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"Er hat ohne Zweifel recht": Kretschmer unterstützt Laschets Vorschlag eines "Brücken-Lockdown"


Wochenlanger "Brücken-Lockdown"?
"Er hat ohne Zweifel recht": Kretschmer unterstützt Laschet

dpa, Ulrich Steinkohl

Aktualisiert am 06.04.2021Lesedauer: 6 Min.
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Nur Aktionismus? So hatte FDP-Chef Christian Lindner den Vorstoß von CDU-Chef Armin Laschet zu einem Brücken-Lockdown in Deutschland kritisiert. (Quelle: t-online)
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CDU-Chef und NRW-Ministerpräsident Laschet fordert einen "Brücken-Lockdown". Er löst damit massive Kritik aus, trifft aber auch auf Zustimmung.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat mit seinem Vorstoß, schnell einen harten "Brücken-Lockdown" für Deutschland zu beschließen, ein geteiltes Echo ausgelöst. In manchen Bundesländern sind Kritik und Verwirrung groß, in anderen trifft Laschet mit seinem Vorschlag auf Zustimmung.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) unterstützt Laschets Vorstoß deutlich: "Er hat ohne Zweifel recht", sagte Kretschmer der in Dresden erscheinenden "Sächsischen Zeitung". "Mit der Dynamik vor Ostern werden wir Ende Mai nicht erreichen." Erst dann könne man erwarten, dass die Impfungen einen nennenswerten Beitrag zur Verringerung des Infektionsgeschehens liefern.

Kretschmer sagte: "Wir sind es auch denjenigen schuldig, die in den Krankenhäusern unter Hochdruck und extremer Belastung arbeiten, nicht wieder so furchtbare Situation wie zu Weihnachten eintreten zu lassen." Das Problem sei, dass sich für viele Menschen die Realität in den Krankenhäusern im privaten Umfeld nicht abbilde. "Sie spüren die Last der Einschränkungen, aber nicht die Bedrohung durch das Virus." In Sachsen würden täglich 100 bis 200 neue Infektionen reichen, damit die Intensivstationen in kurzer Zeit überlastet seien.

Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zeigte sich bereit, das Bund-Länder-Treffen vorzuziehen: "Ziel muss eine Verständigung der Länder sein", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag).

Ramelow: "Stückwerk und von Hektik geprägt"

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte dem "Spiegel" zwar, man könne gerne jederzeit zusammenkommen. "Aber da muss auch vorher was auf dem Tisch liegen, was wir dann auch wirklich gemeinsam beschließen und vor allem auch alle umsetzen", betonte der Linken-Politiker. "Die aktuellen Wortmeldungen sind wieder Stückwerk und von Hektik geprägt."

Unterstützung erhielt CDU-Vorsitzender Laschet auch vom Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus. "Der Vorschlag von Armin Laschet ist richtig", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Bis der Anteil der Geimpften in der Bevölkerung hoch genug ist, müssen wir für einen klar begrenzten Zeitraum mit einem Brücken-Lockdown die Gesundheit schützen und die Corona-Infektionen eindämmen." Brinkhaus mahnte "eine schnelle Entscheidung von Bund und Ländern" an.

Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach meinte am Dienstag im RTL/ntv-"Frühstart", nötig sei ein "harter Lockdown" mit verschärften staatlichen Beschränkungen. Dazu gehörten Ausgangsbeschränkungen sowie eine Homeoffice- und Testpflicht in den Betrieben.

Brücken-Lockdown "bis viele Menschen geimpft sind"

Laschet hatte am Ostermontag überraschend vorgeschlagen, im Kampf gegen die dritte Corona-Welle einen "Brücken-Lockdown" zu beschließen. Damit solle die Zeit überbrückt werden, bis viele Menschen geimpft seien. Die Lage erfordere es, "dass wir noch mal in vielen Bereichen nachlegen", sagte der CDU-Vorsitzende. Er sei sich bei seiner Einschätzung der Lage mit vielen Länderchefs, Kanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn (beide CDU) einig.

Am Dienstag präzisierte Laschet, ein solcher "Brücken-Lockdown" sollte "zwei bis drei Wochen" dauern. Jetzt sei absehbar, "dass schon in ganz kurzer Zeit 20 Prozent, danach 30, 40 Prozent der deutschen Bevölkerung geimpft" sind, sagte der CDU-Chef im ZDF-Morgenmagazin. Wissenschaftler würden nun empfehlen, diese Zeit zu überbrücken und das öffentliche Leben bis dahin zu reduzieren. Jetzt gehe es darum, "genau in diesem letzten Stück der Pandemie noch einmal herunterzugehen".

