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Scholz kündigt schnelle Verschärfung des Waffenrechts an


Messerangriff bei Stadtfest
Scholz kündigt schnelle Verschärfung des Waffenrechts an

Von dpa
Aktualisiert am 26.08.2024Lesedauer: 5 Min.
Nach der Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest - Scholz-BesuchVergrößern des Bildes
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gedenkt in Solingen der Opfer des Anschlags vom 23. August. (Quelle: Thomas Banneyer/dpa/dpa-bilder)
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Drei Tote und acht Verletzte - der Anschlag von Solingen sorgt für Entsetzen. Kanzler Scholz kommt in die Stadt und zeigt seine Anteilnahme. Er will nun schnell handeln - und auch die Union einbinden.

Eine rasche Verschärfung des Waffenrechts und mehr Abschiebungen von Flüchtlingen ohne Aufenthaltsrecht - diese Konsequenzen will Bundeskanzler Olaf Scholz aus dem Anschlag von Solingen mit drei Toten und acht Verletzten ziehen. Außerdem verlangt er eine harte Bestrafung des Täters. "Das war Terrorismus, Terrorismus gegen uns alle, der unser Leben, unser Miteinander bedroht", sagte der SPD-Politiker bei einem Besuch am Tatort in Solingen. Dies werde man niemals hinnehmen und akzeptieren.

Der Kanzler will über die notwendigen Konsequenzen auch mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz beraten, der zuvor erneut seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit angeboten hatte. Nach einem Bericht des "Handelsblatts" soll das Treffen bereits am Dienstag stattfinden.

Scholz ist "zornig"

In Solingen betonte Scholz, die waffenrechtlichen Regelungen in Deutschland insbesondere für das Verwenden von Messern müssten noch einmal verschärft werden. "Das soll und das wird jetzt auch ganz schnell passieren." Die Abschiebungen von Menschen ohne Aufenthaltsrecht seien schon erhöht worden, müssten aber weiter vorangetrieben werden.

Er sei "wütend" und "zornig" wegen dieser Tat, sagte Scholz. "Sie muss schnell und hart bestraft werden." Der Kanzler sprach von einem "furchtbaren Verbrechen".

Scholz hatte bereits im Juni nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und Syrien wieder zu ermöglichen. Bislang geschieht dies noch nicht.

Schärferes Waffenrecht für FDP kein Tabu mehr

Für eine Verschärfung des Waffenrechts hat inzwischen auch die FDP ihre ursprüngliche ablehnende Haltung aufgegeben. Man müsse sich jetzt Gedanken über eine bessere Bekämpfung des gewaltbereiten Islamismus und über schnellere Abschiebungen gerade bei Dublin-Fällen machen, in denen ein anderes EU-Land für das Asylverfahren verantwortlich sei, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). "Wenn es sinnvolle Maßnahmen gibt im Bereich des Waffenrechts, die wir ergreifen können, um Sicherheit in solchen Fällen effektiv zu erhöhen, darf auch das kein Tabu sein."

Debatte über Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan

Offen ist, ob Ampel-Koalition und CDU/CSU-Opposition einen gemeinsamen Nenner finden werden. Merz hat wesentlich weitergehende Vorstellungen als Scholz. Der CDU-Vorsitzende fordert einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan. In seinem E-Mail-Newsletter "MerzMail" schrieb er: "Nach dem Terrorakt von Solingen dürfte nun endgültig klar sein: Nicht die Messer sind das Problem, sondern die Personen, die damit herumlaufen. In der Mehrzahl der Fälle sind dies Flüchtlinge, in der Mehrzahl der Taten stehen islamistische Motive dahinter."

Unions-Fraktionsvize Jens Spahn (CDU) sprach sich für Grenzschließungen für irreguläre Migranten aus. Der "Rheinischen Post" (Montag) sagte er: "Es kommen seit Jahren jeden Tag hunderte junge Männer aus Syrien und Afghanistan nach Deutschland und Europa. Das muss endlich enden."

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte in der ARD, Straftäter müssten sofort in Arrest genommen werden und das Land verlassen, insbesondere in Richtung Syrien und Afghanistan. Der Polizei müssten mehr Möglichkeiten für Kontrollen gegeben werden.

