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Sondierungen von SPD, Grünen und FDP: Wer wird jetzt Ampel-Minister?


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Wer wird Ampel-Minister?
Das ist viel komplizierter, als es aussieht


Aktualisiert am 15.10.2021Lesedauer: 6 Min.
Christian Lindner: Der Weg zum Ministerium ist kompliziert.Vergrößern des Bildes
Christian Lindner: Der Weg zum Ministerium ist kompliziert. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)

Wer wird was im Kabinett? Politiker und Öffentlichkeit diskutieren nach Wahlen keine Frage so leidenschaftlich. Doch einfache Antworten gibt es nicht. Das Ganze ist eine hochkomplexe Sache.

Plötzlich ist Christian Lindner da, wo er eigentlich gar nicht sein wollte. Es ist Donnerstagabend, die Möchtegern-Ampelkoalitionäre haben gerade ihr erstes Dreiertreffen beendet. Der FDP-Chef will eigentlich nur das Gebäude auf dem Berliner Messegelände verlassen.

Doch das ist leichter gesagt als getan. Lindner fährt mit dem Aufzug ein Stockwerk zu weit hinunter, ins Untergeschoss. Journalisten warten dort gerade auf die Pressekonferenz der Generalsekretäre. Lindner ist fehl am Platz, aber das merkt er ein paar Sekunden zu spät. Er fährt nicht einfach wieder hoch, sondern bahnt sich den Weg durch die verwundert-belustigte Meute der Berichterstatter und nimmt die Treppe hoch ins Parterre. Ganz so, als sei das der übliche Weg.

Es gibt Situationen in der Politik, da muss man improvisieren und dann so tun, als sei alles schon lange geplant. Das ist nicht nur beim Weg raus aus unübersichtlichen Gebäuden so. Sondern auch, wenn es um den Weg rein in die Regierung geht.

Zumal wenn sich am Ende entscheidet, wer denn jetzt was wird. Muntere Spekulationen über die Zusammensetzung des Kabinetts gibt es immer schon im Wahlkampf. Und wenn anschließend eine Koalition verhandelt wird, werden nahezu täglich irgendwelche Listen in Berlin herumgereicht. Am Ende kommt dann doch vieles anders, als Politiker und Journalisten geglaubt haben.

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Ungeschriebene Regeln

Das liegt nicht daran, dass Journalisten schlecht informiert wären oder Politiker keine Vorstellung davon hätten, für welche Ministerien sie am geeignetsten sind. Es liegt schlicht daran, dass beim Aufstellen eines Kabinetts so viele ungeschriebene Regeln beachtet werden müssen, dass man zu Recht zweifeln kann, ob so wirklich immer die besten Leute die wichtigsten Posten bekommen.

Es fängt mit der relativ einfachen Regel an, dass den Parteien so viele Ministerien zustehen, wie es ihrem Wahlergebnis entspricht. Bliebe es bei der aktuellen Zahl, wovon auszugehen ist, weil ein aufgeblähter Regierungsapparat immer schwer zu rechtfertigen ist, dann gäbe es wie derzeit inklusive Kanzler und Kanzleramtsminister 16 Topjobs zu vergeben.

Und da fängt schon das erste Problem an: Die SPD (25,7 Prozent) ist zwar ungefähr so stark wie Grüne und FDP zusammen (14,7 und 11,5 Prozent). Doch die kleineren Partner sind eben nicht gleich stark. Acht Posten für die SPD und jeweils vier für Grüne und FDP – das dürften nicht alle fair finden.

Zumal wenn Christian Lindners Weg tatsächlich ins mächtige Bundesfinanzministerium führt. Dort ist der nach dem Kanzleramt mit Abstand wichtigste Job im Kabinett angesiedelt, weil ohne Geld in der Politik wenig geht. Die FDP ist noch aus der Zeit zwischen 2009 und 2013 gezeichnet, als CDU-Minister Wolfgang Schäuble ihre schönen Steuersenkungspläne ausbremste.

Weil die FDP aber eher von einer Ampel überzeugt werden muss als die Grünen, könnte ein Ressortchef Lindner das notwendige Zugeständnis an die Liberalen sein. Es wäre aber eben ein sehr großes Zugeständnis, da die Grünen wissen, wie wichtig der Posten ist – und Robert Habeck ihn auch deshalb gerne hätte.

Womit das zweite Problem umrissen wäre: Längst nicht alle Ministerien haben gleich viel zu sagen und sind gleich wertvoll.

Eine Quote, der sich selbst die FDP anschließen könnte

Und weil das noch nicht kompliziert genug ist, kommen noch diverse Proporzregeln hinzu. Wahrscheinlich-Kanzler Olaf Scholz hat versprochen, sein Kabinett paritätisch zu besetzen, eine Hälfte Frauen, die andere Hälfte Männer. Da jede Partei eigenständig über ihre Minister entscheidet, kann und wird das mindestens für die SPD so sein. Der entstehende Druck könnte aber selbst die nicht gerade quoteneuphorische FDP dazu bringen, sich zumindest dem anzuschließen.

Für die Grünen dürfte neben der Geschlechterparität noch etwas anderes eine Rolle spielen: Sie haben zuletzt ein Vielfaltsstatut beschlossen, das diskriminierten Gesellschaftsgruppen zu besserer Repräsentation verhelfen soll. Zwar streng genommen nur in den Parteigremien. Aber schon das Sondierungsteam wurde kritisiert, weil niemand mit Migrationserfahrung dabei ist.

