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Niedersachsens Ministerpräsident tritt zurück: Wer ist Stephan Weil?


Abschied aus Hannover
Der "freundliche, ältere Herr" geht

Von t-online, jha

Aktualisiert am 01.04.2025 - 13:51 UhrLesedauer: 3 Min.
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Stephan Weil: Der Ministerpräsident von Niedersachsen steht vor einem neuen Lebensabschnitt. (Quelle: IMAGO/Susanne Hübner, Susanne Huebner/imago)
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Seit mehr als einem Jahrzehnt prägt Stephan Weil die niedersächsische Politik wie kaum ein anderer. Nun tritt der SPD-Politiker ab – und hinterlässt eine Lücke.

Stephan Weil hat seinen Rückzug von allen Ämtern angekündigt. Der niedersächsische Ministerpräsident und SPD-Landesvorsitzende will im Mai 2025 den Platz für einen Nachfolger freimachen. Dafür ist in beiden Ämtern Wirtschaftsminister Olaf Lies vorgesehen. Für die SPD bedeutet der Abgang des dienstältesten Regierungschefs in Niedersachsen eine Zäsur.

Der 66-Jährige führt die Landesregierung in Hannover seit 2013. Bereits seit Anfang 2012 war er Vorsitzender der niedersächsischen SPD. Schon länger wurde spekuliert, dass er bald gehen könnte, doch Weil selbst hatte wiederholt betont, er wolle bis zum Ende der Wahlperiode 2027 im Amt bleiben. Bis jetzt.

Nüchtern, verlässlich, präsidial

Weil ist kein Mann der großen Gesten. Er sei in Hannover häufig als "freundlicher älterer Herr" beschrieben worden, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Auf markige Sprüche verzichtete er stets, lieber pflegte er seinen trockenen Humor. Nicht umsonst lautete einer seiner Wahlkampfslogans: "Keine Zeit für Sprüche". Statt mit Pathos trat Weil meist sachlich auf – und kam damit bei den Wählern gut an.

Gerade in Krisenzeiten schätzten viele seine ruhige, kontrollierte Art. Kritiker warfen ihm allerdings vor, er meide Konflikte und gehe unbequemen Themen aus dem Weg. Doch Weils Stil wirkte – nicht zuletzt, weil er sich vom Bundestrend der SPD oft abkoppeln konnte. Selbst in Wahlkämpfen, in denen die Partei bundesweit einbrach, holte er in Niedersachsen stabile Ergebnisse. Trotz schlechter Umfrageergebnisse der Ampelparteien konnte Weil noch im Jahr 2022 erneut die Landtagswahl für die SPD gewinnen.

Ein Aufsteiger mit Geduld

Geboren wurde Stephan-Peter Weil am 15. Dezember 1958 in Hamburg. Schon als Kind zog er mit seinen Eltern nach Hannover, wo er bis heute lebt. Nach dem Abitur am Kaiser-Wilhelm-Gymnasium studierte er Jura in Göttingen, arbeitete danach als Anwalt, Staatsanwalt und Richter. Ab 1994 war er als Ministerialrat im Justizministerium tätig.

Seine politische Karriere begann auf kommunaler Ebene. Von 1997 bis 2006 war er Stadtkämmerer in Hannover. Danach stieg er zum Oberbürgermeister der Landeshauptstadt auf und blieb bis 2013 in dieser Funktion. 2011 bewarb er sich um die Spitzenkandidatur der SPD für die Landtagswahl 2013 – und setzte sich in einem Mitgliederentscheid knapp gegen Olaf Lies durch, der ihn nun als Ministerpräsident und SPD-Landeschef ablösen soll.

Corona, Volkswagen und Russland

Während seiner Amtszeit als Ministerpräsident setzte Stephan Weil mehrere politische Akzente. Unter seiner Führung gelang es der SPD in Niedersachsen, sich bei drei Landtagswahlen als stärkste Kraft zu behaupten. Er war maßgeblich an der Bewältigung der Corona-Pandemie auf Landesebene beteiligt und koordinierte die Maßnahmen zwischen Landes- und Bundespolitik. Als Aufsichtsratsmitglied von Volkswagen spielte Weil eine Schlüsselrolle in der Aufarbeitung des Abgasskandals und bei der strategischen Neuausrichtung des Konzerns in Richtung Elektromobilität. Zudem forcierte er den Ausbau der Windkraft und machte Niedersachsen durch LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Stade zum zentralen Standort für Energieimporte.

Weil gehört zum traditionsreichen SPD-Landesverband Niedersachsen, aus dem auch Gerhard Schröder stammt. Weils Verbindungen nach Moskau stießen allerdings in der Vergangenheit auf Kritik. Noch 2016 hielt er eine Rede zur Ernennung des Schröder-Vertrauten Heino Wiese zum Honorarkonsul Russlands. Erst nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 distanzierte sich Weil von seiner früheren Russlandpolitik.

Ein Rekord bleibt unerreicht

Wäre Weil bis 2027 im Amt geblieben, hätte er Ernst Albrecht (CDU) als längstdienenden Ministerpräsidenten Niedersachsens überholt. Der Vater von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen regierte von 1976 bis 1990. So aber bleibt Weil hinter diesem Rekord zurück. In drei Koalitionen – mit den Grünen, der CDU und erneut den Grünen – führte er das Land. Dabei zeigte er sich als Pragmatiker, der Politik an erster Stelle als Verwaltungsaufgabe verstand.

Für die SPD bedeutet sein Abgang mehr als nur einen Personalwechsel. Weil war ein Gesicht des Erfolgs in einem Bundesland, in dem die Partei bis heute deutlich besser abschneidet als im Bund. Für seinen Nachfolger Olaf Lies gilt es nun, diesen Erfolg weiter zu verteidigen.

Für Weil beginnt ab Mai ein neuer Lebensabschnitt. Der 66-Jährige ist Marathonläufer, Hannover-96-Fan und gläubiger Christ, hat einen erwachsenen Sohn und wohnt in Hannover-Kirchrode.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP
Transparenzhinweis

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