDP-Chef Lindner drängt auf einen Weiterbetrieb der sicheren Kernkraftwerke. Die Union fordert von der Bundesregierung klare Aussagen zum AKW Isar 2.
Auch aus der Ampel selbst kommt Druck. Die FDP fordert Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf, bis Ende September über den Weiterbetrieb der drei verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland zu entscheiden. "Die Zeit drängt", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der "Bild" (Mittwoch).
Finanzminister Christian Lindner (FDP) dringt ebenfalls weiter auf eine Kehrtwende bei der Kernkraft. "Es ist unabdingbar, die Kapazitäten am Strommarkt zu erhöhen und so die galoppierenden Preise zu senken. Die drei sicheren Kernkraftwerke müssen weiterlaufen und die Kohlekraftwerke unbedingt ans Netz gebracht werden", sagte Lindner im Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Mittwoch).
Lindner mit Zweierlösung nicht zufrieden
Seit Russland im Zuge seines Angriffskrieges gegen die Ukraine weniger Gas nach Deutschland liefert, wird über einen längeren Betrieb der drei verbliebenen Atomkraftwerke diskutiert. Pläne von Minister Habeck sehen vor, zwei Kraftwerke für den Fall von Engpässen noch bis Mitte April einsatzbereit zu halten: Isar 2 und Neckarwestheim. Eigentlich sollten sie am Jahresende vom Netz gehen.
Mit der von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgeschlagenen Reservelösung für nur zwei Kraftwerke gebe er sich nicht zufrieden, betonte Lindner. "Die Bundesregierung hat darüber noch nicht abschließend entschieden", sagte der FDP-Parteivorsitzende. "Ich kann nur dringend darauf hinweisen, dass wir aus physikalischen, ökonomischen und politischen Gründen für einen gewissen Zeitraum weiter auf die Kernenergie setzen sollten."
Union drängt auf Entscheidung über Isar 2
Die Unionsfraktion fordert von der Bundesregierung eine klare Entscheidung zum Umgang mit dem bayerischen Atomkraftwerk Isar 2 nach dem Bekanntwerden eines verschlissenen Druckventils. Die umweltpolitische Sprecherin der Fraktion, Anja Weisgerber (CSU), sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch) mit Blick auf Ministerin Steffi Lemke (Grüne): "Wie die Bundesumweltministerin selbst festgestellt hat, ist die Sicherheit der Anlage nicht beeinträchtigt." Die Ventile könnten instand gesetzt werden. "Dann stünde das dringend benötigte Kraftwerk auch über das Jahresende hinweg zur Verfügung", sagte Weisgerber. "Aber dafür braucht es jetzt endlich klare Entscheidungen durch die Ampel."
Sie warf der Bundesregierung vor, über den befristeten Weiterbetrieb der verbleibenden deutschen Kernkraftwerke "tief zerstritten" zu sein und sich wegzuducken. "Die Empörung von Frau Lemke ist nichts weiter als ein Ablenkungsmanöver", so Weisgerber. Lemke hatte nach Bekanntwerden der Leckage im AKW beklagt, keine früheren Hinweise aus Bayern erhalten zu haben. Weisgerber fordert "eine sichere und bezahlbare Stromversorgung für die nächsten Winter und Planungssicherheit für die Betreiber der drei Kernkraftwerke." Deren Laufzeit müsse "zumindest bis Ende 2024" verlängert werden.
SPD: Atomkraft ist Hochrisikotechnologie
SPD und Grüne warnten vor Risiken eines Weiterbetriebs. "Atomkraft ist und bleibt eine Hochrisikotechnologie und kein Spielball irgendwelcher politischer und wirtschaftlicher Interessen", sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Matthias Miersch, der "Rheinischen Post". Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Dieter Janecek, sagte dem Blatt: "(Bayerns Ministerpräsident) Markus Söder hat uns die letzten Wochen weismachen wollen, dass Atomkraftwerke wie Kaffeemaschinen einfach mal schnell ein- und abgeschaltet werden können. Die jüngst aufgetretenen Sicherheitsmängel an Isar 2 zeigen, wie richtig es ist, dass wir sorgsam mit dieser Hochrisikotechnologie umgehen". Der bayerische SPD-Generalsekretär Arif Tasdelen fragte in einem Beitrag auf Twitter, ob die Regierung von Söder wirklich erst letzte Woche von dem technischen Problem erfahren hat.
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Deshalb ist eine zügige Entscheidung wichtig
Das Bundesumweltministerium gibt an, "in der vergangenen Woche" vom Reparaturbedarf im bayerischen Atomkraftwerk Isar 2 erfahren zu haben. Habecks Ministerium dazu: "Das ist ein neuer Sachverhalt, der sich erst im Gespräch mit den Betreibern am 13. September herauskristallisiert hat und noch nicht in den Stresstest eingeflossen war." Gemeint ist der Stresstest zur Stromversorgung bei Energieengpässen, auf dessen Basis das Ministerium vor wenigen Wochen die Entscheidung zur AKW-Notreserve getroffen hatte.
Warum das nun aufgetretene Problem so heikel ist: Wenn Isar 2, wie ursprünglich geplant, am 31. Dezember dieses Jahres vom Netz ginge, müsste der Ventilschaden nicht mehr behoben werden. Wenn sich das AKW aber, wie von Habeck angekündigt, für einen Weiterbetrieb bis Mitte April 2023 eignen soll (Reservebetrieb), ist die Reparatur zwingend. Und zwar nicht erst Ende des Jahres, sondern schon sehr bald im Oktober. Dafür muss die Anlage, wie es heißt, rund eine Woche lang stillstehen. Ein späterer Zeitraum für die Stilllegung wäre laut Betreiber mit Blick auf die mögliche Notreserve nicht möglich. Mit anderen Worten: Eine zügige Entscheidung über die Reparatur muss her.
- Nachrichtenagentur dpa