Besonders in Parteien wie der SPD ist zudem wichtig, dass alle (großen) Landesverbände entsprechend ihrer Bedeutung auf den Topposten vertreten sind. Also nicht zu viele Niedersachsen zum Beispiel. Besonders die Grünen, aber auch die SPD achten außerdem darauf, dass linker und rechter Parteiflügel berücksichtigt sind.

Und weil es quasi unmöglich ist, all das auf 16 Kabinettsposten abzubilden, behelfen sich Parteien oft damit, auch die Spitzenjobs in den Parteigremien und der Bundestagsfraktion mitzuplanen. Was das Ganze aber nur noch unvorhersehbarer macht.

Genau wie der Umstand, dass es manchmal Zugeständnisse bei Inhalten im Tausch gegen Wunschposten gibt. Nicht nur weil Posten immer schön sind, sondern auch, weil sich in einem Koalitionsvertrag nie alle Probleme vorhersehen lassen, die über eine Regierung hereinbrechen werden. Und dann sind die Minister gefragt.

Wem gute Chancen bescheinigt werden

Es gibt also eigentlich kein Kabinett, das am Ende so aussieht, wie es in einer solch frühen Verhandlungsphase durch das politische Berlin geistert. Einige der Leute, die später am Kabinettstisch sitzen werden, stehen wahrscheinlich derzeit noch auf keiner Liste.

Und trotzdem gibt es natürlich ein paar Namen, die als gesetzt gelten. Und andere, die in Berlin immer wieder genannt werden. Unterschiedliche Parteien haben zudem unterschiedliche Vorlieben für einzelne Ressorts. Deshalb kann man bei aller Vorsicht Folgendes sagen – im Wissen, dass es auch anders kommen kann:

SPD:

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Die Sozialdemokraten haben als Wahlsieger viel mehr zu verteilen, als die meisten von ihnen selbst dachten. Gesetzt ist Olaf Scholz als Kanzler, der Kanzleramtsminister dürfte sein engster Vertrauter Wolfgang Schmidt werden, derzeit Staatssekretär im Finanzministerium.

Das Arbeitsministerium wird sich die SPD schon wegen ihres Hauptwahlkampfversprechens nicht nehmen lassen: dem Mindestlohn von 12 Euro. Hubertus Heil werden die besten Chancen zugesprochen, es weiterzuführen.

Schon danach ist aber realistischerweise viel im Fluss. Generalsekretär Lars Klingbeil könnte für seinen erfolgreichen Wahlkampf vermutlich Minister werden, als Soldatensohn wird er oft mit dem Verteidigungsministerium in Verbindung gebracht. Vielleicht macht er aber auch (nur) den nächsten Karriereschritt in der Partei. Karl Lauterbach wäre gerne Gesundheitsminister, gilt einigen in seiner Partei aber als nicht ministrabel – und wäre eben ein weiterer Mann.

Bei den Frauen könnte die aus NRW stammende Umweltministerin Svenja Schulze erneut mit dabei sein, eher auf anderem Posten. Auch Justizministerin Christine Lambrecht will wohl doch Ministerin bleiben. Parteichefin Saskia Esken hat ihre Ministerinnenambitionen zuletzt auffällig oft nicht verneint. Sie hat sich in der Bildungspolitik hervorgetan, ist aber auch fit im Digitalen. Danach wird es spekulativ. Eine ostdeutsche Perspektive würde allerdings noch fehlen.

Grüne:

Die Parteichefs sind bei den Grünen gesetzt: Annalena Baerbock könnte ihren politischen Neigungen entsprechend das prestigeträchtige Außenministerium übernehmen. Die Grünen könnten es für Akzente zu mehr europäischer Zusammenarbeit nutzen.

Robert Habeck will Finanzminister werden, weil den Grünen klar ist, dass sie für die ökologische Transformation der Industrie und andere Dinge beim Klimaschutz Geld brauchen werden. Falls das wegen Christian Lindner nichts wird, wurde er zuletzt als Innenminister gehandelt. Die (möglichst produktiven) Irritationen, die das bei altlinken Grünen hervorrufen würde, wären ihm wohl sehr recht. Es würde jedenfalls den Anspruch der Grünen unterstreichen, Politik für die gesamte Gesellschaft und nicht bloß für ihre Nische zu machen.

Fraktionsvorsitzender Anton Hofreiter wäre fachlich fit fürs Verkehrsministerium, aber auch Verkehrsausschuss-Chef Cem Özdemir würde gerne berücksichtigt werden. Für den Klimaschutz wichtig sind den Grünen zudem die Ministerien Wirtschaft und Energie sowie Umwelt, möglicherweise als Superministerium. Als Ministerin bräuchte es für den Flügelproporz noch eine linke Frau.

FDP:

Die Vorliebe von FDP-Chef Christian Lindner fürs Finanzministerium liegt inhaltlich nahe. Ein Grundanliegen der Liberalen ist es, den Staat zu verschlanken, also nicht zu viel Geld auszugeben, und die Steuern zu senken.

Außerdem möchten sich die Liberalen als Digitalisierer profilieren. Sollte es ein entsprechendes Ministerium geben, würden sie es wohl besetzen wollen. Dafür wird immer wieder die parlamentarische Geschäftsführerin Bettina Stark-Watzinger genannt. Sie könnte aber auch das Bildungsressort leiten.

Generalsekretär Volker Wissing werden ebenfalls gute Chancen auf ein Ministeramt zugesprochen. Der frühere Staatsanwalt könnte das Justizressort übernehmen oder Wirtschaftsminister werden wie in Rheinland-Pfalz. Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann wäre eine weitere profilierte Frau. Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff gilt ebenfalls als Kandidat.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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