Warnung vor Überbietungswettbewerb mit Rechtsextremen

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl warnte mit Blick auf Merz: "Die politischen Verantwortlichen in der demokratischen Mitte dürfen nicht in einen Überbietungswettbewerb mit den Rechtsextremen und Völkischen eintreten." Die AfD-Bundestagsfraktion forderte, "den unkontrollierten Zuzug von Ausländern nach Deutschland umgehend zu unterbinden und die Zahl der Abschiebungen drastisch zu erhöhen".

SPD-Generalsekretär Kühnert: Aufnahmestopp rechtlich nicht möglich

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wies die Merz-Forderung nach einem generellen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan zurück. Dem stehe das Grundgesetz entgegen, beispielsweise das individuelle Recht auf Asyl, sagte er im ARD-"Morgenmagazin". Und: "Die Antwort kann doch nicht sein, dass wir Menschen, die selber vor Islamisten fliehen, weil sie von denen für ihre Lebensweise verfolgt werden, jetzt die Tür vor der Nase zuschlagen."

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte in der Bundespressekonferenz: "Das würde gegen das Grundgesetz und wahrscheinlich auch gegen die EU Menschenrechtsverordnungen verstoßen, und Regierungen sind nie gut beraten, Verfassungsbruch zu begehen."

Kühnert betonte, man müsse verstärkt das Problemfeld der Radikalisierung von Einzeltätern angehen. "Das ist der Bereich, wo wir nicht gut vorankommen im Moment", sagte er. "Hier braucht es jetzt einen großen Wurf von Bund und Ländern gemeinsam."

Widerspruch von der Union

Der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm hielt Kühnert im ARD-"Morgenmagazin" entgegen, die wenigsten Bewerber bekämen Asyl wegen des Schutzes nach dem Grundgesetz. Die meisten erhielten subsidiären Schutz, sie seien in ihrer Person nicht verfolgt oder bedroht. In Afghanistan fänden keine Kampfhandlungen mehr statt, in Syrien nur lokal begrenzt. "Deswegen muss der subsidiäre Schutz für Afghanen und für Syrer wegfallen."

Mutmaßlicher Täter sitzt in Untersuchungshaft

Am Freitagabend waren bei einem Stadtfest im nordrhein-westfälischen Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet worden. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt. Er wurde inzwischen in der JVA Düsseldorf untergebracht. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Diese reklamierte den Anschlag für sich.

Der Verdächtigte kam nach Angaben aus Behördenkreisen am 25. Dezember 2022 nach Deutschland und stellte einen Asylantrag. Dieser wurde aber abgelehnt. Da der Mann über Bulgarien einreiste, war dieses Land für seinen Asylantrag zuständig. Bulgarien habe der Rückführung sehr schnell zugestimmt, berichtete Regierungssprecher Hebestreit. Ein erster Versuch, den Mann zurückzuschicken, scheiterte am 3. Juni 2023. Die Behörden trafen ihn in seiner Unterkunft in Paderborn nicht an. Normalerweise müssten dann weitere Versuche folgen, zu denen es aber offenbar nicht kam.

Wüst fordert Aufarbeitung in Behörden

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) fordert Aufarbeitung. "Wenn da irgendwo was schiefgelaufen ist, bei welcher Behörde auch immer, ob vor Ort in Bielefeld, in Paderborn oder bei Landes- oder Bundesbehörden, dann muss die Wahrheit da auf den Tisch", sagte er im "heute journal" des ZDF.

Beim Besuch in Solingen zusammen mit Scholz sagte Wüst, Fristen, bürokratische Hemmnisse und Schlupflöcher machten es Behörden vor Ort schwer, auch nur nach Europa abzuschieben. Es müsse möglich werden, Menschen auch in Teile Syriens und nach Afghanistan abzuschieben.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) rief im ZDF dazu auf, die möglicherweise zu komplizierten Abläufe bei Abschiebungen zu überprüfen: "Nutzen wir die Gelegenheit, die Fragen zu stellen: Wo hakt"s und müssen wir was verändern? Ich befürchte: Ja, wir müssen was verändern."

Folgenschwerster Anschlag seit Jahren

Nach einer Übersicht des Verfassungsschutzes wäre die Tat in Solingen der folgenschwerste aus mutmaßlich islamistischen Motiven begangene Anschlag in Deutschland seit dem Angriff auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2016 mit damals 13 Toten und 64 Verletzten.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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