Müller: "Was heißt das alles?"

In anderen Ländern sind Kritik und Verwirrung hingegen groß. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) lehnte den Vorschlag ab, die für den kommenden Montag geplante nächste Ministerpräsidentenkonferenz auf diese Woche vorzuziehen und dabei über schärfere Corona-Regeln zu beraten. "Ein Brücken-Lockdown für eine Übergangszeit und dann mit welchen Maßnahmen? Und das soll so lange gelten, bis viele Menschen geimpft sind. Was heißt das alles?" Er glaube, Laschet habe viele Überlegungen noch nicht abgeschlossen, sagte Müller, der auch Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz ist. Insofern mache eine vorzeitige Konferenz jetzt auch keinen Sinn.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) lehnt ebenfalls ab, die Corona-Schalte vorzuziehen. "Nach den Erfahrungen der letzten Bund-Länder-Besprechung halte ich es für unabdingbar, dass die nächste Runde gründlich vorbereitet wird", sagte Dreyer t-online. "Schlagworte, die mehr Fragen offen lassen, als sie Antworten geben, und kurzfristig anberaumte Treffen mit nur wenig Substanz sind hier aus meiner Sicht nicht zielführend."

Schwesig: Neue Vorschläge müssen rechtzeitig vorliegen

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) warnte vor weiteren Schnellschüssen. Laschets Vorschlag ließ sie durch ihren Regierungssprecher ablehnen. "Unsere klare Erwartung ist, dass die Runde besser vorbereitet wird als beim letzten Mal", betonte Sprecher Andreas Timm. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse ihre Vorschläge dieses Mal rechtzeitig auf den Tisch legen. Im Interview bei "Anne Will" habe Merkel eine Verschärfung des Infektionsgesetztes ins Gespräch gebracht. "Darüber können wir nur reden, wenn die Vorschläge rechtzeitig vorliegen."

Ähnlich sieht es Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). Er ließ über einen Sprecher mitteilen: "Wenn man sich einig ist unter den Bundesländern, was man machen will, dann könnte man die MPK vorziehen." Bislang gebe es aber keine konkreten Vorschläge zu Laschets Lockdown-Modell. Deswegen sollte die Runde am 12. April gut vorbereitet werden. "Und im Übrigen erwartet der Senat, dass der Bund – insbesondere das Bundeskanzleramt – bis dahin vorlegt, wie es gedenkt, die sogenannte Angebotspflicht für Schnelltests von Arbeitnehmern in Unternehmen für Arbeitgeber verbindlicher zu machen."

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) spricht sich klar gegen einen "Brücken-Lockdown" und eine vorgezogene Bund-Länder-Runde zur Corona-Politik aus. "Vor Ostern hat Aktionismus bei vielen Menschen für einen Vertrauensverlust gesorgt – nach Ostern dürfen wir diesen Fehler nicht wiederholen", sagte Weil t-online. "Deswegen sehe ich keinen Grund, die Ministerpräsidentenkonferenz vorzuziehen – im Gegenteil: Ich habe erhebliche Zweifel gegenüber einem 'Brücken-Lockdown'."

"Will Ministerpräsident Laschet die Kitas komplett samt Notbetreuung schließen? Will er die Wirtschaft ganz herunterfahren? Wie lange und mit welchem konkreten Ziel sollen die Maßnahmen andauern? Das alles ist ungeklärt", sagte Weil. "Solche Vorschläge tragen zur Verunsicherung der Menschen bei, helfen uns aber nicht bei der Eindämmung des Infektionsgeschehens."

Niedersachsen verzeichne "insgesamt eine eher erfreuliche Infektionsentwicklung", sagte Weil. "Das spricht dafür, den eingeschlagenen Kurs auf der Grundlage von Konsequenz und Umsicht beizubehalten. Eine stetige, verlässliche Politik ist auch notwendig, um Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern zurückzugewinnen."

Vizekanzler Scholz: Erst Konzept, dann Bund-Länder-Treffen

Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) äußerte sich skeptisch über eine vorgezogene Bund-Länder-Runde: "Es macht nicht Sinn, sich zusammenzusetzen, ohne dass man sorgfältig das, was man dort beschließt, auch vorbereitet hat", sagte Scholz am Dienstag in Berlin. Zugleich monierte er, Laschet habe als NRW-Ministerpräsident trotz hoher Infektionszahlen nicht alle vereinbarten Regelungen eingehalten und nicht konsequent Ausgangsbeschränkungen in betroffenen Regionen eingeführt.

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"Ich fände es gut, wenn diese Verabredung, die wir miteinander haben, überall gilt und von allen beachtet würde", betonte Scholz. Wichtig seien gerade Klarheit und Führung. "Zur Klarheit gehört, zu sagen, was wir tun – und dann auch zu tun, was wir gesagt haben." Dazu gehörten neben der Rücknahme einzelner Öffnungsschritte eben auch Ausgangsbeschränkungen. Zudem müsse die Teststrategie in Unternehmen und Schulen ausgebaut werden.

Bayern kritisiert fehlende Klarheit

Auch Bayern sieht noch Klärungsbedarf für einen "Brücken-Lockdown": "Bayern setzt sich weiter für ein konsequentes Vorgehen im Kampf gegen die Pandemie ein. Deshalb ist es erfreulich, wenn auch andere Bundesländer auf diesen Kurs einschwenken. Allerdings müsste zunächst mehr Klarheit darüber herrschen, was genau Nordrhein-Westfalen plant", sagte der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Dienstag in München. Holetschek ist derzeit auch Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz.

"Bei einem Anstieg der Infektionszahlen muss auch über schärfere Maßnahmen beraten werden." Es sei aber sehr wichtig, dass neue Schritte von den Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert werden. "Deshalb brauchen wir konkrete Konzepte, die mit wissenschaftlichen Daten untermauert sind. Das gilt auch für den Vorstoß aus Nordrhein-Westfalen", so Holetschek.

Die Ministerpräsidenten von Bayern und Baden-Württemberg, Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne), hatten schon vor Tagen in einem gemeinsamen Brief an ihre Kollegen eine strikte Anti-Corona-Politik mit konsequenter Umsetzung der Notbremse in Hotspots gefordert, auch mit nächtlichen Ausgangsbeschränkungen. Härtere Maßnahmen fordert auch Merkel. Bisher war der Ruf jedoch vielerorts ungehört verhallt – auch in CDU-geführten Bundesländern.

Bartsch: "Ein schönes Wort aus der PR-Kiste"

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte bei "Welt", Brücken-Lockdown sei ein schönes Wort aus der PR-Kiste. "Aber ich hätte gerne gewusst: Was schlägt Armin Laschet konkret vor?" Es sei alles zu begrüßen, was die Infektionszahlen runterbringe. Zuallererst zähle das Impfen dazu. "Aber ich würde als wichtigste Maßnahme, um voranzukommen, vor allen Dingen vorschlagen, dass die Union die Frage der Kanzlerkandidatur klärt. Denn ich habe den Verdacht, dass dieser Vorschlag eng damit zusammenhängt und das behindert aktuell die Pandemiebekämpfung."

FDP-Generalsekretär Volker Wissing schrieb auf Twitter: "Mehr als ein Jahr Corona und der Lockdown bleibt das einzige Konzept. Das ist schon etwas peinlich für ein modernes Land." Die Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, Alice Weidel, erklärte, ein Brücken-Lockdown sei ein "unausgegorener und undurchdachter Etikettenschwindel".

Saarland: Öffnungen trotz steigender Infektionszahlen

Das Saarland begann am Dienstag trotz steigender Infektionszahlen sogar mit einem Ausstieg aus dem Lockdown. Viele Einrichtungen und Häuser durften wieder öffnen, neben der Außengastronomie zählen auch Kinos, Theater, Konzerthäuser, Fitnessstudios und Tennishallen dazu. Wer das Angebot nutzen möchte, braucht in der Regel einen negativen Corona-Schnelltest, der nicht älter als 24 Stunden sein darf.

Damit geht erstmals ein ganzes Bundesland als Corona-Modellprojekt an den Start. "Es muss uns nach einem Jahr Pandemie mehr einfallen als nur zu schließen und zu beschränken", hatte Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) gesagt. Merkel hatte die Ankündigung als "sehr gewagt" bezeichnet. Am Ostermontag wurde für das Saarland eine Inzidenz von 91,3 gemeldet.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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