Dritte Welle in Deutschland RKI-Chef Wieler: 100.000 Infektionen pro Tag sind vorstellbar
Die dritte Welle hat Deutschland in der Corona-Pandemie erreicht. Gesundheitsminister Spahn und RKI-Chef Lothar Wieler standen nun wieder Rede und Antwort.
Wöchentlich geben Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und der Chef des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, Updates zur Corona-Lage in Deutschland. In der aktuellen Pressekonferenz am Freitag zeichneten beide ein eher düsteres Bild und appellierten noch einmal eindringlich an die Bevölkerung, Kontakte zu vermeiden.
Die wichtigsten Aussagen im Überblick:
- Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mahnt angesichts steigender Corona-Infektionszahlen weiter zu Vorsicht, auch für die Osterzeit. Er appelliere an die Länder, die vereinbarte "Notbremse" bei hohem Infektionsgeschehen konsequent anzuwenden.
- Die Bürger bitte er, sich an Ostern sowie davor und danach idealerweise nur draußen mit anderen zu treffen. Das Eindämmen von Ansteckungen bleibe auch bei anziehenden Impfungen wichtig. "Je höher die Inzidenz, desto weniger hilft das Impfen, um die Zahlen zu drücken." Weiter sagte er: "Wenn wir nicht sofort massiv gegensteuern, werden die Folgen gravierend sein." Er forderte die Bevölkerung auf, Kontakte zu reduzieren und die Regeln zur Pandemie-Eindämmung einzuhalten.
- Spahn mahnte außerdem mehr Flexibilität beim Impfen an. So sei es möglich, dass über 70-Jährige etwa an den Wochenenden nicht verimpfte Dosen verabreicht bekämen. "Das gibt die Impfverordnung locker her", sagte Spahn. Das könne vor Ort flexibel gehandhabt werden.
- Sowohl Spahn als auch Wieler baten zudem, die Möglichkeit zur Impfung zu nutzen, wenn es ein Impfangebot gebe.
- Es gebe 50.000 impfende Hausärzte, 80.000 bis 90.000 impfende Ärzte seien es insgesamt (wie etwa auch Fachärzte). "Die Arztpraxen werden einen entscheidenden Unterschied im Mai/Juni machen."
- Zugleich erklärte er, dass eine siebte Dose einer Ampulle von Biontech/Pfizer grundsätzlich möglich, aber schwierig sei.
- Die generelle Corona-Testpflicht für Einreisen per Flugzeug nach Deutschland soll erst in der Nacht von Montag zu Dienstag in Kraft treten. Der Starttermin werde noch einmal etwas verschoben, um mehr Zeit für die Vorbereitung zu geben, sagte der Bundesgesundheitsminister. Die entsprechende Verordnung habe er unterschrieben. Zunächst war geplant, dass die neuen strengeren Vorgaben in der Nacht zu Sonntag in Kraft treten.
- Bei weiter steigenden Corona-Infektionszahlen warnte Minister Spahn vor einer baldigen Überlastung des deutschen Gesundheitssystems. "Momentan steigen die Zahlen zu schnell und die Virusvarianten machen die Lage besonders gefährlich", sagte er am Freitag in Berlin. "Wenn das ungebremst weitergeht, laufen wir Gefahr, dass unser Gesundheitssystem im Laufe des Aprils an seine Belastungsgrenze kommt."
- Der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, malte ein düsteres Bild. Es gebe "deutliche Signale", dass die nun begonnene dritte Corona-Welle "noch schlimmer werden kann als die ersten beiden Wellen", sagte er auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Spahn. Das Land müsse sich darauf einstellen, dass die Zahl der Infizierten stark steige, dass Kliniken überlastet werden und "viele Menschen auch sterben". Wieler hält einen drastischen Anstieg der Neuinfektionen für möglich. "Klar, dass können dann auch 100.000 pro Tag werden", sagte er.
Dieses Osterfest sei noch nicht wieder so zu gestalten wie gewohnt, sagte Spahn. Dafür seien die Infektionszahlen zu hoch. Deutschland sei wahrscheinlich "im letzten Teil dieses Pandemie-Marathons" angekommen. Das Ziel sei in Sicht, aber eben noch ein ganzes Stück weg. "Gerade im letzten Teil des Marathons wirkt nicht selten jeder weitere Schritt wie eine Tortur." So gehe es vielen in dieser Phase.
Die von Bund und Ländern vereinbarte "Notbremse" sieht vor, Öffnungen zurückzunehmen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Region oder einem Land an drei aufeinander folgenden Tagen auf über 100 steigt. Diese Zahl der neuen Fälle pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen stieg bundesweit weiter auf 119,1, wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Freitag bekannt gab.
- Bundespressekonferenz am 26. März 2021
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters