Ende der Ampel So vollzog sich offenbar der finale Bruch zwischen Lindner und Scholz
In dieser Woche haben Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner in nie gesehener Form ihr Tischtuch zerschnitten. Eine Zeitung berichtet jetzt über die vorangegangene Schlüsselszene unter vier Augen.
Kleinkariert, nur das Wohl seiner Partei im Blick, zu oft persönlich enttäuscht: Bei seiner historischen Rede über den Rausschmiss seines Finanzministers am Mittwochabend am Ende des Koalitionsausschusses im Kanzleramt teilte Bundeskanzler Olaf Scholz in einer vorbereiteten Rede heftig gegen FDP-Chef Christian Lindner aus. Dieser war am gleichen Abend davon so überrumpelt, dass er nur wenige dürre Worte fand.
Anderntags aber schlug er mit persönlichen Anwürfen gegen den "noch amtierenden Bundeskanzler" zurück. Noch am selben Tag standen Lindner und Scholz wie versteinert zu beiden Seiten des Bundespräsidenten, als Lindner und die meisten anderen FDP-Minister ihre Entlassungsurkunde bekamen. Selbst lang gedienten Beobachtern des politischen Betriebs ist kein Bruch zwischen zwei Bündnispartnern in Erinnerung, der mit so viel bösem Blut einherging.
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Der Bruch vollzog sich wohl bereits am Sonntag
Nun berichtet die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" über die Schlüsselszene zwischen den beiden, die den öffentlichen Auftritten voranging. Sie trug sich demnach bereits am Sonntagabend im Kanzleramt zu. Dorthin war Lindner zu einem gemeinsamen Abendessen mit Scholz gekommen.
Laut "FAS" ließ Scholz Lindner dabei inhaltlich mit seinem 18-seitigen Wirtschaftspapier "auflaufen". Daraufhin habe Lindner Scholz erstmals vorgeschlagen, die Koalition zu beenden. Man solle, so sein Vorschlag laut "FAS", noch gemeinsam die offenen Fragen des laufenden Haushalts regeln und dann einvernehmlich eine vorgezogene Bundestagswahl abhalten.
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Lindner wollte, dass Scholz die Vertrauensfrage stellt
Demnach habe Lindners Plan darin bestanden, Scholz in den kommenden Tagen die Vertrauensfrage im Bundestag stellen zu lassen, aber bis zur Auflösung des Bundestages im Januar gemeinsam weiterzuarbeiten. Scholz habe das aber abgelehnt. Da habe der Bruch im Rückblick des Umfelds von Scholz "erstmals klar zutage gelegen".
Am Ende des Treffens habe Scholz dann gefragt, ob er damit rechnen müsse, dass die FDP noch vor dem Koalitionsausschuss am Mittwoch die Regierung verlasse. Das habe Lindner verneint. Als der Kanzler dann fragte, ob damit bis zum kommenden Wochenende zu rechnen sei, habe Lindner geschwiegen.
Die Schilderung der FAS ist in weiten Teilen deckungsgleich mit einer Rekonstruktion der Ereignisse durch den "Spiegel".
Scholz hatte wohl drei Reden vorbereitet
Daraufhin habe Scholz für den Mittwoch des Koalitionsausschusses drei Reden vorbereiten lasen. Eine für einen positiven Ausgang, eine für den Fall, dass Lindner hinschmeißen würde, und eine für den Fall, dass er Lindner rauswerfen werde. Das deckt sich mit t-online-Informationen. Und passt zum Auftritt von Scholz am Mittwochabend: Jedes Wort seines Statements war von zwei transparenten Telepromptern abgelesen.
In dieser Rede hatte Scholz noch von der Vertrauensfrage Mitte Januar und Neuwahlen Ende März gesprochen. Durch den Druck vor allem von Oppositionschef Friedrich Merz (CDU) hat er aber inzwischen erkennen lassen, diese eventuell früher zu stellen. So wie Lindner es ihm vorgeschlagen hatte.
- Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Der Spiegel, eigene Informationen