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Freigabe für alle? "Astrazeneca liegt wie Blei in den Regalen"


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Freigabe für alle
"Der Impfstoff von Astrazeneca liegt wie Blei in den Regalen"


06.05.2021Lesedauer: 3 Min.
Astrazeneca-Dosen im Kühlschrank: Der Impfstoff ist ein halbes Jahr haltbar. Zum Glück – sonst hätten wohl schon viele Ladungen entsorgt werden müssen.Vergrößern des Bildes
Astrazeneca-Dosen im Kühlschrank: Der Impfstoff ist ein halbes Jahr haltbar. Zum Glück – sonst hätten wohl schon viele Ladungen entsorgt werden müssen. (Quelle: Fabian Strauch/dpa)
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Bund und Länder haben beschlossen: Astrazeneca wird für alle freigeben. Bisher ist der Impfstoff kaum gefragt. Experten kritisieren: Daran sind auch Spahn und die Behörden Schuld.

Mit Blick auf die bundesweite Freigabe des Astrazeneca-Impfstoffs für alle Altersgruppen kritisiert Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands, im Gespräch mit t-online die bisherige Kommunikation der Bundesregierung scharf: "Der erhebliche Imageschaden, der zu Unrecht bis heute auf dem Impfstoff von Astrazeneca lastet, ist auch der Verunsicherung geschuldet, die die desaströse Kommunikation seiner möglichen Nebenwirkungen seitens Politik und Behörden bei der Bevölkerung verursacht hat." Behörden wie Ministerien hätten sich in den vergangenen Monaten "wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert".

In einigen Ländern kommen die Impfungen mit dem britisch-schwedischen Vakzin kaum voran. Zum Beispiel in Bremer Arztpraxen: Hier wurden erst 509 Impfungen mit Astrazeneca verabreicht – aber 15.655 Mal Biontech geimpft. "Der Impfstoff von Astrazeneca liegt wie Blei in den Regalen", sagt Christoph Fox, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen, t-online. Auch aus seiner Sicht sind vor allem "schlechtes Image und schlechte Kommunikation" der Grund für die große Zurückhaltung der Bremer Bürger.

Hausärztechef Weigeldt: "Mitunter absurd anmutende Debatte"

Um den Impfstoff von Astrazeneca hatte es viele Diskussionen gegeben. Er wurde nach dem Auftreten von Blutgerinnseln im Gehirn bei jüngeren Geimpften in den meisten Bundesländern bisher nur noch für über 60-Jährige eingesetzt. Dabei hatten etliche Behörden, darunter die europäische Arzneimittelbehörde Ema, die Fälle geprüft. Ergebnis: Der Nutzen der Impfung überwiege eindeutig das Risiko.

An diesem Donnerstag haben Bund und Länder auf Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eine sofortige Freigabe des Vakzins für alle Impfwilligen beschlossen – ohne Priorisierung nach Alter, Vorerkrankung oder Berufsgruppe.

Aber ist der Schaden noch zu korrigieren? Hausärztechef Weigeldt appelliert eindringlich an die Bundesbürger, sich mit Astrazeneca impfen zu lassen – auch aus globaler Verantwortung. Während in Indien oder Brasilien völlig geschwächte Menschen auf dem Weg zur Klinik kollabierten oder in Warteschlangen erstickten, weil es weder Sauer- noch Impfstoff gebe, "liefern wir uns in Deutschland eine mitunter absurd anmutende Debatte darüber, ob streng geprüfte, bereits zugelassene Vakzine wirklich gut genug für uns sind", so Weigeldt.

"Lasst euch impfen!"

Es bleibe aber keine Zeit mehr. "Wir müssen impfen. Alles, was da ist, allen, die es wollen. Jetzt." Astrazeneca sei ein sicherer und wirksamer Impfstoff, betont Weigeldt. Genau das gelte es, jetzt "den Ängstlichen, Verunsicherten und Skeptikern" zu erklären: "Lasst euch impfen!"

Im Gegensatz zu anderen Impfstoffen ist Astrazeneca ungeöffnet im Kühlschrank bis zu einem halben Jahr haltbar. Für Länder wie Bremen ist das ein Glück. Deswegen hätten bisher keine Dosen entsorgt werden müssen, sagt KV-Sprecher Fox, sondern lägen zum Impfen weiterhin bereit. Mit dem Land Bremen hat sich die Kassenärztliche Vereinigung unabhängig von den Beratungen mit Spahn in dieser Woche bereits darauf geeinigt, die Astra-Impfungen ab sofort für alle Bürger über 18 zu öffnen. Fox hofft, dass das den Wandel bringt.

Hausärztechef Weigeldt warnt jedoch, dass es auch mit der Freigabe von Astrazeneca eine "Illusion" sei, zu glauben, jeder würde nun umgehend einen Impftermin erhalten. "Wie soll das gehen?" Der Ansturm auf die Hausarztpraxen sei schon jetzt immens, die Fachangestellten arbeiteten an der Grenze der Belastbarkeit. "Wir geben alles, damit der Impfturbo, den wir so erfolgreich gezündet haben, weiterhin hochtourig fährt." Aber es werde auch künftig nicht ganz ohne Warten gehen.

Verwendete Quellen
  • Anfrage an Ulrich Weigeldt
  • Gespräch mit Christoph Fox
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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