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Corona-Pandemie: Ohne Impfpflicht kommen weitere Freiheitsbeschränkungen


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Corona-Pandemie
Warum eine allgemeine Impfpflicht für Erwachsene der richtige Weg ist

MeinungEin Gastbeitrag von Katrin Göring-Eckardt (Grüne)

16.03.2022Lesedauer: 4 Min.
Katrin Göring-Eckardt: Die Grünen-Politikerin ist seit 2021 Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestags.Vergrößern des Bildes
Katrin Göring-Eckardt: Die Grünen-Politikerin ist seit 2021 Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestags. (Quelle: Christoph Hardt/imago-images-bilder)

Am Donnerstag berät der Bundestag über verschiedene Vorschläge zur Impfpflicht. Aber nur einer davon kann dauerhaft Freiheit bringen, schreibt Bundestags-Vize Katrin Göring-Eckardt in ihrem Gastbeitrag.

Geht es Ihnen auch so? Kein Tag vergeht gerade, an dem nicht jemand aus dem Bekannten- und Freundeskreis ein positives Testergebnis erhält. Mit allem, was dazugehört: die Hoffnung, dass die Erkrankung mild verläuft. Die Sorge, was jetzt zu tun ist: Wer besorgt was zu essen? Können wir die Achtjährige isolieren? Wen müssen wir jetzt warnen? Seit über zwei Jahren hängen wir in der Corona-Dauerschleife von Hoffnung und Sorge, von Lockerung und Isolation. Das kann so nicht weitergehen.

Katrin Göring-Eckardt (55) war von 2002 bis 2005 sowie von 2013 bis 2021 Fraktionsvorsitzende der Grünen. Seit Dezember 2021 ist sie eine der Vize-Präsidentinnen des Bundestags.

Die Frage lautet nicht: Wie können wir so schnell wie möglich zurück zum Status quo ante? Es gibt kein Zurück. Das Virus verschwindet nicht mehr. Es wird auch nicht so schnell ein Schnupfen, wie wir vielleicht gehofft hatten. Die Frage lautet: Was garantiert uns das sicherste, das freieste und stabilste Leben mit Sars-Cov-2? Ich bin überzeugt: Es ist die allgemeine Impfpflicht. Ab 18 Jahren und damit verfassungsfest.

Ohne Impfpflicht sind wir hinter der Welle

Ja, Omikron ist milder, aber eben nicht für alle mild. Manche bekommen überhaupt keine Symptome, andere Symptome wie bei einer Grippe. Und ja, Omikron trifft auch Geimpfte und bringt Menschen in Kliniken. Doch eines zeigt sich deutlich: Die Impfung schützt vor schweren Verläufen.

Ohne eine Impfpflicht sind wir wieder hinter der Welle, bestenfalls auf ihr. Dann werden wir wieder ständig reagieren müssen: wieder das Leben einschränken, wieder Freiheit zurücknehmen. Wir brauchen Vernunft bei der Debatte um die Impfpflicht.

Es gibt aktuell nur ein Mittel, um langfristig wieder zu einem halbwegs normalen Leben zurückzukehren: die flächendeckende Impfung gegen Sars-Cov-2. Nur sie verhindert im hohen Maße schwere Verläufe mit intensivmedizinischen Folgen, die die Betroffenen jahrelang verfolgen. Auch bei künftigen Mutationen. Sie ist aktuell unser bestes, unser entscheidendes Instrument, um aus der Dauerschleife von Kontaktbeschränkungen und gedämpftem Leben herauszukommen.

Richtig, eine allgemeine Impfpflicht ist ein schwerer Eingriff in die Grundrechte. Deshalb muss abgewogen werden: Gegenüber freiheitseinschränkenden, immer wiederkehrenden Maßnahmen wie Lockdowns und Kontaktbeschränkungen halte ich sie für das mildere Mittel. Insbesondere auch mit Blick auf die Langfristfolgen der Corona-Dauerschleife für Kinder und die ökonomischen Konsequenzen.

Natürlich wäre es viel besser, wenn wir auf eine Impfpflicht verzichten könnten. Doch die aktuelle Impfquote reicht leider noch nicht aus. Es spielt keine Rolle, aus welchen Gründen, Menschen sich gegen Covid19 impfen lassen, Hauptsache sie tun es.

Deshalb hilft die bloße Einführung einer Impfpflicht auch nicht. Parallel ist die Impfkampagne hochzufahren: Es braucht eine Aufklärungsoffensive, die Ängste und Sorgen vor einer Impfung gezielt adressiert, gerade auch dort, wo Impfangebote bislang zu wenig genutzt wurden oder es sprachliche Hürden gibt und daneben möglichst überall ausreichend und niedrigschwellige Impfangebote. Das gilt auch mit Blick auf die aktuell Ankommenden Menschen aus der Ukraine, die unser Land willkommen heißt. Auch ihnen wollen wir Sicherheit und Freiheit gewähren und Gesundheit ermöglichen.

Es gibt keine Spaltung der Gesellschaft

Die mancherorts beschworene Spaltung der Gesellschaft gibt es nicht. Es gibt die Abspaltung einer Minderheit, die Corona leugnet oder sich partout der Solidarität verweigert. Es gibt Menschen, die Angst vor eine Impfung haben. Ihnen müssen wir ihre Ängste mit umfassender Aufklärung nehmen. Und dann gibt es Menschen, die Angst vor dem Gesichtsverlust haben, sollten sie sich nach vehementer Ablehnung doch impfen lassen. Eine Impfpflicht kann sie aus dem Spalt holen.

Eine allgemeine Impfpflicht könnte manchen Impfskeptiker:innen helfen. Wer bisher seine Ablehnung vehement im Freundeskreis verteidigt hat, dem öffnet sie die Tür, seine Haltung zu ändern, ohne das Gesicht zu verlieren: Die Pflicht für alle als Rechtfertigung für einen selbst.
Für mich steht fest: Der Kardinalfehler zu Beginn der Pandemie darf sich nicht wiederholen. Damals wurde viel zu spät und viel zu wenig vorausschauend gehandelt.

Unser gemeinsames Ziel muss jetzt ein, für vorsorglichen Schutz zu sorgen. Dafür muss das Einzige, das derzeit die Wirkkraft dieses Virus nachhaltig schwächt, flächendeckend eingesetzt werden. Das ist die Impfung. Sie hilft, damit wir die Überlastung unseres Gesundheitssystems verhindern können, wenn im Herbst möglicherweise die Fallzahlen wieder deutlich ansteigen.

Ohne Impfung kommen neue Freiheitseinschränkungen

Wir dürfen nicht vergessen: Jeder Covid-Platz weniger, gibt Kapazitäten frei und damit anderen Patienten, die gerade seit Monaten auf ihre Operation warten, die Chance, früher dran zu kommen.
Wer gegen die Impfpflicht ist, muss auch ehrlich sagen, was die gesellschaftlichen Kollateralschäden sind, wenn wir sie nicht einführen. Was würde eine Verschärfung der Coronalage im Herbst für Pflegekräfte und Ärztinnen, für Familien und Studenten und zuletzt auch für unsere Wirtschaft bedeuten?

Wenn wir jetzt nicht handeln, müssen womöglich alle und nicht nur Ungeimpfte im nächsten Herbst wieder spürbare Freiheitseinschränkungen hinnehmen. Das gilt es zu verhindern. Deshalb werbe ich für die allgemeine Impfpflicht. Jetzt.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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