Migration IMK-Chef: Mehr Druck auf unkooperative Asyl-Herkunftsländer
Quedlinburg/Stuttgart (dpa) - In der Dauerdebatte um eine konsequentere Abschiebepraxis hat Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) mehr Druck auf die Herkunftsländer gefordert.
"Wir haben eine Situation, dass ungefähr 40 Prozent aller Geduldeten in der Bundesrepublik nahezu nur deshalb nicht abgeschoben werden können, weil die Herkunftsstaaten sie nicht zurücknehmen", sagte der amtierende Vorsitzende der Innenministerkonferenz der Deutschen Presse-Agentur. Das könne nur durch mehr Druck gelöst werden.
Zum einen könne die Visavergabe eingeschränkt oder gar ausgesetzt werden, bis die Staaten kooperierten, schlug der CDU-Politiker vor. Ein anderes Druckmittel sei die Entwicklungshilfe. "Ich würde androhen zu kürzen." Stahlknecht will bei der Innenministerkonferenz in der kommenden Woche in Quedlinburg erreichen, dass sich seine Amtskollegen einer entsprechenden Forderung an die Bundesregierung anschließen. "Ich glaube, dass da Einigkeit besteht. Das muss dann nur umgesetzt werden." Neben den Länderministern wird auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erwartet.
In Sachsen-Anhalt kommen nach Angaben des Innenministeriums 60 bis 70 Prozent der ausreisepflichtigen Asylbewerber aus unkooperativen Herkunftsstaaten. Eine Lösung dieses Problems sei drängender als die Einrichtung sogenannter Ankerzentren. Seehofer will in einem Pilotprojekt bis zum Herbst sechs solcher Zentren einrichten. Dort sollen die Asylbewerber das komplette Verfahren durchlaufen. Bei einer Ablehnung soll dann auch die Rückführung oder Abschiebung aus dem Ankerzentren erfolgen. Allerdings wollen die meisten Bundesländer bisher nicht mitmachen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) betonte, die Asylverfahren könnten stark verkürzt und die Verwaltung entlastet werden, "wenn SPD, Grüne und Linke uns bei der Frage von sicheren Herkunftsländern endlich unterstützen würden", wie die "Welt am Sonntag" berichtete. Er mahnte an, "endlich Rücknahmeabkommen mit den nordafrikanischen Staaten" zu vereinbaren.
Beim Problem rechtswidrig erschlichener Staatsbürgerschaften soll nach dem Willen der Bundesländer die Frist für den Entzug deutlich verlängert werden. Die Landesinnenminister wollen den Bund in Quedlinburg auffordern, einen entsprechenden Gesetzentwurf zu erarbeiten. Eine Arbeitsgruppe der Minister folgte dem baden-württembergischen Vorschlag, der eine Verlängerung des Zeitraums von fünf auf zehn Jahre vorsieht, wie der Stuttgarter Innenminister Thomas Strobl (CDU) der dpa sagte.
Zudem soll die eindeutige Identitätsklärung als Voraussetzung für die Einbürgerung im Gesetz festgeschrieben werden. Auf keinen Fall dürfe die Einbürgerung dazu dienen, eine neue Identität zu schaffen. Nach Angaben des Landesinnenministeriums ergab eine Umfrage in den Bundesländern, dass im vergangenen Jahr 58 Mal die Einbürgerung wegen Identitätstäuschung zurückgenommen werden musste. In 342 Fällen war dies nicht mehr möglich, da die Frist verstrichen war. Die Dunkelziffer liege vermutlich höher.
Bereits am Freitag war bekannt geworden, dass die Bundesländer auf Initiative Baden-Württembergs abgeschobenen Schwerverbrechern eine Wiedereinreise nach Deutschland für immer untersagen wollen. Dazu werde das Bundesinnenministerium gebeten, das Aufenthaltsgesetz zu ändern, "um die Möglichkeit der Anordnung eines unbefristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots aufgrund schwerster Straftaten zu schaffen", zitierte das Redaktionsnetzwerk Deutschland aus der auch der dpa vorliegenden Beschlussvorlage. Dies solle insbesondere bei Tötungsdelikten oder bei Gefahr für die Innere Sicherheit gelten.