"Das letzte Frühjahr in dieser Pandemie" Spahn verteidigt politischen Balanceakt bei Corona-Maßnahmen
Nur wenige Stunden nach dem Corona-Gipfel von Bund und Ländern äußern sich führende Politiker zu den beschlossenen Maßnahmen. Die Opposition schäumt, doch einige Politiker verteidigen den neuen Kurs vehement.
Führende Politiker haben sich am Tag nach den Corona-Beschlüssen von Bund und Ländern zum neuen Kurs in der Pandemie geäußert. So mahnte Gesundheitsminister Jens Spahn auch bei möglichen nächsten Öffnungen in der Corona-Krise zu notwendiger Vorsicht.
Niemand wolle Einschränkungen einen Tag länger als nötig, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im Bundestag. Doch die Pandemie sei "noch nicht am Ende", wie die Infektionszahlen, die Lage auf den Intensivstationen und ein Blick in europäische Nachbarländer zeigten. Daher sei es richtig, dass der Bundestag weiter eine "epidemische Lage von nationaler Tragweite" feststelle. Die AfD hatte zuvor die Aufhebung der "epidemischen Lage" verlangt, weil sie genutzt werde, "um Grundrechtseinschränkungen zu legitimieren", so Spahn.
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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) wertete die Beschlüsse des Bund-Länder-Gipfels am späten Mittwochabend als wichtiges Signal. Es sei gut, dass die Ministerpräsidentenkonferenz ihr Versprechen gehalten habe und mit Beschlüssen zu ersten Lockerungsschritten vorangekommen sei, teilte Woidke am Donnerstag in Potsdam mit. "Nur durch Verlässlichkeit erreichen wir Akzeptanz. Und das ist die Grundvoraussetzung, damit wir gemeinsam aus der Pandemie kommen."
Laschet mahnt ebenso zur Vorsicht
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet bezeichnete den Beschluss der Bund-Länder-Konferenz als vernünftig. Es sei keine Öffnung aber auch keine einfache Lockdown-Verlängerung, sagte der CDU-Vorsitzende im Düsseldorfer Landtag. "Es ist hier Maß und Mitte." Richtig sei, nicht mehr nur auf einen festgelegten Inzidenzwert zu achten. Gesundheitsämter seien in ganz unterschiedlichem Maß in der Lage, mit den Infektionsfällen umzugehen.
Dennoch mahnte auch Laschet zur Vorsicht: "Wir müssen mit dem mutierten Virus leben", sagte der CDU-Bundesvorsitzende mit Blick auf die Verbreitung der britischen Variante. Es laufe aber ein "Kampf mit der Zeit", damit sich nicht noch weitere Varianten ausbreiteten.
Lindner ist enttäuscht von Ergebnissen
Ganz anders denkt FDP-Chef Christian Lindner: Er nannte die Ergebnisse der Bund-Länder-Beratungen enttäuschend. Schon heute wäre es möglich, mit den Hygienekonzepten Teile des Einzelhandels und der Gastronomie zu öffnen, sagte Lindner in Berlin. Die Abwägung zwischen den gesundheitlichen Risiken einerseits und den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen sei "zu einseitig".
Zu beklagen sei auch, dass Deutschland beim Testen hinterherhinke. Österreich und Dänemark zeigten hier, was möglich sei. "Dass am gestrigen Tag noch eine neue Taskforce zur Teststrategie eingesetzt werden musste, das ist Beleg für ein Management-Versagen innerhalb der Bundesregierung", so der FDP-Chef.
Spahn: "Wir müssen schneller werden"
Jens Spahn sieht in den Beschlüssen eine schwierige Balance zwischen dem Bedürfnis nach Normalität und der Kontrolle über die Pandemie. Ab diesem Montag übernehme der Bund die Kosten für kostenlose Schnelltests durch geschultes Personal für alle Bürger in Testzentren – und damit eine Woche später als zunächst geplant. Die Länder hätten deutlich gemacht, das Angebot vor Ort pragmatisch umzusetzen. Dafür müsse der Bund auch nicht Tests zentral beschaffen, diese seien verfügbar.
Bei den Impfungen sollten ab April neben den Impfzentren der Länder auch Arztpraxen einbezogen werden. "Wir müssen schneller werden", forderte Spahn. Dies sei die berechtigte Erwartung der Bürger. Das Virus habe nicht aufgegeben. "Aber alles spricht dafür, dass das das letzte Frühjahr in dieser Pandemie wird", sagte der Minister.
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters